Der Angriff auf die saudischen Ö-Anlagen am Wochenende wirkt sich auch auf den Tankermarkt auf. Steigende Bunkerpreise und das höhere Risiko lassen die Raten steigen, während sich viele Fragen auftun.
Am Samstag, den 14. September, waren zwei saudische Ölanlagen angegriffen worden. Insgesamt werden hier normalerweise 5,7 Million[ds_preview]en Barrel pro Tag verarbeitet – mehr als die Hälfte der Produktion Saudi-Arabiens und mehr als 5% der weltweiten Rohölproduktion. Die jemenitischen Houthi-Rebellen haben die Verantwortung für die Anschläge übernommen, die US-Regierung beschuldigt indes den Iran.
Der Tanker-Broker Poten & Partners hat untersucht, wie sich die Vorfälle auf die Öl- und Tankschifffahrtsmärkte auswirken. Demnach sind Ölpreise deutlich gestiegen. Gestern Morgen stieg Brent um 10% auf 66,37 $ pro Barrel. Die US-Oel-Futures (WTI) stiegen um 9,7% auf 60,15 $/Barrel. Der Anstieg der Ölpreise spiegelt die erhebliche Unsicherheit über die Auswirkungen der Angriffe auf die aktuelle und zukünftige Ölversorgung wider. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Klarheit über das Ausmaß und die Dauer der Störung.
Auch die Bunkerpreise stiegen im Einklang mit den Ölpreisen. »Es überrascht nicht, dass IFO380 als direkte Folge des Anstiegs der Rohölpreise um 30 bis 50 $ pro Tonne zugelegt hat«, meinen die Analysten.
Tankerraten steigen deutlich
Die Tankerraten sind Poten zufolge deutlich gestiegen. Die VLCC-Raten vom Arabischen Golf bis nach Asien sind mindestens WS10 Punkte höher als am Freitag und steigen weiter. Mehrere Fixtures wurden am Wochenende und heute mit steigenden Raten durchgeführt. »Der größte Teil dieses Anstiegs spiegelt die höheren Bunkerpreise wider, aber es gibt auch ein Element des Risikomanagements. Charterer sind weniger bereit, das ›wait-and-see‹-Spiel zu spielen, und die Eigentümer widersetzen sich unter diesen Umständen dem ›last done‹«, heißt es.
Es ist unklar, wie viele Schiffe in Saudi-Arabien beladen werden, aber eine Überprüfung der AIS-Daten scheint darauf hinzudeuten, dass die Ladetätigkeit in Ras Tanura, dem wichtigsten Exportterminal des Landes, wieder aufgenommen wurde. Am Samstag (dem Tag des Angriffs) liefen keine Schiffe das Terminal an, aber am Sonntag wurde die Aktivität wieder aufgenommen, wobei mehrere Tanker in Ras Tanura ankerten. Allerdings könne man noch nicht bestätigen, dass die Verladung wieder aufgenommen worden sei, so Poten.
Mit leichter Verzögerung wurden die Nominations von Saudi Aramco für den Oktober gestern Nachmittag veröffentlicht. Während ein Grund für die Verzögerung nicht genannt wurde, scheint es Poten zufolge logisch, dass die Saudis zunächst eine Bestandsaufnahme ihrer Ölversorgungssituation machen mussten, bevor sie sich zu Lieferungen verpflichteten.
Wird es genug Öl geben?
Kurzfristig werde es genug Öl geben, meint man bei Poten. In den wichtigsten Verbrauchsgebieten (USA, China und Europa) sowie in einigen der Förderländer (z.B. Saudi-Arabien) gebe es reichlich Ölvorräte. Strategische Erdölreserven könnten kurzfristig erschlossen werden und die Märkte für mehrere Monate ausgleichen.
Typischerweise erfolgen SPR-Releases (SPR = Strategic Petroleum Reserve) erst nach einiger Zeit, wenn klar wird, dass die Störung einige Zeit in Anspruch nehmen wird und die Preise deutlich gestiegen sind (+20-25%). Die letzte globale Freigabe der Ölvorräte, die von der Internationalen Energieagentur koordiniert wurde, erfolgte 2011 nach dem Zusammenbruch der libyschen Ölproduktion. Saudi-Arabien verfügt ebenfalls über bedeutende Lagerbestände, und hat angekündigt, dass sie versuchen werden, die Ausfälle durch mehr Exporte aus Lagereinrichtungen auszugleichen.
Wenn die saudischen Ölanlagen für einen längeren Zeitraum (mehrere Monate oder länger) ausfallen, wird es Poten zufolge allerdings eine größere Herausforderung sein, die Ölmärkte gut zu versorgen. Einige OPEC+-Produzenten könnten die Produktion erhöhen. Kuwait und die VAE hätten freie Kapazitäten, ebenso wie Russland. Es werde jedoch mehrere Wochen dauern, bis diese Länder die Produktion hochfahren könnten.
Die Qualität des betroffenen Rohöls (Ghawar und Khurais) ist überwiegend mittelsauer. Russland, Kuwait und die VAE produzieren Öl von ähnlicher Qualität. Die US SPR enthält auch Rohöle mit ähnlichem API-Gewichts- und Schwefelgehalt.
Was kommt als nächstes?
Die Schlüsselfrage sei nun die nach der Verantwortlichkeit. »Sobald die Behörden in Saudi-Arabien und den USA relativ sicher sind, wer hinter diesen Angriffen steckt, wie werden sie reagieren? Wenn es sich um den Iran handelt, wird es dann eine militärische Reaktion geben? Wie lange wird es dauern, bis Saudi Aramco das Abqaiq-Verarbeitungszentrum und das Khurais-Ölfeld wieder zurückgebracht hat. Wird es Tage oder Wochen (oder noch länger) dauern?«, listet Poten die Aspekte auf.
Ein langfristiger Ausfall der saudischen Anlagen werde die Ölmärkte belasten, für die es nun in die Winterzeit und aufgrund der IMO2020 bereits mit dem Übergang zu schwefelarmen Bunkerkraftstoffen konfrontiert sind.