Wenn am 3. September 2019 in Kopenhagen (Dänemark) mehr als 40 graue Schiffe einlaufen, ist das der Auftakt für die 13. Auflage des Marine-Herbstmanövers »Northern Coasts«.

»Geographisch gesehen sind wir somit schon mitten im Übungsszenario«, erklärt Flottillenadmiral Stephan Haisch (52). Rund 3.000 Soldaten aus 18 Nationen werd[ds_preview]en ihm in den kommenden Wochen bis zum 18. September 2019 unterstehen. Er ist der Commander Task Force 356, führt den Verband mit seinem Stab aus der Marine-Operationszentrale in Glücksburg. Und hat daneben noch einen Sonderauftrag bei »Northern Coasts«.

»Northern Coasts‹ dreht sich 2019 in einer fiktiven Lage darum, dass ein Anrainer territoriale Ansprüche auf eine Insel eines anderen Staates geltend macht und in diesem Zusammenhang die Seewege in der westlichen Ostsee bedroht.«

»Aus dem maritimen Blickwinkel sprechen wir von der Ostsee als ›die nasse Flanke‹ unseres Operationsgebietes, die dortigen Seewege sind von großer Bedeutung für uns und unsere Partner. ›Northern Coasts‹ dreht sich 2019 in einer fiktiven Lage darum, dass ein Anrainer territoriale Ansprüche auf eine Insel eines anderen Staates geltend macht und in diesem Zusammenhang die Seewege in der westlichen Ostsee bedroht – und somit die Lebensader vieler Bündnispartner«, beschreibt Haisch das Übungsszenario. Dieses wird sich im Bereich der Ostseezugänge, also Belte und Sund, sowie in der westlichen Ostsee zwischen Kiel und Bornholm abspielen. Und so geht es für die beteiligten Einheiten in der Seephase vom 6. bis 18. September nicht nur im Kern darum, unter einem fiktiven UN-Mandat die Seewege zu schützen, sondern auch darum die »klassischen« Aufgaben von See- und Seeluftstreitkräften im multinationalen Rahmen zu üben.

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Quelle: Bundeswehr

»Northern Coasts« zielt auch darauf, die taktische Zusammenarbeit unter den Partnern zu verbessern. Die Ostsee ist Haisch zufolge aufgrund der Geographie mit vielen Meerengen und Inseln sowie geringen Wassertiefen ein besonders anspruchsvolles Operationsgebiet. »Hier muss einerseits jeder sein Handwerk im Detail beherrschen und andererseits ist man immer auf die enge Zusammenarbeit mit den anderen Einheiten angewiesen: wir würden nie größere Einheiten in Meerengen operieren lassen, ohne dass zuvor unsere Minenjäger für eine freie Durchfahrt gesorgt haben«, erklärt er.

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Am Manöver beteiligt: Fregatte »Lübeck« (Foto: Bundeswehr)

Für Haisch und seinen Stab ist »Northern Coasts« auch ein erster Testlauf zur Führung eines maritimen Verbandes dieser Größenordnung: »Wir haben nun als Stab erstmalig die Gelegenheit, uns in der Praxis zu beweisen. Das ist so ein bisschen wie die erste Fahrstunde nach Absolvieren der Theorieausbildung.« Dieser Stab wurde als DEU MARFOR im Januar dieses Jahres in Rostock aufgestellt. Flottillenadmiral Haisch ist der stellvertretende Kommandeur. Etwa 90 Kameraden unterstützen den Task Force Commander bei »Northern Coasts«, davon 20 aus Partnernationen.

»Die Übung wird uns sicherlich Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigen – und das soll sie auch. Ich will sehen, was wir bei Ausbildung, Ausrüstung oder Personal bei DEU MARFOR anpassen müssen. Das ist der erste Schritt zu einer späteren NATO-Zertifizierung des Stabes. Wir könnten unsere Fähigkeiten in kaum einem besseren Umfeld auf die Probe stellen als bei einer Übung dieser Größe«, so Haisch.

