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Methanol, Ammoniak oder Wasserstoff – was wird der Kraftstoff der Zukunft und wie sieht das dazu passende Einspritzsystem aus? Hersteller wie Woodward L’Orange arbeiten an verschiedenen Technologien. Letztlich kommt es darauf an, welches Ziel verfolgt wird

Im Sinne einer Wende zu mehr Nachhaltigkeit gilt es, sich unabhängig von foss[ds_preview]ilen Kraftstoffen zu machen. Am Beginn einer künftigen Energieversorgung stehen regenerative Quellen wie Photovoltaik oder Windräder, die beide letztlich elektrische Energie liefern. Wird chemische Energie gebraucht, rückt Wasserstoff in den Fokus, der relativ einfach über Elektrolyse gewonnen werden kann.

In maritimen Anwendungen, und insbesondere bei solchen mit großen Reichweiten, erscheint sowohl die elektrische Energiespeicherung in Batterien als auch der reine Wasserstoff aufgrund der niedrigen Speicherdichte beziehungsweise der hohen Aufwände für die Speicherung eher ungeeignet. Hier kommt eine weitere Energiewandlung in Frage, bei der aus Wasserstoff unter Zuhilfenahme von CO? beziehungsweise Stickstoff aus der Luft ein sogenannter PTX-Kraftstoff wie Methan, Methanol oder Ammoniak erzeugt wird. Durch »Capturing« aus der Luft wird dabei der CO?-Kreislauf bei kohlenstoff-haltigen Kraftstoffen über die Atmosphäre geschlossen.

Es ist abzusehen, dass Marineanwen­dungen flächendeckend erst in einer späteren Phase auf regenerative Kraftstoffe umstellen werden und dass es eine Übergangszeit geben wird, innerhalb derer die Verfügbarkeit von Kraftstoffen ihren Einsatz und die dabei eingesetzte Technologie bestimmt. Derzeit werden insbesondere vier regenerativ gewonnene Kraftstoffe diskutiert (siehe Tabelle): Der Phasenzustand und die Giftigkeit bestimmen maßgeblich den Aufwand bei der Lagerung und beim Handling an Bord. Kryogenes Methan ist in der Marine durch LNG bekannt und darf als gut beherrschbar bezeichnet werden. Methanol kann ähnlich wie herkömmlicher Diesel-Kraftstoff in Flüssigtanks gelagert werden, wenngleich der Umgang mit dem als Nervengift geltenden Kraftstoff durchaus herausfordernd ist. Ammoniak und Wasserstoff werden heute industriell beherrscht, der Aufwand im Marinebereich ist allerdings nicht unerheblich.

Dual-Fuel-Varianten

Im Verbrennungsmotor des Antriebssystems werden künftig sehr unterschiedliche Verfahren zur Verbrennung von PTX Kraftstoffen zum Einsatz kommen. Heutige Gasmotoren sind üblicherweise als Dual-Fuel-Motoren ausgeführt. Sie können alternativ mit Gas oder mit Diesel betrieben werden.

Als besonders effizientes und mit Blick auf den Methanschlupf hervorragendes Brennverfahren zeichnet sich dabei das Gas-Diesel-Brennverfahren aus. Auf der Basis dieses Einspritzsystems wurde bei Woodward L’Orange eine ganze Familie von Dual-Fuel Injektoren entwickelt, mit denen neben Methan auch Methanol, Ammoniak und prinzipiell auch Wasserstoff sehr effizient, mit hoher Leistungsdichte und Robustheit verbrannt werden kann. Es handelt sich bei diesen Anwendungen um Dieselbrennverfahren (heterogene Verbrennung), bei denen jedoch die Zündung des mit Hochdruck eingedüsten PTX- Kraftstoffs durch einen Dieselpiloten initiiert wird, da die Selbstzündung der PTX Kraftstoffe analog zum Einsatz von flüssigem Dieselkraftstoff nicht erreicht wird. Diese Verbrennungssysteme kommen dann zum Einsatz, wenn die regenerativen Kraftstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung stehen und die Anwendungen durch die Kraftstoffkosten dominiert sind. Der Dieselbetrieb des Dual-Fuel-Modes gilt dabei als Fall-back-Lösung zum Betrieb mit den PTX-Kraftstoffen. Eine von LNG schon heute bekannte Nutzungsvariante ist der Gasbetrieb in lokalen Zonen, in denen Kraftstoffe oder Emissionen stärker reglementiert sind.

