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Weniger Kohle, aber deutlich mehr Transporte für die Energiewende – der Plattform-Dienstleister Veson Nautical prognostiziert, dass die Dekarbonisierungsbemühungen zu einem Nettoanstieg von 237 Milliarden Tonnenmeilen führen.

Dry Bulk-Reedereien sollen so vom »grünen Wandel« profitieren, da der Ausbau der Kapazitäten für erneuerbare Energien die negativen Auswirkungen der gesunkenen Kohle-Nachfrage überwiegen dürfte, heißt es in einer heute veröffentlichten Analyse.[ds_preview]

Mikkel Nordberg, Senior Shipping Economist bei Veson Nautical, schätzt, bei einem mittelfristigen Zeithorizont von 2023 bis 2026 könnten die Dekarbonisierungsbemühungen  zu einem Nettozuwachs von 26 Millionen Tonnen und 237 Milliarden Tonnenmeilen führen. »Die Dekarbonisierung sollte von den Eignern von Massengutfrachtern nicht als nachteilig angesehen werden, da sie in den nächsten Jahren wahrscheinlich ein wichtiger Nachfragefaktor sein wird«, so der Analyst.

Thermalkohle macht etwa 36 % der weltweiten Energieerzeugung aus und ist der größte Verursacher von Emissionen. Unter Verwendung von Daten der Energieagentur IEA schätzt Veson, dass der weltweite Kohlebedarf für die Stromerzeugung im Jahr 2023 etwa 5.770 Mio. Tonnen betragen wird. Daten der Veson-Plattform Oceanbolt würden zeigen, dass sich der gesamte Seehandel mit Kraftwerkskohle im vergangenen Jahr auf 1.114 Mio. Tonnen belief, was bedeutet, dass etwa 19 % der für die Energieerzeugung verwendeten Kohle auf dem Seeweg transportiert wird.

Unter Verwendung von Daten der Energy Information Administration (EIA) schätzt Veson, dass für die Erzeugung von 1 TWh Energie rund 520.000 Tonnen Kraftwerkskohle benötigt werden. Dies bedeutet, dass der Rückgang der Nachfrage nach Kraftwerkskohle 273 Mio. t betragen könnte. Gehe man davon aus, dass der seewärtige Handel mit Kraftwerkskohle seinen Anteil von 19 % an der Gesamtnachfrage nach Kraftwerkskohle beibehält, bedeutet dies einen Rückgang des seewärtigen Handels mit Kraftwerkskohle um 52,7 Mio. t bis 2026.

Die IEA erwartet, dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen bis 2026 um 3.200 TWh steigen wird, was einem Zuwachs von 35,7 % entspricht. Dies würde eine beträchtliche Produktion von Solarzellen und Windrädern erfordern, die größtenteils aus Stahl und anderen Metallen hergestellt werden, die auf Schüttgutfrachtern transportiert werden können.

Schätzungen von ArcelorMittal und Windeurope.org zeigen demnach, dass die Herstellung von 1 MW Produktionskapazität etwa 40 Tonnen Stahl für Solarpaneele, 120 Tonnen für Onshore-Windmühlen und 150 Tonnen für Offshore-Windmühlen erfordert.

Weniger Kohle, mehr Erz

Unter Anwendung dieser Maßstäbe zeigen die Berechnungen von Veson, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2026 etwa 101 Mio. Tonnen Stahl erfordern könnte. Nimmt  man ein Verhältnis von 1,6 Tonnen Eisenerz zur Herstellung von einer Tonne Stahl als Basis und behält den derzeitigen Anteil der Hochöfen an der Stahlproduktion von 71,5 % bei, so ergibt sich daraus ein prognostizierter Anstieg des Eisenerzbedarfs von 115,22 Tonnen.

Nach Angaben von Oceanbolt belief sich der gesamte Eisenerzhandel auf dem Seeweg im selben Zeitraum auf 1.639,8 Mio. Tonnen. »Wir schätzen daher, dass etwa 68 % des Eisenerzangebots auf dem Seeweg transportiert werden. Unter Anwendung dieses Verhältnisses kommt unsere Analyse zu dem Schluss, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2026 zu einem Anstieg des Eisenerzhandels auf dem Seeweg um 78,8 Mio. t führen wird«, so der Bericht.

Auf der Grundlage der IEA-Projektionen würden die Berechnungen also unterm Strich zeigen, dass die Dekarbonisierung zu einem Rückgang des Seehandels mit Kraftwerkskohle um ~53 Mio. t und zu einem Anstieg des Seehandels mit Eisenerz um ~79 Mio. t führen wird.

Die Seeverkehrsindustrie solle zudem die Auswirkungen auf die Tonnenkilometer berücksichtigen. Aus den Daten von Oceanbolt geht hervor, dass im Jahr 2023 im Kohlehandel durchschnittlich 3.838 Seemeilen zurückgelegt wurden, während es bei Eisenerz 5.573 Seemeilen waren. Multipliziert man den Anstieg des Volumens mit den jeweiligen Entfernungen, kommt der Analyse Nordberg man zu dem Schluss, dass die Anzahl der Tonnenkilometer bei Kraftwerkskohle um 202 Mrd. und die Anzahl der Tonnenkilometer bei Eisenerz um 439 Mrd. sinken wird. Infolgedessen werden die Dekarbonisierungsbemühungen zu einem Nettoanstieg von 237 Mrd. Tonnenkilometern führen. Dies entspricht einem Anstieg der Gesamttonnage um 1 % zwischen 2023 und 2026.