Der US-Fruchtmulti Chiquita bündelt die gesamte Ladung für Nordeuropa künftig im niederländischen Vlissingen. Verlierer der Neuordnung sind Bremerhaven und die Mediterranean Shipping Company (MSC), denen viele Hundert Container pro Jahr verloren gehen.
Im Hafen V[ds_preview]lissingen dürften die Kühllagerflächen bald knapp werden: Bislang wurden dort pro Jahr rund 400.000 t Bananen für Chiquita umgeschlagen und zwischengelagert. Verantwortlich dafür ist die Kühl- und Hafenlogistikfirma Kloosterboer. Ab diesem Jahr wird das Volumen nach Angaben der örtlichen Hafenverwaltung steil ansteigen, auf bis zu 720.000 t.
Denn seit einigen Wochen läuft die Reedereitochter des Fruchthändlers Chiquita, die Great White Fleet, Vlissingen mit einem zweiten wöchentlichen Dienst an. Die Schiffe dafür zog das Unternehmen nach Angaben aus Agenturkreisen aus seinem Mittelmeerdienst ab.
Die zusätzliche Ladung für Vlissingen stammt aus Bremerhaven, wo Chiquita bis Ende 2017 nur den voll containerisierten Anteil seiner Ware für Nordeuropa anlandete. Von dort aus gingen die Bananen zu Reifereien im Hinterland oder – noch im Container verpackt – auf kleinere Feederschiffe Richtung Skandinavien und Ostseeraum.
Beauftragt mit der Verschiffung von Zentralamerika nach Bremerhaven war über mehrere Jahre die zweitgrößte Linienreederei MSC, die den Kontrakt Ende letzten Jahres aber verloren haben soll. Chiquita rechnet sich Kostenvorteile dadurch aus, dass es die gesamte Ladung künftig wieder mit eigenen konventionellen Schiffen fährt. Dabei setzt das Unternehmen auf Vlissingen als einzigem Deepsea-Hub.
Der südenglische Hafen Sheerness, der bislang noch als zweiter europäischer Importhafen im Liniendienst ab Zentralamerika bedient wurde, soll in Zukunft keine Direktanläufe mehr erhalten. Stattdessen ist geplant, den englischen Markt in Umladung über Vlissingen mit einem Feeder-Carrier zu bedienen.
So verfährt Chiquita seit Januar auch mit den Bananen-Ladungen für Skandinavien und den Ostseeraum. Die dänische Feeder-Reederei Unifeeder bringt die Ware in Chiquita-Containern mit ihrem neuen Dienst von Vlissingen nach Oslo, Helsingborg und Helsinki.
Mit der Zurückverlegung der Bananentransporte für Nordeuropa auf das eigene Schiffssystem dreht Chiquita – Teil der brasilianischen Safra Group – die Containerisierung von Bananen in dem Fahrtgebiet wieder ein kleines Stück zurück. Wobei Experten rätseln, wie es der Great White Fleet mit ihren kleineren, treibstoffdurstigen Frachtern gelingen soll, die Transporte günstiger durchzuführen als MSC mit seinen großen Containerschiffen. Eine mögliche Erklärung: Durch Wegfall des englischen Hafens Sheerness im Fahrplan und die Konzentration auf Vlissingen könnte die Reederei Spielraum für eine Absenkung der Fahrtgeschwindigkeit bekommen. Der Verbrauch und die Brennstoffkosten würden somit sinken.
Die neue Strategie von Chiquita hat auch weitreichende Konsequenzen für Südeuropa. Da die Great-White-Fleet-Schiffe aus dem Mittelmeer abgezogen wurden, um künftig ebenfalls Vlissingen zu bedienen, muss der Fruchthändler bei seinen Exporten in die Mittelmeerregion den entgegengesetzten Weg einschlagen: Die bislang konventionell verschiffte Ware wurde inzwischen an eine große Containerlinie vergeben.
Pikanterweise handelt es sich dem Vernehmen nach um den Allianzpartner von MSC – die Maersk Line. Die Dänen fahren die Chiquita-Bananen demzufolge hauptsächlich zum italienischen Vado Ligure bei Savona, wo die Konzernschwester APM Terminals einen eigenen Reefer-Terminal betreibt. Von dort aus erfolgt die Distribution in Südeuropa.