Atair, BSH
© BSH

Es hat einige Zeit länger gedauert, doch nun ist die »Atair« im Dienst: Sie ist künftig das größte Schiff der BSH-Flotte und das erste mit LNG-Technologie.

Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) [ds_preview]hat am gestrigen Montag das Vermessungs-, Wracksuch- und Forschungsschiff »Atair« abgenommen. Als größtes und modernstes Schiff ist der Neubau der Fassmer-Werft auch das erste seegehende Behördenschiff mit LNG-Antrieb. Die erste Monitoring-Fahrt soll im Oktober 2020 auf der Nordsee stattfinden. Die feierliche Indienststellung ist wegen der Infektionsgefahr mit COVID-19 erst für Frühjahr 2021 geplant.

Die Besatzung der »Atair« werde die nächsten Monate nutzen, um die Arbeitsabläufe an Bord zu trainieren, teilte das BSH mit. Zusammen mit den Wissenschaftlern sollen alle Arbeitsabläufe für den Einsatz erprobt werden.

Wracksuche und Vermessungen

In der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee, in Einzelfällen auch in den Küstenmeeren, wird die »Atair« künftig für Vermessungsarbeiten und die Wracksuche sowie andere Untersuchungen eingesetzt. Auch die Erprobung von Navigationsausrüstungen für die Schifffahrt gehört zu den Aufgaben.

Zudem soll die »Atair« über ihre mobile Station Schiffsemissionen messen und ist damit Teil eines Netzwerkes, das derzeit an den deutschen Küsten aufgebaut wird. Auch für Voruntersuchungen von Flächen für Offshore-Windparks ist das Schiff geeignet.

LNG oder MGO

Die »Atair« nutzt ein diesel-gas-elektrisches Antriebskonzept. Die Stromerzeugung für die elektrischen Antriebs- und Manövrieranlagen erfolgt durch zwei Dual-Fuel-Motoren, von denen einer ausschließlich mit Gas (LNG) betrieben wird. Mit einem 130 m³ großen LNG-Tank kann das Schiff zehn Tage ausschließlich mit LNG betrieben werden. Ein weiterer Dieselmotor ist als Redundanz vorgesehen, wenn die Gasversorgung ausfallen sollte oder LNG nicht in ausreichenden Mengen gebunkert werden kann.

Bei der Nutzung von Erdgas werden die Emissionen von Schwefeldioxid (SOx) um 90% und von CO2 um 20% gesenkt. Feinstaub fällt so gut wie überhaupt nicht mehr an. Der zweite Dual-Fuel-Motor, der auch für den Dieselbetrieb vorgesehen ist, sowie ein weiterer Dieselmotor sind mit einer modernen Abgasnachbehandlung und einem Rußpartikelfilter ausgestattet, damit werde die Abgasnorm IMO Tier III erfüllt. Während des möglichen Dieselbetriebs wird ausschließlich Marinegasöl mit einem Schwefelgehalt von unter 0,1% verwendet.

Unterwasser-Lärm reduziert

Technisch neu ist der niedrige Unterwasserschallpegel dank dem modernen Propeller. Die »Atair« erfüllt als erstes deutsches Forschungsschiff überhaupt die »Silent R«- Anforderungen der Klassifikationsgesellschaft DNV-GL.

Die wissenschaftliche Ausrüstung beinhaltet umfangreiche Hebeeinrichtungen, modernste Forschungswinden, eine Vermessungsanlage mit Seiten- und Voraussichtsonar, ein Sedimentlot, Fächerlot, Strömungsmesser, ein Unterwasser-Positionierungssystem und einen Hydrographenschacht zur temporären Installation von Unterwassergeräten. Die Einrichtung zur Messung der Emissionen vorbeifahrender Schiffe wird das BSH noch installieren. Hinzu kommen eine komplette Taucherausrüstung mit Taucherdruckkammer und Reinluftatemkompressor. Für die Flachwasservermessung sind zwei 10 m lange Vermessungsboote vorgesehen.

Den 18 Besatzungsmitgliedern und den bis zu 15 Wissenschaftlern stehen ausschließlich Einzelkammern mit jeweils eigener Nasszelle, modernsten Infotainment-Systemen, Sauna und ein Fitnessraum zur Verfügung. Damit entspricht das Schiff den Anforderungen, die an die Ausstattung der Räume für die Besatzungsmitglieder in der Kauffahrteischifffahrt gestellt werden.