Die »Shturman Ovtsyn« ist ein Rohöl Tanker von Sovcomflot mit Eisklasse
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Westliche Sanktionen erschweren den russischen Rohölhandel. Das Risiko für Käufer und Reedereien steigt, der Markt braucht aber die Mengen.

Westliche Staaten, allen voran die USA, haben jüngst ihre Bemühungen um die Durchsetzung von Handelsbeschränkungen und Sanktionen gegen Russland verstärkt, die sich vor allem gegen den russischen Rohölhandel richten. Die Sanktionen zielen darauf ab, Russlands Einnahmen aus dem Ölverkauf zu verringern. Seit Oktober 2023 nimmt Washington Schiffe ins Visier, die russisches Rohöl tansportieren und gegen die von den G7-Staaten festgelegte Preisobergrenze von 60 $ pro Barrel verstoßen. Infolgedessen hat das US-Finanzministerium mehr als 40 Tanker mit Sanktionen belegt, um die russischen Bemühungen zur Umgehung der Preisobergrenze zu unterbinden. Unter diesen Tankern befinden sich 14, die mit Sovcomflot verbunden sind. Die russische Reederei wurde vom US-Finanzministerium besonders ins Visier genommen. [ds_preview]

Das Ziel der Preisobergrenze der G7 ist es, die Einnahmen Russlands zu verringern, auch wenn das Öl weiterhin auf die Weltmärkte fließt. Die jüngsten Sanktionen gegen Schiffe, die mit Russland in Verbindung stehen, sollen die Verfügbarkeit von Schiffen für seine Rohölexporte einschränken. Indien, das nach der Einführung der G7-Preisobergrenze zu einem der Hauptabnehmer russischen Rohöls geworden ist, würde seine Einfuhren fortsetzen, sofern das Öl auf nicht sanktionierten Schiffen zu einem Preis von weniger als 60 $ pro Barrel verkauft wird.

Berichte über russische Rohölvolumina, die auf die Lieferung an traditionelle Partner wie Indien warten, legen nahe, dass der Seehandel tatsächlich durch die Maßnahmen behindert wird, schreibt das maritime Beratungsunternehmen Drewry. Auf einigen Märkten würden die Einfuhren aufgrund der US-Sanktionen neu bewertet, was sich sowohl auf die Ölpreise als auch auf die Handelsbeziehungen auswirke. »In Anbetracht der Bedeutung Russlands für die weltweite Ölversorgung wird jeder signifikante Rückgang der russischen Rohölexporte den Ölmarkt anspannen und die Rohölpreise stützen«, so Drewry.

Wie geht es weiter? Indien entscheidend

Aus Sicht der Marktbeobachter wären verschiedene Szenarien vorteilhaft, um das zu vermeiden. »Das erste Szenario für einen ununterbrochenen Fluss von russischem Rohöl auf den Markt ist die Einhaltung der Preisobergrenze durch das Land, wodurch der Handel von maritimen Dienstleistungen wie Verschiffung, Versicherung und Finanzierung aus dem Westen profitieren könnte. In einem solchen Szenario würde der russische Rohölhandel die Verfügbarkeit von Ladung für nicht sanktionierte Schiffe erhöhen, insbesondere wenn mehrere seiner Tanker bereits mit Sanktionen belegt sind«, heißt es.

Nach den zahlreichen Sanktionen gegen Schiffe, die in den letzten sechs Monaten russisches Öl transportiert haben, werden Tankereigner und -betreiber nach Einschätzung Drewrys jedoch zögern, dieses Rohöl zu transportieren. Das Risiko möglicher US-Sanktionen, die die Frachtraten und Versicherungskosten für den Handel mit russischem Rohöl in die Höhe treiben, werde diesen wiederum für Käufer unattraktiv machen.

Indien, das sich als bedeutender Abnehmer entpuppt hat, profitiert von den niedrigeren Preisen, nachdem Europa die Einfuhr von russischem Öl verboten hat. Das südasiatische Land importierte 2023 etwa 1,66 mbpd russisches Öl, verglichen mit 0,65 mbpd im Jahr 2022. Der drohende Verlust eines wichtigen Abnehmers wie Indien könnte Russland dazu zwingen, die höheren Transportkosten durch einen stärkeren Rabatt auf die Ölpreise aufzufangen.

Rohöl-Preisgrenze entscheidet über attraktivität der Schattenflotte

Das zweite mögliche Szenario ist, dass Russland nach alternativen Möglichkeiten für den Verkauf seines Öls sucht, was dazu führt, dass es sich auf die »Schattenflotte« alternder Tanker verlässt. Diese Schiffe wurden bisher wegen der hohen Frachtkosten nicht in großem Umfang für den Transport von russischem Öl zu den Verbrauchern eingesetzt. Da Indien nur ungern Rohöl auf sanktionierten Schiffen kauft, ist es nach Einschätzung Drewrys unwahrscheinlich, dass Russland Schattenschiffe für die Lieferung von Rohöl nach Indien einsetzt. Sollte es Russland jedoch gelingen, Käufer für sein Öl oberhalb der Preisobergrenze zu finden, werde die Nachfrage nach der Schattenflotte auf Kosten der nicht sanktionierten Schiffe steigen und die Tonnagenachfrage auf dem Rohöltankermarkt beeinträchtigen, heißt es.

»Die westlichen Staaten, insbesondere die G7, arbeiten aktiv daran, die internationale Gemeinschaft zu zwingen, die Preisobergrenze durchzusetzen und das Problem der ›Schattenflotte‹ anzugehen, um Russlands Energieeinnahmen stärker in den Griff zu bekommen. In dem Maße, in dem sich die geopolitische Landschaft weiterentwickelt, werden die Auswirkungen der Sanktionen auf Sovcomflot und die Tankschifffahrtsbranche deutlich«, so Drewry.

Tankerreedereien stehen vor Herausforderungen, aber auch vor potenziellen Chancen, wenn sie sich durch die Komplexität der Sanktionen und die sich verändernde Energielandschaft navigieren. Drewry ist der Ansicht, dass der Handel mit russischem Rohöl zu reduzierten Preisen unvermindert weitergehen wird, da die anhaltenden Sanktionen es Russland erschweren werden, die Preisobergrenze zu umgehen. »Der Rohöltankermarkt wird daher vom russischen Rohölhandel auf Schiffen ohne Sanktionen profitieren«, so das Fazit