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Ein Minus von knapp 17% im Containerumschlag, ein Rückgang von 10,2% im Gesamtgeschäft: Deutschlands größter Seehafen Hamburg hat im ersten Quartal des Jahres einige Rückschläge zu verkraften.

Auf ein Minus von 16,9% summiert sich der Rückgang im Containerumschlag, in den ersten drei Quartalen gingen 1,9 Mio. TEU über die Kaikanten an der Elbe.[ds_preview] »Die schwierige konjunkturelle Entwicklung der Weltwirtschaft beeinflusst die Umschlagzahlen des Hamburger Hafens«, teilte die Organisation Hafen Hamburg Marketing (HHM) heute mit. Auf ein Minus von 16,9% summiert sich der Rückgang im Containerumschlag, in den ersten drei Quartalen gingen 1,9 Mio. TEU über die Kaikanten an der Elbe.

»Wie auch in anderen Häfen Nordeuropas« sei der Seegüterumschlag in Hamburg rückläufig, jedoch entwickeln sich einzelne Fahrtgebiete positiv, so die Mitteilung weiter. Als Universalhafen profitiere Hamburg von einem Plus beim Massengutumschlag.

Die großen Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen haben ihre Umschlagbilanzen für das erste Quartal bereits vorgelegt. Während der niederländische Hub ein Minus von 11% im Containergeschäft verbuchte – unterm Strich stehen aber immer noch 3,2 Mio. TEU –, kam der Doppelhafen Antwerpen-Zeebrugge mit -5,7% auf 3,1 Mio. TEU vergleichsweise glimpflich davon. In Rotterdam setzt man auf positive Impulse unter anderem durch einen Ausbau der Terminal-Infrastruktur.

Mehrere Gründe für Umschlag-Minus

Auch im Hamburger Hafen ist der Seegüterumschlag der Terminals aktuell einem »herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld« ausgesetzt. Als zentrale Aspekte werden etwa anhaltende geopolitische Spannungen, Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland, hohe Inflation, globale Kaufzurückhaltung und hohe Lagerbestände genannt. Unter diesen »erschwerten Bedingungen« konnte Deutschlands größter Seehafen im ersten Quartal 2023 mit einem Seegüterumschlag von 28,1 Mio. t aus dem vierten Quartal zwar halten. Allerdings bleibt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Minus von 10,2% stehen.

HHM-Vorstand Axel Mattern betonte: »Die volkswirtschaftlich schwierige Situation spiegelt sich in den aktuellen Umschlagzahlen aller Häfen der Nordrange wider. Hamburg befindet sich hier im Mittelfeld der Wettbewerber.« Im Vergleich der Quartalsergebnisse des aktuellen und es vergangenen Jahres müsse beachtet werden, dass Russland zu Beginn des vergangenen Jahres noch der viertgrößte Handelspartner des Hamburger Hafens war. Nach dem Angriffskrieg auf die Ukraine traten Sanktionen in Kraft, die sich in diesem Vergleich bemerkbar machen – die Ladungsmengen von und nach Russland fehlen nun in der Gesamtbetrachtung.

Hinzu kam die zeitweise instabile Wirtschaftssituation in China aufgrund der Pandemie, welche sich bis in das aktuelle Jahr fortgesetzt hat. »Beides bleibt nicht ohne Auswirkungen auf den Hamburger Hafen«, so Mattern weiter. Neben den Entwicklungen in der europäischen und der Weltwirtschaft zeigten auch lokale Streikereignisse Auswirkungen auf das Ergebnis des Hamburger Hafens.

Positive Akzente im See-Containerverkehr über den Hamburger Hafen setzen weiterhin die Verkehre mit den USA (152.000 TEU, +9,5 Prozent). Die Vereinigten Staaten belegen damit in der Liste der größten Handelspartner weiterhin den zweiten Platz hinter China. Auch der Handel mit Kanada zeigt mit einem Zuwachs von 31,7% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf nun 52.000 TEU weiterhin ein sehr robustes Wachstum.

