Trauer um Peter Tamm

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Professor Peter Tamm, Verleger und Gründer des Internationalen Maritimen Museums Hamburg, ist am Abend des 29. Dezembers im Alter von 88 Jahren im Kreise seiner Familie verstorben. Zur Trauerfeier in Hamburg kam viel Prominenz
Peter Tamm war Verlagsmanager, leidenschaftlicher Sammler, eine »Hamburger[ds_preview] Institution«. Ein langes, erfolgreiches Leben ist kurz vor dem Jahreswechsel zu Ende gegangen. Zu einem bewegenden Gottesdienst mit dem ehemaligen Michel-Hauptpastor Helge Adolphsen kamen Angehörige, Freunde, Kollegen und Weggefährten in die Nienstedtener Kirche an der Hamburger Elbchaussee, um dem Museumsgründer und Mäzen die letzte Ehre zu erweisen. Darunter Verlegerin Friede Springer, Springer-Vorstand Mathias Döpfner und Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz. Peter Tamm war am Abend des 29. Dezember nach längerer Krankheit friedlich im Kreis seiner Familie entschlafen. Er hinterlässt seine Ehefrau, fünf Kinder und acht Enkel.

Peter Tamm stammte aus einer der ältesten Seefahrerfamilien Hamburgs, seine Vorfahren waren Kapitäne auf der »Wappen von Hamburg«. Die Leidenschaft für Schifffahrt und Maritimes wurde ihm in die Wiege gelegt, sie lag ihm im Blut, sein ganzes Leben lang. Er wurde später ein durch und durch ehrbarer Hanseat, im Geiste und als Kaufmann. »Gradlinig«, »hartnäckig«, sagen alle, die ihn kannten, nicht zufällig sein Spitzname »Admiral«. Aber auch »menschlich« und »großzügig«, ein Vorbild für viele seiner Zeitgenossen.

Peter Tamm bekleidete zahlreiche Ämter in berufsständischen Organisationen, Stiftungen und Vereinen. Ihm wurden zahlreiche Ehrungen zuteil, 1998 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Für seinen Einsatz für die Schifffahrtsgeschichte wurde Peter Tamm vom Senat der Hansestadt 2002 zum Ehrenprofessor ernannt. »Hamburg hat eine Institution verloren«, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz in seiner Rede. »Er war als Manager und Sammler immer einer, der Kurs halten konnte, auch wenn er hart am Wind fahren musste.«

Peter Tamms erste, beeindruckende Karriere hatte vor inzwischen 25 Jahren geendet. Weit mehr als zwei Jahrzehnte, von 1968 bis 1991, stand Peter Tamm an der Spitze des Axel Springer Verlages, die meiste Zeit als Alleinvorstand. In dieser, in seiner Zeit konnte er den Umsatz des Zeitungskonzerns von 860 Millionen D-Mark auf zuletzt 3,5 Milliarden D-Mark vervierfachen, wie Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner in Erinnerung rief. »Wir haben, bis heute, Peter Tamm sehr viel zu verdanken«, sagte Döpfner. Mit Blick auf das Große habe er nie den Sinn fürs Detail verloren. »Er hat aber nicht nur materielle Werte geschaffen, sondern uns auch geistige Werte hinterlassen.«

Die spätere Manager-Laufbahn begann für den damals 20-jährigen Peter Tamm 1948 beim neu gegründeten »Hamburger Abendblatt«. Der Krieg war gerade drei Jahre vorbei, Peter Tamm hatte dessen Schrecken miterlebt, als 17-Jähriger war er zur Kriegsmarine eingezogen worden. Seinen kurzen Wehrdienst leistete er auf dem Segelschulschiff »Gorch Fock« ab. Er startete als freier Journalist, eigentlich, um sein Volkswirtschafts-Studium zu finanzieren. Stattdessen wurde er Schifffahrtsredakteur, traf den Verleger Axel Springer, eine schicksalhafte Begegnung, die ihn ins Verlagsgeschäft wechseln ließ.

1958 wurde er Geschäftsführer des Berliner Ullstein-Verlags, der gerade von Springer übernommen worden war, und verhalf den Zeitungen »Berliner Morgenpost« und »BZ« zu einem Aufschwung. Von 1962 bis 1964 war er Verlagsleiter der »Bild«-Zeitung und stellvertretender Verlagsleiter der »Bild am Sonntag« in Hamburg. Danach ab 1964 Direktoriumsvorsitzender des Verlagshauses Axel Springer in Berlin, bis er 1968 Vorstandsvorsitzender und dann Alleinvorstand der Axel Springer AG wurde und dies bis 1991 blieb, auch nach dem Tode von Axel Springer.

Unter der Ägide von Peter Tamm wuchs das Unternehmen zum größten europäischen Zeitungsverlag. »Chancen hat jeder, nur ergreifen muss er sie selber«, lautete das Lebensmotto des willens- und durchsetzungsstarken Managers. »Peter Tamm hat aus seinem Leben etwas gemacht, das bleibt«, würdigte ihn Springer-Chef Döpfner. »So werden wir ihn als Vorbild in Erinnerung behalten.«

Als diese erste Karriere 1991 ausklang, folgte Peter Tamm anderen Zielen. Schiffe, die Seefahrt und der Handel hatten ihn immer schon fasziniert. Er trug Zeit seines Lebens eine Leidenschaft dafür in seinem Herzen. Das erste Interesse hatte seine Mutter geweckt, als sie ihrem damals sechsjährigen Sprössling einen knapp fünf Zentimeter langen Frachter aus Blei schenkte. Damit war eine Verbindung geknüpft, die nie wieder gelöst wurde.

