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Die belgische DEME-Gruppe ist einer der Hauptakteure beim Bau von Offshore-Windparks. Durch die Übernahme der Offshore-Sparte von Hochtief festigt das Unternehmen seine Position auf dem europäischen Markt.
Von der Baugrunderkundung über die Installation von Fundamenten, Turbinen und Umspannplattform bis hin zu Kolkschutz, Innerparkverkabelung sowie Wartung: Es gibt[ds_preview] viele Arbeitsschritte, die beim Bau und Betrieb eines Offshore-Windparks erledigt werden müssen. Während viele Dienstleister sich auf einzelne Bereiche konzentrieren, haben einige wenige Unternehmen ein umfassendes Spektrum an Service-Angeboten im Portfolio, das einen Großteil der anfallenden Aufgaben abdeckt. Eines von ihnen ist die belgische DEME-Gruppe, die zu den Pionieren der Offshore-Windbranche gehört und schon im Jahr 2000 mit der Installation von Turbinen im schwedischen Projekt »Utgrunden« erstmals in diesem damals noch sehr jungen Geschäftsfeld aktiv wurde. Nur wenig später realisierte das Unternehmen mit dem dänischen Meereswindpark »Samsø« sein erstes Turnkey-Projekt. Bis heute war DEME nach eigenen Angaben am Bau von rund 40 Offshore-Windparks in Europa beteiligt, darunter acht in Deutschland.

Zwischen 2005 und 2013 investierte die 1991 gegründete Unternehmensgruppe fast 2Mrd. € in die Erweiterung und Modernisierung ihrer Flotte, die aktuell knapp 300 Haupt- und Hilfsschiffe vom Hopperbagger über den Kabelleger bis zum Jack-up Vessel umfasst. Weitere Neuzugänge sind bereits geordert. Zur Unternehmensstrategie gehört es, in allen Fachgebieten, in denen DEME sich engagiert, mit eigenen Tochterfirmen aktiv zu sein. Insgesamt finden sich auf der DEME-Website aktuell 40 unterschiedliche Firmennamen: Während beispielsweise Scaldis auf Schwerlast-Arbeiten wie die Installation von Umspannplattformen spezialisiert ist und das Kabellegen sowie der Kolkschutz in die Verantwortung von Tideway fallen, bietet Offshore & Wind Assistance verschiedene Dienstleistungen rund um den Betrieb und die Wartung von Öl- und Gas- sowie Windkraftanlagen an. Zu den bekanntesten Töchtern der Gruppe gehört GeoSea, 2005 für die Umsetzung komplexer Offshore- und Wasserbauprojekte gegründet. Zehn Jahre nach dem Start beschäftigt das wachsende Unternehmen inzwischen 350 Mitarbeiter, von denen viele im Bereich Offshore-Windenergie aktiv sind, und verfügt über die entsprechenden Schiffe, um Hammer-, Bohr- und Installationsarbeiten auf See sowie geotechnische Untersuchungen in großen Wassertiefen durchzuführen.

Deutschland ein Hauptmarkt

»Offshore-Windenergie ist ein Teil unseres Geschäfts, der immer wichtiger wird«, sagt GeoSea-Geschäftsführer Luc Vandenbulcke. Für die Offshore-Branche im Ganzen, also auch für den Öl- und Gassektor, erledige DEME viele Arbeiten auf See: Zwar gestalte sich der Öl- und Gasmarkt derzeit etwas ruhiger, dafür gehe es in der Offshore-Windenergie sehr betriebsam zu. »Wir sind jetzt seit 15 Jahren in diesem Markt aktiv, und ich würde sagen, dass der Bereich seit etwa sieben oder acht Jahren einen signifikanten Anteil an unserem Umsatz hat.« Zu den acht deutschen Meereswindparks, an deren Errichtung GeoSea bislang mitgewirkt hat, zählen das Testfeld »Alpha Ventus« und der »Trianel Windpark Borkum« in der Nordsee sowie »EnBW Baltic 2« in der Ostsee. Aktuell ist das Unternehmen mit der Installation von Monopile-Fundamenten im »Gode Wind«-Projekt von Dong Energy beauftragt.