Plus im Massengut – Plus im Flüssiggut

Kein Minus weisen andere Ladungssegmente auf: Einen positiven Trend zeigt auch der Massengutumschlag in Hamburg, welcher sich um 5,4% verbesserte und damit ein Quartalsergebnis von 9,3 Mio. t verzeichnete. Am besten schnitt der Bereich Flüssigladung mit einem Plus von 12,3% ab. Hier wurden 27,4% mehr Mineralölprodukte importiert. »Damit leistet der Hafen einen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit, indem aufgrund der vorhandenen Umschlagkapazitäten kurzfristig benötigte Energieträger importiert und weitertransportiert werden können«, so HHM. Auch der Bereich Agribulk legte zu. Mehr Exporte von Getreide und Futtermitteln sowie auch gestiegene Importe von Ölfrüchten ließen die Menge um 11,8% auf 1,8 Mio. t wachsen. Der Umschlag von Greifergut blieb im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres nahezu unverändert.

Mehr Megamax-Schiffe in Hamburg

Mit 67 Anläufen (+17,5 Prozent) von Containerschiffen der sogenannten Megamax-Klasse mit Kapazitäten über 18.000 TEU hält der Trend zu größeren Containerschiffen, die den Hamburger Hafen anlaufen, weiterhin an. »Viele neue Bestellungen der Reedereien kommen jetzt in Fahrt. Das zeigte auch der Erstanlauf der ›OOCL Spain‹ mit einer Kapazität von 24.188 TEU. Dieser langanhaltende Trend zeigt die dringende Notwendigkeit, die nötigen Wassertiefen herzustellen, um die temporäre Einschränkung der Tiefen auf der Tideelbe wieder aufheben zu können«, sagte Mattern.

»Kontinuität« bei den Bahnverkehren

Über die Bahn wurden im ersten Quartal 11,6 Mio. t Ladung mit dem Binnenland ausgetauscht. Das bedeutet ein Minus von 3,4%. Dabei wurden wegen des Rückgangs im Containerumschlag auf der Seeseite entsprechend auch weniger Container per Bahn weitertransportiert (635.000 TEU, minus 10,1%). Der Wagenladungsverkehr hingegen konnte sich den Angaben zufolge »auf einem stabilen Niveau behaupten«.

Die Hinterlandanbindung und die Intermodalität des Hafens erweisen sich nach Ansicht der Hafen-Verantwortlichen als wichtige Faktoren für die Resilienz und Anpassungsfähigkeit des Standorts. »Das erste Quartal verlief vor allem für den Containerverkehr unter schwierigen Rahmenbedingungen. So hatten einige Reedereien Anläufe ausgesetzt, und im März wirkten sich dann mehrere Streiks kurzzeitig auf den Hafenbetrieb aus. Diese Faktoren machten es den Eisenbahnverkehrsunternehmen schwer, ihre Züge auszulasten«, sagte Mattern.

Erholung erwartet

Nach dem Quartals-Minus rechnet der Hafen im weiteren Jahresverlauf mit einer Erholung der Umschlagzahlen. »Wir hatten in den ersten drei Monaten statistisch einen extremen Basiseffekt zu verzeichnen, da sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der ersten Quartale der Jahre 2022 und 2023 sehr stark voneinander unterscheiden. Die multiplen Krisen führten zu gestörten Lieferketten und einem schwachen Wirtschaftswachstum. Dies wirkte sich auf den Umschlag aus«, erläuterte der HHM-Vorstand.

Der Ausbau der Häfen und der Wettbewerb in Nordeuropa war kürzlich auch Thema im HANSA PODCAST mit Michiel Messchaert, höchster Repräsentant von Europas größtem Seehafen Rotterdam in Nordwestdeutschland. Der erfahrene Manager schaut zwar etwas neidisch auf die Bahn-Anbindung des Hamburger Hafens, hat aber auch die bisweilen langwierigen und komplexen politischen Prozesse in der hiesigen Hafen-Politik im Blick.

Hören Sie hier die komplette Episode: Messchaert spricht darin unter anderem auch über Terminal-Ausbau-Projekte, Reederei-Beteiligungen an Terminals, »Kopfschütteln« beim Blick nach Deutschland und potenzielle Kooperationsprojekte von Häfen.

Rotterdam Messchaert Podcast