Morgen wird der neue Präsident der USA gewählt. Trump oder Biden – welcher Kandidat wäre aus Sicht der Schifffahrtsmärkte besser? Für zwei Sektoren könnte ein Sieg Bidens Vorteile bringen.
[ds_preview]Der Branchendienst VesselsValue hat sich dieser Frage gewidmet und die wichtigsten Marktsegmente unter die Lupe genommen. Die protektionistische Politik von Trump hat sich bisher negativ auf den Containerhandel zwischen den USA und China ausgewirkt. Denn die chinesischen Containerexporte in die USA sind ein wichtiger Motor für die Schifffahrtsnachfrage sind. Zum jetzigen Zeitpunkt ist unklar, ob Biden gegenüber China nachsichtiger sein würde, aber seine Aussagen deuten darauf hin, dass er die Vorteile des internationalen Handels eher anerkennt als Trump.
Darüber hinaus wird die Nachfrage nach Containerschiffen von der Wirtschaftstätigkeit und den damit verbundenen Verbraucherausgaben angetrieben. Die jüngste Geschichte hat gezeigt, dass Trump bei der Stimulierung sehr locker war, was zu rekordverdächtigen Aktienmärkten und steigenden Verbraucherausgaben geführt hat. Derzeit schlagen die Demokraten jedoch ein weitaus größeres Konjunkturpaket vor als die Republikaner. Mehr Anreize, insbesondere in der Folge der Covid-19-Pandemie, sollten nach Einschätzung von VesselsValue zu mehr Verbraucherausgaben führen, die den Containermärkten zugute käme. Allerdings gelte das nur solange die Eigentümer davon absähen, zu viele neue Schiffe zu bestellen und ein Überangebot zu verursachen, so der Branchendienst.
Bulker für Biden
Trumps Handelskrieg mit China hatte insbesondere den US-Massengutexporten geschadet. Das Handelsabkommen vom Januar 2020 hat dies in letzter Zeit etwas umgekehrt, aber es ist wahrscheinlich, dass Trump den Handelskrieg fortsetzen wird, was für Bulker schlecht sein könnte. Seit 2018 ist der Dry Bulk-Handel von den USA nach China viel weniger konsistent als in den Vorjahren, was mit dem Zeitpunkt korreliert, als Trump begann, Strafzölle für China festzulegen, und umgekehrt. Die saisonalen Spitzenwerte haben die Höchstwerte der Vorjahre nicht erreicht, obwohl vor dem 19. November dieses Jahres die Importe nach China allmählich wieder schrittweise zu steigen begannen.
Im Februar und März gingen die Importe infolge der Pandemie zurück, aber seit Juli, als die Nachfrage sich zu erholen begann, folgten die Importe einem Aufwärtstrend und stiegen von Juli auf September um 140 %. Dies deutet darauf hin, dass das von beiden Ländern im Januar 2020 unterzeichnete Handelsabkommen, in dem China sich bereit erklärte, seine US-Importe in den nächsten zwei Jahren zu erhöhen, wirkt. Es besteht nach Einschätzung von VesselsValue jedoch ein »reales Risiko weiterer handelskriegsähnlicher Aktionen«, wenn Trump wiedergewählt wird. Daher erwarten die Analysten, dass die Eigentümer von Bulkern einer Biden-Präsidentschaft optimistischer entgegenblicken, obwohl seine Einstellung zum Handel mit China noch nicht klar ist.
Tanker für Trump
Vor allem am Rohöltankermarkt scheint die Sache klar zu sein. So seien die US-amerikanische Rohölproduktion und der Export von Trump egünstigt worden. Das war für den Tankermarkt von Vorteil, da die größten Importeure von US-Rohöl in Asien sitzen. Asien ist weiter von den USA entfernt als der Nahe Osten, wodurch sich die Ladungsmeilen erhöhen, das Schiffsangebot verknappt wird und die Tankermärkte in die Höhe getrieben werden.
Dagegen hat Biden im Rahmen seiner Kampagne eine Politik angekündigt, die auf kohlenstoffarme Energiealternativen setzt. Neben Investitionen in sauberere Energien wird von ihm auch erwartet, dass er die Schieferölproduktion der USA einschränkt und damit die Exporte begrenzt. Diese Politik könnte sich negativ auf die Charterraten auswirken, insbesondere für den Langstreckenverkehr zwischen den USA und Asien, der in jüngster Zeit eine wichtige Triebkraft des Marktes war. Dann wäre Asien stärker auf Importe aus der Golfregion im Nahen Osten angewiesen, was zu einer Verringerung der Ladungsmeilen und der damit verbundenen Charterraten führen könnte.
Seit der Aufhebung des US-Exportverbots für Rohöl im Dezember 2015 (unter Obama) haben die Rohölexporte zugenommen und sind mit Beginn der Präsidentschaft von Trump im Jahr 2017 noch stärker gewachsen. Rohöltanker-Tonnenmeilen aus den USA nahmen im ersten Jahr von Trumps Präsidentschaft um 159 % zu und erreichten Ende 2017 insgesamt 62,5 Mrd. t/sm. Seitdem haben sich die Tonnenmeilen wieder fast verdoppelt und im Juli dieses Jahres einen Höchststand von 123,7 Mrd. t/sm erreicht. Der größte Anteil des Rohöls geht nach Asien. Südkorea ist mit einem Anteil von 6,2 % (17.301.637 t) an den Gesamtexporten zum wichtigsten Importeur von US-Rohöl geworden. China folgt dicht dahinter mit 16.151.619 tT.
Iran-Sanktionen
Trump hat sich in seiner Amtszeit für die Verhängung schwerer Sanktionen und Zölle ausgesprochen, die sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Tankermärkte haben. Die Sanktionen, die er u.a. gegen Venezuela und den Iran verhängte, haben den US-Rohölexporten in gewisser Weise geholfen. 2018 verhängte Trump zusätzliche Sanktionen gegen Käufer iranischen Öls, wodurch die Ölexporte des Landes fast über Nacht einbrachen. Das verschaffte den USA einen größeren Marktanteil für ihr wachsendes Exportgeschäft.
VesselsValue erwartet, dass Biden diese Sanktionen neu bewerten und bis zu einem gewissen Grad lockern würde. Der Iran liegt viel näher an Asien als die USA, so dass eine geographische Verlagerung von Exporten dem Tankermarkt schaden könnte.
Im Jahr 2019 setzte Trump außerdem eine Reihe von Schiffen und Unternehmen, die des Handels mit sanktionierten Ländern beschuldigt wurden, auf die schwarze Liste. Dies hatte zur Folge, dass die Zahl der auf dem Markt verfügbaren Schiffe reduziert und die Tankerraten kurzfristig in die Höhe getrieben wurden.
Obwohl dieser Effekt nur von kurzer Dauer war, profitierte der Tankermarkt von einem begrenzten Angebot und der damit verbundenen Volatilität nach oben, was zu einigen großen Gewinnen für Tankerreeder führte. »Politische Volatilität ist tendenziell gut für Tanker, Trump ist volatil, so dass Tankerbesitzer wahrscheinlich Trump bevorzugen würden«, meinen die Analysten.