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Die Einhaltung der im Pariser Abkommen formulierten, ehrgeizigen Klimaziele erfordert auch in der Schifffahrt einen Übergang von fossilen auf möglichst CO2-neutrale Brennstoffe. Regenerativ erzeugtem Methanol wird dabei ein großes Potenzial zugesprochen

Die Menge ausgestoßenen CO[ds_preview]2s pro Tonne Fracht in der Schifffahrt ist im Vergleich zu anderen Transportmitteln sehr niedrig. Demgegenüber steht ein relativ hoher Ausstoß an anderen Schadstoffen wie Schwefeloxiden, Stickoxiden und Feinstaub. Hinzu kommt, dass weitere Verschärfungen der Emissionsgrenzwerte zu erwarten sind. Auch die Schifffahrtsbranche muss ihren Tei zur Einhaltung der Klimaziele des Pariser Abkommens und zur Reduktion von Schadstoffen beitragen, sodass seit Jahren Alternativen zu Schweröl (HFO) und Diesel gesucht werden. Marine Gas Oil (MGO), Flüssigerdgas (LNG), Wasserstoff und Methanol sind in den letzten Jahren in den Fokus gerückt.

Ein aussichtsreicher Kandidat ist dabei der einfachste aller Alkohole: Methanol. Um die Möglichkeiten des Einsatzes von Methanol – auch als potenziell emissionsneutraler Energieträger – in der Schifffahrt fundiert zu untersuchen, hat das Maritime Cluster Norddeutschland das Institut für nachhaltige Logistik mit der Erarbeitung der Studie »Potenzialanalyse Methanol als emissionsneutraler Energieträger für Schifffahrt und Energiewirtschaft« beauftragt. Die Ergebnisse wurden nun vorgestellt.

Vorteile für Methanol in Logistik und Bunkerung

Methanol hat demnach einige deutliche Vorteile gegenüber anderen Schwerölalternativen. So ist es als flüssiger Brennstoff mit nur geringen technischen Anpassungen deutlich einfacher zu transportieren und zu bunkern als beispielsweise Flüssigerdgas (LNG). Durch die gute Löslichkeit im Wasser bei Unfällen ist es zudem deutlich umweltverträglicher als Diesel oder Schweröl. Da Methanol bereits vermehrt in der chemischen Industrie verwendet wird, kann auf umfangreiche und ausgearbeitete Regularien und Verfahren für Transport und Lagerung zurückgegriffen werden.

Die Hauptvorteile von Methanol sind, laut der von Thomas Rust vom Institut für nachhaltige Wirtschaft und Logistik vorgestellten Studie, die deutlich einfachere Logistikkette und Bunkerung, sowie das Potenzial, es synthetisch aus regenerativem Strom, Wasser und CO2 herzustellen. Regeneratives Methanol ist als Brennstoff in der Bilanz nahezu CO2-neutral. Dadurch, dass es zusätzlich keinen Schwefel enthält, reduzieren sich auch die Feinstaub- und Schwefeloxid-Emissionen praktisch auf Null. In einem weiteren Schritt wäre sogar der Einsatz in einer Methanol-Brennstoffzelle möglich, was die Emissionsbilanz noch weiter verbessern würde.

In der Studie wird des Weiteren dargelegt, dass der Einsatz von Methanol im Quervergleich der Alternativen eine wettbewerbsfähige Kraftstoffstrategie sein kann, um zukünftige Emissionsgrenzwerte einzuhalten. Die betrachteten Investitionskosten für einen Um- beziehungsweise Neubau zum Methanolbetrieb bewegen sich überschlägig auf dem Niveau der Investitionskosten zur Nachrüstung eines Schwerölantriebes mit Abgasnachbehandlungsanlagen, und gleichzeitig deutlich unter denen für LNG-Lösungen.

»Bedingungen für regenerative Erzeugung in Norddeutschland ideal«

Als Alternative zu HFO, MGO und LNG kann Methanol synthetisch aus Wasser und Kohlenstoffverbindungen unter Einsatz von Energie hergestellt werden. Für eine nachhaltige Energiewirtschaft ist eine auf regenerativen Energiequellen basierende Gewinnung von Methanol anzustreben. Mit wachsendem Interesse wird die Methanolgewinnung aus regenerativen Energiequellen, wie zum Beispiel Wind- und Sonnenenergie, in Pilotprojekten untersucht und weiter vorangetrieben. In diesem Zusammenhang ist es denkbar, die derzeit im Tagesgang nachfragebedingt teilweise reduzierte Stromproduktion in Deutschland anteilig aufrechtzuerhalten und Methanol als regenerativen Energiespeicher oder Brennstoff zu nutzen.

