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Die Knappheit an Schiffsraum im Atlantik treibt die Charterraten der kleinen Frachter weiter nach oben. Die Sorge vor einer Delle im ersten Quartal schwindet.

Der Trockenfrachtmarkt befindet sich kurz vor Weihnachten in erstaunlicher guter Verfassung. Während die Reeder sonst um diese Zeit hektisch nach Beschäftigung suchen, um Feiertage und die Saure-Gurken-Zeit im neuen Jahr zu überbrücken, ist die Lage diesmal entspannter. Der Baltic Dry Index büßte zwar bis gestern auf Wochensicht 84 auf 2.411 Punkte ein, lag damit aber weiter auf viel höherem Niveau als im Jahresdurchschnitt.[ds_preview]

Für Erstaunen sorgt vor allem der weitere Anstieg der Raten im Handysize-Segment. Die kleinen Frachter mit eigenen Kränen konnten sich bis gestern um 5% auf 16.310 $/Tag steigern und übertrafen damit die Erträge der größeren Supramaxe. Im gesamten Atlantik bleibt der Markt sehr fest. Aufgrund der Engpässe im Panamakanal strömen weniger Handy-Bulker aus dem Pazifik Richtung Atlantik, was vor allem Getreideexporteuren im US-Golf und an der Ostküste Südamerikas Kopfzerbrechen bereitet.

Die Index-Rate für Transatlantik-Trips von Recalada ins Mittelmeer zog binnen sieben Tagen von 26.600 auf 28.300 $/Tag an. Für einen Trip von Argentinien zur Westküste Südamerikas holten die Eigner der 2012 gebauten »Suzanna D« 45.000 $/Tag heraus. »Die Charterer haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass der Markt genauso schnell fällt, wie er gestiegen ist. Aber die Reeder strotzen weiter vor Optimismus«, berichtete ein deutscher Befrachtungsmakler.

Am Kontinent und im Mittelmeer ließ die Aktivität zwar nach, doch liegen die Frachtabschlüsse noch nahe an den Spitzenwerten der Vorwoche. Handy-Partien Schrott von Nordwesteuropa ins östliche Mitttelmeer wurden zu 27.000 bis 30.000 $/Tag geschlossen. Trips innerhalb des Mittelmeers lagen bei 15.000 $/Tag, eine Ladung Stahl von Ägypten nach Mexiko ging zu 16.000 $/Tag aus dem Markt.

Die Aussichten für die kommenden Wochen müssten angesichts der verschärften Kriegs- und Terrorrisiken für die Schifffahrt im Roten Meer neu bewertet werden, ist aus Maklerkreisen zu hören. So sei nicht auszuschließen, dass der Zustrom an Schiffen mit Backhhaul-Ladungen aus Asien Richtung Mittelmeer gebremst werde und die Tonnageknappheit entsprechend zunehme. Einige Stimmen warnen, dass die Einführung des Emissionshandels für die Schifffahrt in der EU im neuen Jahr einen ähnlichen Effekt haben könnte. Asiatische Handysize-Reeder könnten die mit dem Emissionshandel verbundene Bürokratie scheuen und ihre Schiffe nicht mehr nach Europa schicken, hört man.

In den Panamax- und Supramax-Segmenten geht es derzeit wieder leicht nach unten mit den Raten. Als Gründe werden die herannahenden Feiertage und eine weitgehende Abarbeitung der noch offenen Ladungen bis Jahresende genannt. Für die Supramaxe blieb der Markt im Atlantik stabil, im Pazifik ließ der Schwung aufgrund abnehmender Kohleladungen ex Indonesien nach, wie berichtet wurde. Die Durchschnittsraten der Panamaxe und Supramaxe fielen um 13% bzw. 6% auf 17.231 und auf 15.865 $/Tag.

Der Capesize-Markt hat sich unterdessen erneut gefangen. Der Time Charter-Average (5TC) des 180.000-Tonners lag gestern mit 35.463 $/Tag sogar leicht über dem Level der Vorwoche. Seit Wochenmitte zog der Markt im Pazifik, getrieben durch Tonnageengpässe aufgrund von Stürmen in Nordasien, rasant an. Pazifik-Rundreisen verteuerten auf 44.500 $/Tag und übertrafen damit sogar leicht das Transatlantik-Niveau.

Container-Raten ziehen wieder an

In der Containerschifffahrt ziehen die Frachtraten zu Jahresende stärker an, als es viele Marktteilnehmer wohl erwartet haben. Alle großen Ost-West-Verkehre weisen einen festeren Trend auf, zumindest in den Hauptverkehrsrichtungen. Der Shanghai-Index SCFI für die Spotraten auf 13 Routen ex China machte heute einen Sprung um fast 6%. Die Indexraten für Verladungen von Shanghai nach Nordeuropa und ins Mittelmeer kletterten um 11 bis 13% auf 1.029 (Nordeuropa) und 1.569 $/TEU (Mittelmeer).

Zu Jahresanfang sollen die Raten im Fernost-Europa-Verkehr nach Ankündigung mehrerer Carrier auf 3.000 $/FEU angehoben werden. Die Reeder hoffen dabei auf eine verstärkte Nachfrage nach Laderaum vor Chinesisch Neujahr. Zudem könnten sich die Kapazitäten weiter verknappen, wenn aufgrund der permanenten Übergriffe der Huthi-Rebellen mehr und mehr Reisen durch den Suezkanal gestrichen und die Containerschiffe um das Kap der Guten Hoffnung herumgeführt werden.

Entspannung auf Rohöltankermarkt

Am Chartermarkt der Rohöltanker hat sich die Tonnagesituation weiter entspannt, die Raten gaben diese Woche auf breiter Front nach. Die durchschnittlichen Spoteinnahmen der VLCC fielen auf Wochensicht um rund ein Viertel auf unter 50.000 $/Tag. Für die Suezmaxe und Aframaxe ging es hingegen nur leicht auf 53.000 und 44.300 $/Tag runter. Für Stabilität sorgt in den mittleren und unteren Schiffsgrößen nach wie vor ein recht lebhafter US-Exportmarkt, wie Makler berichten. Der Ausblick für das Befrachtungsgeschäft wird etwas getrübt durch eine leichte Absenkung der Nachfrageprognose für 2024 durch die Internationale Energieagentur (IEA).   (mph)