Die Offshore-Branche will ein Zeichen setzen: Klimaschutz und Wertschöpfung sollten nicht gegeneinander aufgewogen, sondern zusammen gedacht werden.

Weit über 300 internationale Offshore-Wind- und Wasserstoffexperten von über 250 Unternehmen sind derzeit für drei Tage zur »Windforce«, dem 20. »internationalen Klassentreffen« der Offshore-Windindustrie zusammengekommen.[ds_preview]

In Zusammenarbeit mit dem Landespartner Norwegen und unter der Schirmherrschaft des Bundesministers für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck werden die Herausforderungen und Chancen im Kontext des geplanten Offshore-Wind-Ausbaus in Deutschland sowie der Verwirklichung der Offshore-Elektrolyse-Ziele thematisiert. Das Motto: »Stärker gemeinsam: Industrieübergreifende Lieferketten ausbauen«.

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Heike Winkler (Foto: WAB)

Heike Winkler, Geschäftsführerin des Industrieverbands WAB, die zuletzt schon davon gesprochen hatte, dass es »allerhöchste Eisenbahn« ist, sieht in der jetzigen Situation eine historische Chance: »Zukunftsindustriezweige wie die Offshore-Windindustrie, das Wertschöpfungspotenzial für die Schiffbauindustrie, der Aufbau der grünen Wasserstoffwirtschaft und eine wachsende Kreislaufwirtschaft sind erforderlich um dem Risiko Deindustrialisierung etwas entgegenzusetzen.«

Klimaschutz mit norwegischer Unterstützung?

Die Offshore-Windindustrie, die maritime Industrie und die Wasserstoffwirtschaft bieten nach Ansicht der Veranstalter große Klimaschutz- aber eben auch Beschäftigungs- und Wertschöpfungspotenziale. Aber: »Gleichzeitig fehlen derzeit passende Finanzierungsinstrumente für den Aufbau der erforderlichen Produktionskapazitäten in der Offshore-Windindustrie und im Schiffbau.« Außerdem würden diverse Dinge vermisst: mögliche Geschäftsmodelle für die grüne Wasserstoffwirtschaft, eine Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive, Anreize in den Ausschreibungen für die Reduktion von CO2-Emissionen, Zusagen für den Ausbau der Hafeninfrastruktur und Hinterland-Anbindungen, ausreichend Strom- und Wasserstoffnetze oder die Sicherstellung der Verfügbarkeit von erforderlichen Rohstoffen.

Deutschland ist nach Ansicht von Cornelius Drücker, Vertreter des Teams Norway bei der Windforce, mit einer bestehenden Offshore-Windenergieerzeugung von 8 GW und ehrgeizigen Zielen für den Klimaschutz ein sehr wichtiger Markt für die norwegische Industrie. »Wir glauben, dass wir mit unserer Erfahrung in rauen Umgebungen gut aufgestellt sind, um die deutschen Energieziele zu unterstützen.« Darüber hinaus könne die norwegische Industrie mit verschiedenen Energieformen wie Gas und CCS, blauem und grünem Wasserstoff, erneuerbarem Strom und Technologien von technischen Lösungen über Hightech bis hin zur schlüsselfertigen Lieferung von Systemen unterstützen.

Nur die industrieübergreifende, internationale Zusammenarbeit kombiniert mit einem starken nationalen politischen Rückhalt auf Basis der erforderlichen Industriepolitik für die Offshore Windindustrie, die Wasserstoffwirtschaft und den Schiffbau würden die Ausbauziele bis 2030 und darüber hinaus realisierbar werden, meinen die Teilnehmer. So könnte die Energiewende ein starker Wirtschafts- und Beschäftigungsmotor für die Offshore-Windindustrie, die Schiffbauindustrie und die entstehende Wasserstoffwirtschaft werden.

Jan Vollrath, Vice President Sales Offshore Wind bei Siemens Gamesa Renewable Energy, betonte: »Im Hinblick auf das Jahr 2030 müssen wir feststellen, dass zwischen den vorhandenen Kapazitäten bei den Herstellern, in der Lieferkette sowie bei Häfen und Schiffen auf der einen Seite und den politischen Zielen auf der anderen Seite eine Lücke klafft. Ohne Unterstützung für die Industrie beim Hochfahren der Produktion laufen wir Gefahr, die Ziele für 2030 zu verfehlen.« Iris Franco Fratini, Prokuristin und Head of Corporate Affairs Germany, Ørsted Deutschland, sagte, nur durch eine enge Zusammenarbeit könne man sicherstellen, dass die notwendigen Weichen gestellt und Komponenten und Dienstleistungen vorhanden sind, um den Ausbau in Deutschland voranzutreiben.

Andreas Liessem, Geschäftsführer Steelwind Nordenham, ergänzte: »Die aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen führen zu deutlich stärkerer Nutzung von Offshore Wind in Europa. Die Offshore Wind Industrie in Europa muss als ein strategisch autonomer Sektor erkannt werden, um eine langfristige Vorhersage und Klarheit als Grundlage für die notwendigen Investitionen zur Erreichung der hochgesteckten Ziele sicherzustellen.«

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Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer VSM (© VSM)

Auch die deutschen Werften werden immer häufiger als zentraler Teil der Planungen einbezogen. Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM), sagte auf der Windforce: »Nur bei verlässlichen Planungsperspektiven können Werften und andere Unternehmen in zusätzliche Produktionsanlagen investieren. Ambitionierte Ausbauziele alleine werden schnell zu Makulatur, wenn zielorientierte Ausschreibungsbedingungen und praktikable Finanzierungsinstrumente nicht vorankommen.«

Für Tim Meyerjürgens, COO von TenneT, ist es von zentraler Bedeutung, »dass Industrie, Politik und Energiebranche auf nationaler und internationaler Ebene Hand in Hand arbeiten, damit die Ausbauziele erreichbar werden.« Auf dem gemeinsamen Weg zum Klimaneutralitätsnetz 2045 gelte es, in konstruktiver Zusammenarbeit die benötigten Ressourcen in Deutschland und Europa zu sichern und Lieferketten stabil zu halten.