Mit einem gemeinsamen Appell haben sich vier Schifffahrtsverbände für eine Verlängerung der sogenannten EU-Gruppenfreistellungsverordnung (BER) ausgesprochen. Sie gehen damit auf Konfrontationskurs zur OECD.

Die Reederverbände aus Europa (ECSA) und Asien (ASA), der internationale[ds_preview] Reederverband ICS und das World Shipping Council haben Stellungnahmen bei der Europäischen Kommission in Brüssel vorgelegt. Dabei geht es darum, die Ausnahme vom EU-Wettbewerbsrecht um fünf Jahre zu verlängern. Sie läuft 2020 aus.

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Die Papiere wurden im Rahmen der öffentlichen Konsultation vorgelegt, die von der Generaldirektion Wettbewerb (GD COMP) der Kommission durchgeführt wurde. Die Kommentare der Branche befassen sich mit einem breiten Spektrum von rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen, betonen aber einige Kernpunkte:

  • Vessel-Sharing-Agreements seien ein »wesentlicher Bestandteil der Struktur des globalen Linienschifffahrtsnetzes«
  • Es gebe ausreichend und klare rechtliche Leitlinien für die Gruppenfreistellungsverordnung
  • Trotz der jüngsten Fusionen in der Linienschifffahrt sei die Branche nach wie vor nicht konzentriert und äußerst wettbewerbsfähig, da die Frachtraten die Hälfte des Niveaus von vor zwanzig Jahren erreichten
  • Neben der Unterstützung der operativen Effizienz und des breiteren Serviceangebots würden die Anstrengungen der Carrier zur Reduzierung der Emissionen unterstützt, da eine effizientere Auslastung der Flotte zu weniger Emissionen führe

John Butler, Präsident und CEO des World Shipping Council sagte: »Fazit ist, dass die BER seit fast 25 Jahren sehr gut funktioniert. Sie enthält klare Regeln, die praktisch ohne umfangreiche rechtliche Analysen angewendet werden können. Dies bedeutet, dass sich die Branche darauf konzentrieren kann, die effizientesten Transportlösungen zu finden.«

Martin Dorsman
Martin Dorsman (Foto: ECSA)

Nach Meinung von ECSA-Generalsekretär Martin Dorsman ist die Schifffahrt trotz der Konsolidierungswelle der vergangenen Jahre noch immer von hartem Wettbewerb geprägt. »Die rein operativen Vereinbarungen der BER fördern den Wettbewerb, indem sie Zugangsschranken senken und es den Linien ermöglichen, auf mehr Strecken zu konkurrieren.«

Guy Platten, Generalsekretär des ICS, betonte den Nutzen für die Anstrengungen zum Umweltschutz: »Die IMO hat nun konkrete Ziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen für die internationale Schifffahrtsindustrie festgelegt. Wir müssen jedes verfügbare Instrument zur Effizienzsteigerung nutzen.«

Ang Chin Eng, Generalsekretär des Verbandes der asiatischen Reeder, erläuterte, dass in es in vielen asiatischen Ländern ähnliche Systeme wie in der EU gebe und sprach sich dafür aus, »an beiden Enden der globalen Handelsrouten« vergleichbare Regelungen beizubehalten.

EU stellt Regelung auf Prüfstand

Die Europäische Kommission hatte vor einigen Wochen eine Prüfung der Allianz-Aktivitäten in der Containerschifffahrt gestartet. Der Vorgang birgt durchaus eine gewisse Brisanz für die großen Allianzen wie »2M« von Maersk und MSC, THE Alliance von Hapag-Lloyd, ONE und Yang Ming sowie die »Ocean Alliance« von CMA CGM, COSCO, OOCL und Evergreen.

Generell verbietet das EU-Recht zwar Vereinbarungen, die den Wettbewerb beschränken. Jedoch stellt die »Gruppenfreistellungsverordnung für Seeschifffahrtskonsortien« die Zusammenarbeit von Reedereien mit einem gemeinsamen Marktanteil von weniger als 30 % unter bestimmten Umständen automatisch von diesem Verbot frei, um die Effizienz der Linienschifffahrt im Interesse der Nutzer und Verbraucher zu steigern. Preisabsprachen sind nicht zulässig.

Das Internationale Verkehrsforum (ITF) der OECD hatte die Europäische Kommission kurz darauf aufgefordert, die Gruppenfreistellungsverordnung für Linienreedereien nach April 2020 nicht zu verlängern. Unter dem Titel »The Impact of Alliances in Container Shipping« berichtet das ITF in einem 127-seitigen Papier von Befürchtungen verschiedener maritimer Akteuere wie Hafenbetreiber, Schleppreedereien, Verlader und Spediteure. Von monopolistischen Tendenzen unter den Linienreedereien ist die Rede. Die Linenschifffahrt habe keine besonderen Charakteristika, die Ausnahmen von Wettbewerbsgesetzen für Allianzen rechtfertigen würden, so das ITF.