Das größte Kontingent stellt die Bundeswehr

Bei „Northern Coasts 2019“ kommen mehr als 3.000 Soldaten aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, Kroatien, Lettland, Litauen, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Schweden, der Schweiz und den USA zusammen. Das größte Kontingent mit etwa 1.300 Männern und Frauen stellt die Bundeswehr.

NATO-Minenjagdeinheiten üben die Verbandsfahrt
NATO-Minenjagdeinheiten üben die Verbandsfahrt (Foto: Bundeswehr)

Der deutsche Flottillenadmiral Stephan Haisch (52) führt die an der Übung beteiligten Einheiten als Commander Task Force 356 aus der Operationszentrale der Marine in Glücksburg. Ihm unterstehen in der Übung mehr als 40 Schiffe und Boote: Überwasserkampfschiffe, Einsatzgruppenversorger und Unterstützungseinheiten, Minenjagdboote, ein Uboot, Korvetten, Flugzeuge und Hubschrauber in drei Einsatzgruppen. Der Kommandeur des deutschen 3. Minensuchgeschwaders Fregattenkapitän Christian Meister (41) führt als einziger deutscher Marinestabsoffizier eine davon in See – die Task Group für Minenabwehr mit einer Fregatte, zwei Unterstützungsschiffen und 14 Minenabwehreinheiten aus zwölf Nationen, außerdem Minentauchern aus sechs Ländern.

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Einsatzgruppenversorger »Bonn« (Foto: Bundeswehr)

Die Deutsche Marine wird mit dem Einsatzgruppenversorger »Bonn«, der Fregatte »Lübeck«, der Korvette »Oldenburg«, dem U-Boot »U31«, dem Tender »Donau«, den Minenjagdbooten »Weilheim« und »Dillingen«, dem Minentauchereinsatzboot »Rottweil« und einem Seefernaufklärungsflugzeug P-3C Orion vertreten sein. Außerdem werden Minentaucher des Seebataillons aus Eckernförde in einer Einsatzeinheit für Kampfmittelbeseitigung im Küstenumfeld an der Übung teilnehmen. An Land unterstützen deutsche Soldaten in einem Logistikkommando und Spezialisten für Elektronische Kampfführung. Der Stab von Flottillenadmiral Haisch wird für die Dauer der Übung die Operationszentrale der Marine in Glücksburg nutzen und den Verband von dort ausführen.

»Baltic Maritime Component Command«

Die Übungsserie »Northern Coasts« wurde 2007 von der Deutschen Marine ins Leben gerufen und wird mit NoCo abgekürzt. Es ist die Schwerpunktübung des Inspekteurs der Deutschen Marine. Jährlich wechselnd sind Deutschland, Dänemark, Schweden und Finnland für die Durchführung verantwortlich; im laufenden Jahr hat Deutschland diese Rolle inne. Von den teilnehmenden Nationen sind Schweden und Finnland die beiden Länder, die nicht dem Nordatlantik-Bündnis, aber der EU angehören. Zusätzlich sind die Schweiz und Österreich jeweils mit einem Soldaten vertreten.

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Auch die Korvette K130 »Oldenburg« (Foto: Bundeswehr)

Der Einsatzstab der Deutschen Marine DEU MARFOR wurde am 23. Januar 2019 in Rostock in Dienst gestellt. Er umfasst rund 100 Soldaten und ist eine nationale deutsche Dienststelle mit multinationaler Beteiligung, in der 25 Posten für Verbündete vorgesehen sind. Er kann bei Bedarf auf rund 180 Soldaten anwachsen: Dann wird er zum „Baltic Maritime Component Command“ – kurz BMCC – und ist dann mehr als ein Stab: Ein multinationales Hauptquartier, das sich beispielsweise auf Aufgaben in der Landes- und Bündnisverteidigung konzentrieren kann. Besonders die Anrainerstaaten der Ostsee – Schweden, Polen, Dänemark, Finnland und die baltischen NATO-Partner – werden in das BMCC dabei eingebunden. Nach einer mehrstufigen Trainings- und Zertifizierungsphase soll es 2025 den Betrieb aufnehmen können.