Er war und wurde ein Sammler, ein Mäzen, ein Förderer des maritimen Erbes. »Dabei war er nie ein Mann fürs Rampenlicht oder das große Publikum«, sagte sein langjähriger Wegbegleiter und Freund Wolfgang Müller. Über viele Jahrzehnte baute Peter Tamm mit hohem Sachverstand eine einzigartige private Sammlung zur Schifffahrts- und Marinegeschichte auf. Denn Geschichte war für ihn unabdingbar, um das Vergangene zu verstehen und daraus Neues entstehen zu lassen.

Er gründete sein eigenes »Wissenschaftliches Institut für Schifffahrts- und Marinegeschichte« in einem Haus an der Elb­chaussee in Hamburg-Othmarschen. Doch das platzte bald aus allen Nähten. Jahrelang suchte er nach einem neuen Museums-Standort. Und fand ihn mit Hilfe der Stadt, die den Kaispeicher B, das älteste Gebäude seiner Art in Hamburg, als Heimstatt des Internationalen Maritimen Museums herrichtete. 2008 kam es zur feierlichen Eröffnung mit dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler. »Er hat für uns die Geschichte erlebbar gemacht«, würdigte Vize-Admiral a.D. Axel Schimpf den Museumsgründer.

Für Peter Tamm erfüllte sich damit ein Lebenstraum, es wurde sein zweites Lebenswerk. »Hamburgs maritime Seele«, nannte Wirtschaftssenator Frank Horch das Museum. Auf den neun Decks des historischen Gebäudes sind Tausende Schiffsmodelle, Gemälde, Schiffstagebücher, Navigationsinstrumente, Uniformen und Waffen zu besichtigen, die Peter Tamm im Laufe seines langen Lebens zusammengetragen hatte und seiner Heimatstadt vermachte. Es handelt sich dabei bis heute um die weltweit größte private Sammlung ihrer Art, die seither von einer gemeinnützigen Stiftung unterhalten und gepflegt wird.

Nach der Beisetzung auf dem Friedhof Nienstedten, die im engsten Kreis stattfand, trafen sich die Familie und zahlreiche Trauergäste zu einem Empfang im Internationalen Maritimen Museum. »Der Geist und die Seele unseres Vaters wird in diesem Haus am deutlichsten spürbar«, sagte Peter Tamm junior in seiner Ansprache.

Als er seine Kräfte schwinden sah, regelte Peter Tamm in seiner klaren Art die Nachfolge. Sein Sohn, bereits im Vorjahr in den Vorstand bestellt, übernimmt künftig die Rolle des Vaters an der Spitze der Stiftung. Peter Tam sen. aber wird auch künftig immer dabei sein, wenn die Gremien tagen. Sein Platz am Besprechungstisch, an dem er seine geliebten Monte-Christo-Zigarren rauchte, bleibt ehrenhalber unbesetzt.

Das Erbe ist groß, doch die Familie will und wird es fortführen. »Er war nicht nur Manger und Verleger, Vater und Familienmensch, sondern auch ein Freund und Ratgeber – er wird uns sehr fehlen«, sagte sein Sohn Peter Tamm jr. »Wir als Familie werden sein Credo in die nächste Generation tragen.« Im Museum und ebenso beim Schiffahrts-Verlags »Hansa« mit der 1864 gegründeten Zeitschrift »HANSA – International Maritime Journal« und der »Binnenschifffahrt« sowie beim Maximilian Verlag.

Schiffe und der Wiederaufbau des Landes waren in den Nachkriegsjahren stets sein Leitbild, die Zeitschriften sah er dabei als ein wichtiges Instrument an, als »ein Spiegelbild der Geschichte«. Seit den 1980er Jahren hielt Peter Tamm zunächst eine Beteiligung am damaligen Schiffahrts-Verlag »Hansa« C. Schroedter & Co. In den 1990er Jahren wurde er zum Allein-Eigentümer.

Auch beim Verlag E.S. Mittler & Sohn (gegr. 1789) sowie beim Maximilian Verlag (gegr. 1937) engagierte er sich unternehmerisch. 2008 erwarb sein Sohn Peter Tamm jun. die Verlage und bündelte sie einschließlich der Koehlers Verlagsgesellschaft unter dem Dach der Tamm Media. Seither wurde und wird das Portfolio gezielt ergänzt.

Pastor Adolphsen fand in seiner Predigt die richtigen Worte für einen Tag, der zu einem würdigen Abschied von Peter Tamm werden sollte: »Wir wollen nicht trauern, dass wir ihn verloren haben, sondern dankbar sein dafür, dass wir ihn gehabt haben.«

Auch wir gedenken Herrn Professor ­Peter Tamm in großer Dankbarkeit und mit Hochachtung vor seiner Lebensleistung.

Verlag und Redaktion Schiffahrts-Verlag »Hansa« GmbH & Co. KG mit den Zeitschriften »Binnenschifffahrt« und »HANSA – International Maritime Journal«