Die Drucker­zeugung erfolgt aus energetischen Gründen in der Regel in der Flüssigphase, weshalb das Einspritzsys­tem für Druckgasspeicher eher ungeeignet ist. Die Investitionskosten für Injektoren und die Hochdruckerzeugung ist im Vergleich zu den heute bekannten Dieselsystemen auf Grund der Komplexität der Mehrdüseninjektoren höher.

Wesentlich einfacher stellt sich ein Niederdruck-Dual-Fuel-Gasmotor dar, bei dem der PTX-Kraftstoff flüssig oder gasförmig über den Ansaugtrakt eingeleitet und durch Pilotinjektoren, beziehungsweise pilotfähige Hauptinjektoren gezündet wird. Soll der PTX-Kraftstoff nur anteilig verbrannt werden, dienen die Dieselinjektoren dazu, neben der Zündung auch den Rest der umzusetzenden Energie beizusteuern.

Typisch für diese Brennverfahren sind niedrigere Leistungsdichten und ein niedrigerer Wirkungsgrad im Vergleich zu den oben beschriebenen Hochdruck-Verfahren. Aber es fallen im Gegenzug aber auch geringere Kosten für das Einspritzsystem an. Auch diese Motorvarianten werden derzeit für PTX-Kraftstoffe ertüchtigt. So qualifiziert Woodward L’Orange die SOGAV-Gasventile für die Verwendung von Wasserstoff oder gasförmigen Ammoniak. Gleichzeitig entsteht eine Familie von Port-Fuel-Injektoren (PFI), mit denen flüssiges Methanol in den Ansaugtrakt eingebracht wird. Die Verbrennung der PTX-Kraftstoffe erfolgt in Verbindung mit einer Dieselverbren­nung durch den im Brennraum vorhan­denen Hauptinjektor. Diese Verfahren sind eine Variante für PTX-Retrofit-Lö­sungen, wo mit wenig Aufwand beste­hende Motoren zumindest bis zu einem bestimmten Grad mit regenerativen Kraftstoffen genutzt werden können.

Diese Varianten werden als Brücken­lösung eingesetzt, solange PTX-Kraftstoffe schwer verfügbar oder im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen sehr teuer sind, ein Einsatz aber beispielsweise unumgänglich ist, um striktere GHG-Emissionsvorschriften der IMO einzuhalten.

Mit solchen Einspritzsystemkonstella­tionen können aber auch HCCI/RCCI-Brennverfahren eingesetzt werden, wo durch eine geschickte Dosier- und Brennraumüberwachungsstrategie mit gasförmigem PTX-Kraftstoff und flüssigem Diesel ein selbstzündendes Gemisch erzeugt wird, mit dem sehr effiziente Brennverfahren mit niedrigen Emissionen dargestellt werden können. Etabliert ist diese Technologie bislang für Marinemotoren allerdings noch nicht.

Mono-Fuel Varianten

Selbstverständlich ist es denkbar, die oben beschriebenen PTX-Hochdruckbrennverfahren auch mit einem sehr kleinen Pilotinjektor auszustatten und damit quasi ein Mono-Fuel-Verfahren darzustellen, um alle Vorteile eines Hochdruckverfahrens (Diesel-Prinzip) zu nutzen. In der Regel wird aus Sicherheitsgründen jedoch in maritimen Anwendungen bislang nicht auf den vollen Dieselbetrieb als Rückfalloption verzichtet.