GeoSea-Schwester DEME Concessions verkündete darüber hinaus Ende März, erstmals in die Entwicklung eines deutschen Windparks einsteigen zu wollen. Man werde ab sofort so lange an der weiteren Entwicklung von »MEG 1« des insolventen Projektierers Windreich mitarbeiten, bis der Financial Close erreicht sei, hieß es. Anschließend werde DEME sowohl am Bau und Betrieb als auch an der langfristigen Finanzierung des Windparks beteiligt sein. »Ich kann nicht genug betonen, wie wichtig der deutsche Markt für uns ist«, sagt Vandenbulcke. »Das ist absolut einer der Hauptmärkte für die Gruppe.«

Dass dem so ist, machte GeoSea schon vor vier Jahren durch eine Großinvestition deutlich: Im Juni 2011 bildete das Unternehmen gemeinsam mit Hochtief das in Bremen ansässige Joint Venture HGO InfraSea Solutions, dem das auf der polnischen Crist-Werft gebaute und 2012 in Bremerhaven getaufte Kranhubschiff »Innovation« gehört. Im Oktober 2014 gaben die beiden Unternehmen dann bekannt, dass GeoSea sämtliche Offshore-Assets von Hochtief übernimmt – neben den verbleibenden 50% an der »Innovation« handelt es sich dabei um das Schwesterschiff »Vidar«, die Hubinsel »Thor« sowie drei Pontons. Die Hubinsel »Odin« (neuer Name: »JB-119«) hatte Hochtief zuvor bereits an den niederländischen Schiffseigner und -betreiber Jack-Up Barge verkauft.

Hochtief war einst mit großen Ambitionen in den Offshore-Windmarkt gestartet und hatte nicht nur in Schiffe investiert, sondern auch in die Planung neuer Windpark-Projekte sowie in den Bereich Forschung und Entwicklung. 2014 gab es Berichte, wonach das Unternehmen Verluste im Offshore-Geschäft einfahre. Im Oktober verkündete Hochtief-Vorstandsvorsitzender Marcelino Fernández Verdes schließlich, dass sich »die Ausrichtung des Konzerns verschoben« habe und man sich daher von diesem Geschäftsfeld trenne. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war der Kaufvertrag mit GeoSea zwar abgeschlossen, aber noch nicht vollständig vollzogen. Details zur Zukunft von HGO InfraSea Solutions wollte GeoSea angesichts der laufenden Gespräche nicht nennen, nur so viel: Der Standort Bremen bleibe erhalten und werde für GeoSea und DEME bei künftigen Operationen in Deutschland eine wichtige Rolle spielen.

Flotte wächst weiter

Durch die Neuzugänge von Hochtief wird die GeoSea-Flotte auf insgesamt zehn Jack-ups und zwei Fast Crew Suppliers anwachsen. Mit dem Hubschiff »Apollo« ist bei der kroatischen Uljanik-Werft bereits ein weiterer Offshore-Spezialist bestellt, der 2017 seinen Dienst aufnehmen soll. Man habe ein laufendes Investitionsprogramm und evaluiere permanent die Flottenzusammensetzung, um eine Befriedigung der Kundenbedürfnisse sicherstellen zu können, erläutert Vandenbulcke. Und auch wenn Werften aus Deutschland bislang noch nicht zum Zug gekommen seien, schaue man sich bei Neubauprojekten grundsätzlich auch auf dem deutschen Schiffbaumarkt um.

Für die Zukunft hat GeoSea nach Aussage des Geschäftsführers große Pläne. Dabei sei es eins der Ziele, Erfahrungen aus der Offshore-Windenergie in andere Bereiche zu übertragen: So ließen sich beispielsweise dort erprobte Installations-, Produktions- und Transporttechniken auch in der Öl- und Gasindustrie oder bei Brückengründungen und dem Bau von Kai-Anlagen anwenden. »Ich denke, dass die Offshore-Windenergie kontinuierlich wachsen wird, denn die europäischen Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien sind einigermaßen klar und es gibt keine echten Zeichen für eine Verlangsamung«, meint Vandenbulcke. Für sein Unternehmen werde die Bedeutung dieses Geschäftsfelds somit weiter zunehmen: GeoSea sei bereit, seinen Marktanteil zu verteidigen und auszubauen.
Anne-Katrin Wehrmann