Tanker Detail Symbolbild

Zum Ende der letzten Woche sind die VLCC-Raten auf der Referenzroute Arabischer Golf-China zum ersten Mal seit dem 10. März unter 100.000 $/Tag gefallen. Geht es ab hier abwärts oder ist das nur ein kurzfristiger Trend?

Poten & Partners schätzte die Erträge der VLCCs auf dieser Route am Freitag auf [ds_preview]76.500 $/Tag, etwa 33.000 $/Tag unter Vortagswert. »Dies ist zwar immer noch eine respektable Zahl, aber bei weitem nicht so hoch wie die Rekordwerte, die wir in den letzten Wochen gesehen haben. Tatsächlich befinden sich diese VLCC-Raten auf dem niedrigsten Stand seit dem 10. März, kurz nachdem das vorherige OPEC+-Abkommen endete und kurz bevor eine saudische Charter-Goldgrube den Markt in großem Stil angefeuert hat«, so der Broker.

Ob dies nur ein vorübergehender Einbruch oder ein Vorbote noch niedrigerer Raten in naher Zukunft ist, lässt sich noch nicht mit Sicherheit sagen. Die wenigen zur Verfügung stehenden Daten kombiniert Poten mit anekdotischen Informationen, um eine Antwort zu finden.

Am 1. Mai 2020 sind die jüngst vereinbarten OPEC+-Förderkürzungen inkraft getreten. Das wird sich zweifellos auf die Nachfrage nach Schiffen auswirken, vor allem im Vergleich zur Nachfrage nach Schiffen in Tonnenmeilen im April, als die wichtigsten OPEC-Exporteure mit voller Kraft produzierten, um in einen Preiskrieg ihre Marktanteile zu maximieren.

Produzenten reduzierten schon vorzeitig

An AIS-Daten lässt sich ablesen, dass einige Produzenten bereits Ende April damit begonnen haben, Produktion und Exporte zu drosseln, als es immer schwieriger wurde, Abnehmer für ihr Öl zu finden. Die irakischen Exporte lagen im April um mehr als 150.000 b/d niedriger als im März. Auch westafrikanische Produzenten begannen vor dem Stichtag 1. Mai mit der Drosselung. Nigeria und Angola zusammengenommen verringerten ihre Produktion um mehr als 200.000 b/d. Sogar Saudi-Arabien und Kuwait reduzierten Produktion und Exporte frühzeitig.

Wie Poten nun berichtet, haben sich die vorzeitigen Kürzungen auf die Marktaktivitäten und die Psychologie der Schiffseigner ausgewirkt, insbesondere bei den Wagniskapitalbeteiligungsgesellschaften. Letzte Woche wurden zudem die Ölmärkte von den Nachrichten über die negativen WTI-Rohölpreise beherrscht, dazu kamen Berichte über mangelnde Lagerkapazität – und die Nachfrage nach schwimmender Lagerung ging durch die Decke.

Schwimmende Lager bald auch an de US-Küste und in Europa?

»Seitdem haben sich die Ölpreise leicht erholt. Dadurch hat sich das Contango auf den Ölmärkten etwas verringert. Dies bedeutet im Grunde genommen, dass die Händler es sich leisten können, weniger für schwimmende Lagerung zu bezahlen. Wenn wir in den Mai hineingehen und die reduzierten Fördermengen der OPEC+ zum neuen Normalfall werden, wird interessant, wie sich der Tankermarkt entwickelt«, meint der Broker.

Die meisten der VLCCs, die in den letzten Wochen für die schwimmende Lagerung gefixt wurden, müssen noch beladen werden. Sobald dies der Fall ist, werden sie nach Meinung der Experten entweder im Arabischen Golf bleiben oder zu einem der wichtigsten schwimmenden Lagergebiete im Fernen Osten fahren. Außerhalb dieser beiden Gebiete sei die schwimmende Lagerung (d.h. die Schiffe bleiben mindestens 20 Tage lang stationär) noch relativ begrenzt, aber es sei zu erwarten, dass in Zukunft mehr Schiffe tatsächlich Rohöl an der Westküste der USA, im Golf der Vereinigten Staaten und in Europa lagern werden, heißt es.

»Über die Zeit betrachtet bedeutet die Beschäftigung von mehr Schiffen in der schwimmenden Lagerung, dass der Pool an verfügbarer Tonnage, die für Spot-Reisen zur Verfügung steht, allmählich abnehmen wird. Solange die weltweite Rohölproduktion die Nachfrage übersteigt, wird es einen Bedarf an zusätzlicher schwimmender Lagerung geben und der Markt für die größeren Rohöltanker wird stark bleiben. Sobald sich die Nachfrage so weit erholt, dass sie die Produktion übersteigt, wird sich die Situation ändern«, so Poten & Partners.

Wenn das passiere, werde sich die Sitaution bei der schwimmenden Lagerung entspannen, und die Schiffe kämen wieder auf den Markt. Wann genau dies geschehen könnte und wie sich das auf die Tankermärkte auswirken könnte, wollen die Experten in der nächsten Woche zu prognostizieren versuchen.