Auch solche Windenergieparks, die in naher Zukunft nicht mehr von der EEG-Umlage profitieren, könnten durch die Produktion von Methanol eine Aufwertung erhalten. So könnten an einer (Offshore-)Windenergieanlage (WEA) mit einer elektrischen Leistung von 4,6 MW, unter Einsatz neuartiger elektro-biokatalytischer Technologien, in einem sechsstündigen Zeitfenster circa 38 Kilogramm Methanol hergestellt werden. Hierbei sollte während des gesamten Zeitfensters eine nahezu konstante Stromgrundzufuhr für die Methanolproduktion anliegen, jedoch ohne einer Einspeisung in das Stromnetz grundsätzlich entgegen zu stehen. In diesem Zusammenhang weisen insbesondere Offshore-WEA die geeignetsten Einsatz-, Größen- und Produktionseigenschaften auf.
Erste erfolgreiche Anwendungsbeispiele aus Skandinavien

Mit Methanol betriebenes Lotsenboot
Mit Methanol betriebenes Lotsenboot (Foto: ScandiNAOS)

Regional produziertes, emissionsneutrales Methanol könnte der Studie zufolge als Brennstoff auf kleineren Arbeits- und Spezialschiffen mit festen Heimathäfen verwendet werden. Umfangreiche Erfahrungen konnten dazu bereits in dem schwedischen Projekt »GreenPilot« gesammelt werden, über das Patrik Molander von ScandiNAOS auf der Veranstaltung umfangreich informierte. Über mehr als zwei Jahre wurden auf einem Lotsenboot unterschiedliche Methanol-betriebene Motorenkonzepte auf ausgestoßene Treibhausgas- und Schadstoffemissionen und Zuverlässigkeit untersucht. Die Ergebnisse waren dabei durchweg positiv, sowohl bei Otto- als auch bei Dieselmotoren. Im Vergleich zum Schiffsbetrieb mit LNG sind die technischen Umrüstungen deutlich günstiger und einfacher umzusetzen. Der CO2-Ausstoß konnte deutlich gesenkt werden, und schädliche Schwefeloxid- und Rußpartikelemissionen wurden im Vergleich zum Dieselantrieb fast komplett eliminiert. Und im richtigen Mischungsverhältnis mit Zusätzen sind auch die sonst häufig zitierten Formaldehyd-Emissionen nicht höher als in vergleichbaren Dieselmotoren.
Fördermöglichkeiten für innovative Projekte nutzen

Gute Förderaussichten

Die Ergebnisse der Studie wurden Mitte Oktober bei einer Veranstaltung in Oldenburg erstmalig präsentiert. Rund 60 Fachleute folgten der Einladung des Maritimen Clusters Norddeutschland, des Kompetenzzentrums GreenShipping Niedersachsen und der BDO ARBICON.

Im Anschluss gab Matthias Brucke von embeteco den Teilnehmenden einen umfassenden Einblick in die deutsche Förderlandschaft. Ein ideales Programm sind die Projekt- und Netzwerkförderungen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM), gerade für mittelständische Unternehmen und in Kooperation mit Forschungseinrichtungen. Die Vorteile liegen in der relativ unbürokratischen und kontinuierlichen Antragstellung, kurzen Genehmigungsverfahren sowie einer mit circa 70 % deutlich höheren Erfolgswahrscheinlichkeit als zum Beispiel in bundes- oder europaweiten Ausschreibungen. Antragsfähig sind Produkte, Verfahren oder technische Dienstleistungen, die den Stand der Technik in Deutschland erhöhen. Das Maritime Cluster Norddeutschland und das Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen am Standort Elsfleth arbeiten mit Partnern aus der Region an der Etablierung einer regionalen Wertschöpfungskette zum Thema Methanol. Dazu befindet sich ein ZIM-Netzwerk, zur Etablierung von Methanol als Brennstoff auf kleineren Spezial- und Arbeitsschiffen in der Beantragung, betreut durch embeteco, das Maritime Cluster Norddeutschland und das Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen.

Gerade in Gebieten mit einem hohen Überschuss an regenerativ erzeugter Energie besteht ein hohes Potenzial für die Etablierung regional geschlossener Wertschöpfungsketten für die Erzeugung und die Verwendung »grünen« Methanols. Es könnte auf kleineren Schiffen mit langfristig planbarem Einsatzprofil und regelmäßigem Anlauf eines Referenzhafens verwendet werden. Diese Wertschöpfungskette könnte als Leuchtturmprojekt dienen, um die großindustrielle Produktion von Methanol zu etablieren und es auch für die Verwendung in größeren Schiffen zu marktfähigen Preisen verfügbar zu machen – zum Beispiel auf Kreuzfahrtschiffen mit Routen in sensiblen Ökosystemen wie Nord- und Ostsee, den norwegischen Fjorden oder Alaska.