Welche Rolle können Schiffsbanken künftig übernehmen, nach Jahren der Krise und dem Abbau von großen Portfolios? Einige setzen auf innovative und »grüne« Projekte, wie gestern auf dem 22. HANSA-Forum »Schifffahrt | Finanzierung« deutlich wurde.
»Die Industrie braucht strenge Umwe[ds_preview]ltregeln. Wir sind dabei, die nötigen Umrüstungen der Neuentwicklungen zu finanzieren«, sagte Joep Gorgels, Global Head Transportation and Logistics Clients bei der niederländischen Bank ABN Amro. Dabei geht es Scrubber-Installationen, LNG-Projekte – ein Segment, das sich bei ABN Amro großer Beliebtheit erfreut – und auch Retrofits von Ballastwasserbehandlungsanlagen. Das Engagement zieht sich durch das gesamte Bankgeschäft. »Wir wollen eine große Rolle bei der Energiewende spielen, nicht nur, aber auch in der Schifffahrt«, so Gorgels weiter. In der Schifffahrt möchte ABN Amro Projekte mit neuen Schiffsdesigns vorantreiben, die Nachfrage sei da.
Auch die NordLB, deren Zukunft noch immer unklar ist, arbeitet in grünen Projekten. Shipping-Leiter Tobias Zehnter bestätigte, dass 20% des gesamten Neugeschäfts in diesem Jahr auf Retrofit-Projekte entfielen. »Wir sind offen für Eco-Design-Projekte«, so Zehnter weiter. Für das Gesamtjahr erwartet Zehnter für die NordLB ein Neugeschäft von 1 Mrd. $. »Die Schifffahrt ist noch immer ein attraktiver Markt, wir haben in diesem Jahr mehr Neugeschäft gemacht als letztes Jahr«, sagte der Banker. Trotz der strengen IMO-Vorgaben ab 2020 und den damit zusammenhängenden Herausforderungen für ältere Tonnage erwartet er »keine größeren Probleme für den Gesamtmarkt in der nahen Zukunft.«
Susanne Mertens, Senior Consultant bei Silverton Maritime Solutions erläuterte, dass sie weitere Portfolio–Verkäufe von Banken erwartet. Sie sagte auf dem Podium, dass sich die Schiffsbanken wieder von der Restrukturierung zum Umsatzwachstum entwickeln: »Das Einfrieren der Schiffsfinanzierung hat begonnen zu tauen, mehr Banken sind wieder am Markt. Für einige Kunden wurden die Anforderungen jedoch erhöht.« Allerdings müsse die Schifffahrt mittlerweile mit anderen Märkten konkurrieren, die für Banken ebenfalls sehr attraktiv sind. Als Beispiel nannte sie das Gesundheitswesen.
Silverton Maritime Solutions (Hamburg) war im vergangenen Jahr als Joint Venture der Silverton-Gruppe mit dem ehemaligen FSG-Geschäftsführer Ulf Bertheau – heute als Anwalt bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft tätig – gegründet worden. Das Unternehmen berät Käufer und Verkäufer beim Verkauf von Schiffskrediten und bietet das Loan Servicing als externer Dienstleister an.
ABN-Amro-Manager Gorgels bestätigte, dass seine Bank nach wie vor in der Schiffsfinanzierung tätig sei. »Deutschland und seine Schifffahrt sind für ABN Amro und die Tochtergesellschaft Bethmann Bank ein zunehmend wichtiger Markt«, so Gorgels weiter. Aktuell umfasst das Shipping-Portfolio 11 Mrd. €, weitere Milliarden liegen im Offshore-Segment.
»Ja, auch wir hatten Probleme, aber wir haben uns auf die Situation eingestellt«, so Gorgels weiter. Die Bank versucht, sich stärker auf größere, konsolidierte Unternehmen zu fokussieren. So soll das Risiko minimiert werden. »Aus finanzieller Sicht macht die Größe eines Unternehmens durchaus Sinn.« Dabei gebe es keine Einschränkungen bzgl. der Schiffstypen oder Regionen. Auch legte er Wert darauf, dass er andere Angebote wie Chinese Leasing, Private Equity oder andere Investmentvehikel nicht zwangsläufig als Konkurrenz betrachtet. »Ich empfehle das meinen Kunden sogar bisweilen, wenn es passt. Wir müssen nicht alles auf die eigene Bilanz nehmen.«
Einig waren sich die Bank-Spezialisten, dass das regulative Umwelt schwieriger wird, sei es durch »Basel IV« oder IFRS. Das dürfte den Preiskampf in der Bankenbranche verstärken, hieß es.
Unsicher ist nach wie vor die Zukunft der NordLB – und des 40 MPP-Schiffe umfassenden Portfolios, das abgestoßen werden soll. Offenbar steht der US-Finanzinvestor Cerberus derzeit in exklusiven Verhandlungen mit der NordLB. Es geht um ein Portfolio mit dem Namen »Big Ben«, rund 2,5 Mrd. € schwer, berichtete zuletzt die Nachrichtenagentur Reuters und beruft sich auf Insider. Daneben steht ein noch größeres Paket von etwa 4 Mrd. €, genannt »Tower Bridge« zum Verkauf. Auch dafür sollen mehrere finale Angebote vorliegen, heißt es. Cerberus ist hier dem Vernehmen nach ebenso dabei wie auch der konkurrierende US-Investor Lone Star oder der Hedgefonds Davidson Kempner.
Offiziell gibt es dazu keine Bestätigung, weder von der NordLB noch von Seiten der möglichen Investoren. Aus Hannover heißt es Medienberichten zufolge lediglich, man mache »derzeit große Fortschritte beim Vorhaben, den Bestand notleidender Schiffsdarlehen bis Ende 2019 auf unter 5 Mrd. € zu senken.« Würde der Verkauf gelingen, wäre die Landesbank ihre faulen Schiffskredite schon zum Jahreswechsel weitestgehend los. Seit Jahresende 2015 war das gesamte Schiffsfinanzierungsportfolio bereits um 7,5 Mrd. € auf zuletzt noch 9,9 Mrd. € reduziert worden. So konnte mit Abschluss des 1. Halbjahres 2018 wieder ein kleiner Gewinn von 54 Mio. € ausgewiesen werden.
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