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Die Havarie der »Cape Leonidas« 2017 hatte an der Elbe Sorgen um den sicheren Schiffsverkehr ausgelöst. Eine umfangreiche Untersuchung kommt jetzt zum Ergebnis, dass die Ursache mittelbar in der Umstellung auf neue Umweltvorgaben lag.

Im Januar 2017 hatte der Capesize-Bulker »Cape Leonidas« einen Maschinenschaden erlitten und den Schiffsverkehr zeitweise zum Erliegen gebracht. Ein ausführlicher Bericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) zeigt nun Details zur Havarie. Gleichzeitig nutzt die Behörde den Vorfall für eine Botschaft.

Das Schiff war mit 12 kn unterwegs, als die Hauptmaschine ausgefallen war. Es verlor anschließend zwangsläufig langsam an Geschwindigkeit, ließ sich zunächst aber auch ohne Antrieb noch längere Zeit gut steuern. Später nahm die Steuerfähigkeit deutlich ab, wodurch ein Notankermanöver unausweichlich war. Dementsprechend wurde der Steuerbordanker mit seiner gesamten Kettenlänge ausgebracht.

Mit Hilfe von sechs zum Havaristen beorderten Schleppern gelang es dem äußerst
umsichtig agierenden Lotsen des Schiffes – auch Kapitän und Crew werden für ihr Verhalten ausdrücklich von der BSU gelobt – in den folgenden Stunden, das Verholen des Schiffes in Richtung Süden zu einer ca. 0,8 sm entfernten tieferen Stelle in der Elbe zu organisieren, um dort vor Anker auf das nächste Hochwasser zu warten, heißt es in dem BSU-Bericht.

Eine drohende Grundberührung konnte dadurch verhindert werden. Auf der Notankerposition gelang es der Schiffsbesatzung, die Hauptmaschine wieder
einsatzklar zu machen. Die »Cape Leonidas« konnte dadurch nach dem Einsetzen
des Hochwassers ab dem späten Nachmittag mit vorsorglicher Schlepperassistenz
aus eigener Kraft den vorgesehenen Liegeplatz in Hamburg ansteuern.

Wie die Behörde weiter schreibt, verdichteten sich anlässlich der Voruntersuchung des Vorkommnisses die Hinweise darauf, dass die zwei Tage vor dem Maschinenausfall anlässlich der Einfahrt in eine Umweltschutzzone (SECA) in der Nordsee vorgeschriebene Umschaltung der Kraftstoffversorgung auf schwefelarmen Brennstoff zu Problemen im Kraftstoffsystem geführt hatte. Um dies näher zu prüfen und einen etwaigen Zusammenhang mit dem späteren Maschinenausfall zu identifizieren, beauftragte die BSU einen externen Sachverständigen. »Dessen sehr aufschlussreiches Gutachten, das sich u. a. auf die labortechnischen Untersuchungen der verwendeten Treibstoffe und einer defekten Einspritzdüse stützt, bestätigte den Zusammenhang«, so der Report.

Entsprechend folgt ein Kommentar, der für die Bewertung umweltpolitischer Vorgaben und ihrer Auswirkungen in der Schifffahrt wichtig ist: »Die Untersuchung des Maschinenausfalls hat einmal mehr die grundsätzliche Erkenntnis bestätigt, dass technische, den Schiffsbetrieb und/oder die Schiffskonstruktion betreffende Maßnahmen, die der Erhöhung des Umweltschutzes dienen und Ergebnis diesbezüglicher internationaler Vereinbarungen und Regelwerke sind, zu neuartigen Risiken im Hinblick auf einen sicheren Schiffsbetrieb führen, die dann ihrerseits große Gefahren für Schiffsbesatzungen und die
Umwelt zur Folge haben können.« Umso wichtiger sei es daher, insbesondere auch anlässlich der Aus- und Fortbildung der Seeleute, unbedingt die erforderliche Beachtung zu schenken.

Die Ursache

Der Sachverständige kommt zu dem Schluss, dass höchstwahrscheinlich thermische Einwirkungen zwei Tage vor der Havarie zum Verklemmen eines der beiden Einspritzventile von Zylinder Nr. 5 der Hauptmaschine geführt haben. Dadurch sei dessen Abgastemperatur dauerhaft abgefallen. Ursache für die thermischen Einwirkungen wiederum war  wohl das zu schnelle Umschalten auf den schwefelarmen Kraftstoff. »Fest steht, dass die zeitliche Vorgabe in der im Maschinenkontrollraum ausgehängten Betriebsanweisung für die Umschaltprozedur unterschritten wurden und der Defekt des Einspritzventils höchstwahrscheinlich in unmittelbarer zeitlicher Nähe dazu eintrat«.

Die BSU schließt sich der Auffassung des Experten ausdrücklich »vorbehaltlos« an, dass das zu schnelle Umschalten in entscheidendem Maße durch die nicht eindeutige bzw. nicht klar verständliche Formulierung in der Betriebsanweisung begünstigt wurde, nach der die Umschaltung eine Zeit von »etwa« 45 bis 60 Minuten »benötigt«. »Die fragliche Formulierung kann von Personen ohne vertiefte Kenntnisse der auftretenden physikalischen Effekte so interpretiert werden, dass diese Angabe als Höchstdauer zu verstehen ist«, heißt es weiter. Tatsächlich handele es sich aber um die Mindestdauer, die unbedingt zu beachten sei. Das wurde den Angaben zufolge auch bereits beim Bordbesuch mit den Schiffsingenieuren besprochen, die eine Änderung des Aushangs ankündigten.