Methan, Methanol und Wasserstoff können problemlos auch in reinen Mono-Fuel-Motoren (Otto-Prinzip) betrie­ben werden. Dabei wird der Kraftstoff entweder ins Saugrohr dosiert und durch eine Zündkerze oder eine Vorkammer gezündet. Etwas aufwendiger, aber dafür mit Vorteilen bei Verbrauch und Leistungsdichte ist die Direkteinspritzung während des Ansaug- oder Verdich­tungstaktes bei mittlerem Dosierdruck direkt in den Zylinder. In beiden Fällen wird der Kraftstoff mit Luft vermischt und homogen verbrannt.

Insbesondere bei Wasserstoff ist die Direkteindüsung (DI) das Mittel der Wahl, um hohe Leistungsdichten darzustellen, da der Wasserstoff im Saugrohr sehr viel Verbrennungsluft verdrängt und diese dann nicht mehr im Zylinder zur Verfügung steht. Der konstruktive Aufwand zur Unterbringung von Dosier- und Zündsystem im Zylinderkopf ist hoch, da der zur Verfügung stehende Einbauraum beschränkt ist. Mono-Fuel-Brennverfahren mit Ammoniak mit Saugrohr- oder Mitteldruck-Direkteindüsung sind aufgrund der schlechten Zündeigen­schaften derzeit nicht in Diskussion.

Welcher Beitrag zur GHG-Reduktion ist zu erwarten? Wasserstoff und Ammoniak sind kohlenstofffreie Kraftstoffe, setzen also bei der Verbrennung keine CO?-Emissionen frei. Ammoniak besteht jedoch zu einem Großteil aus Stickstoff. In Verbindung mit Verbrennungsluft ist in der Reaktionskette mit Lachgas (N2O) zu rechnen, das einen extrem hohen GHG-Faktor aufweist und daher nur in sehr geringen Konzentrationen aus dem Motor austreten darf. Das wird bei Ammoniak-Brennverfahren eine besondere Herausforderung bei der innermotorischen Umsetzung beziehungsweise bei neuen Abgasnachbehandlungssystemen sein.

Bei Methanol wird der CO?-Kreislauf über die Atmosphäre bei der Kraftstofferzeugung geschlossen. Es ist somit mit einer neutralen CO?-Bilanz zu rechnen. Alle Mischverfahren mit Beteiligung von fossilen Kraftstoffen werden eine Teilbeitrag leisten, der im Bereich von bis zu etwa 50 %-igen Reduktion liegen kann.

Methan bleibt ein kontrovers diskutierter Brennstoff. Sobald Methan unverbrannt emittiert wird, wird ein GHG mit relativ hohem Gewichtungsfaktor emittiert. Selbst bei regenerativ hergestelltem Methan kommt es darauf an, neben der Methan-Emission in der Kraftstoffkette den sogenannten Methanslip eines Motors auf ein Minimum zu reduzieren. Hochdruck-Gas-Diesel-Brennverfahren, wie oben beschrieben, weisen hier eine äußerst positive Bilanz auf, während die meisten homogenen Gas-Brennverfahren hier höhere Werte aufweisen.

Die Qual der Wahl

Die Entscheidung für den richtigen Kraftstoff, das richtige Brennverfahren und das richtige Einspritzsystem ist letztlich eine kommerzielle Optimierungsaufgabe, die durch entsprechende Randbedingungen und Ziele definiert wird und sich in den kommenden Jahren kontinuierlich mit der Verfügbarkeit und dem Preis rege­nerativer Kraftstoffe verändern wird. Woodward L’Orange bereitet sich als Hersteller mit seinem Produktprogramm auf die gesamte Palette von Kraftstoffen und Einspritzsyste­men vor, und rechnet damit, dass viele der beschriebenen Varianten zum Einsatz kommen werden.

Autor: Michael Willmann, Director Technology (LOR), Woodward L’Orange GmbH

Homogene PTX-Verbrennung: Dosierung im Saugrohr und Zündung durch Diesel © Woodward L’Orange
Homogene PTX-Verbrennung: Dosierung im Saugrohr und Zündung durch Diesel © Woodward L’Orange