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Die Wyker Dampfschiffs-Reederei ist über Zustand der Fahrrinne vor Dagebüll besorgt. Dieser führt nicht nur zu Fahrplanänderungen auf der Föhr-Amrum-Linie, sondern gefährdet auch zuverlässige und ungestörte Versorgung der Nordseeinseln, teilt die Reederei jetzt mit.[ds_preview]

Die Zahl der wasserstandsbedingten Fahrplanänderungen auf der Strecke Dagebüll – Wyk/ Föhr – Wittdün/ Amrum habe in den vergangenen Wochen deutlich zugenommen. Grund hierfür sei der schlechte Zustand des Fahrwassers vor Dagebüll. Eine Verbesserung der Situation ist laut W.D.R. nicht in Sicht, weshalb man mit Blick auf die Zuverlässigkeit der Inselversorgung besorgt sei.

Die stabile Wetterlage mit häufigem Ost- oder Nordostwind bereitet der W.D.R. zunehmend Schwierigkeiten, heißt es. Bei Ebbe liegen die Wasserstände regelmäßig deutlich unter dem mittleren Niedrigwasser, am vergangenen Wochenende 30.04./01.05. betrug die Abweichung zwischen einem und zwei Metern. »Das hört sich nicht viel an, in der Praxis bedeutet diese Abweichung jedoch, dass wir über Niedrigwasser den Dagebüller Hafen nicht mehr anlaufen können«, sagt W.D.R.-Inspektionsleiter Kapitän Christ Tholund ein. Infolgedessen kommt es zu umfangreichen Fahrplanänderungen sind die Folge.

Engpass bei Tonne 43

Eigentlich sollte das Fahrwasser im Wattenmeer im Frühjahr in einem guten Zustand sein, so die W.D.R., da in den Wintermonaten die »Fahrwasserpflege« von Spezialschiffen im Auftrag der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt bzw. in den einzelnen Häfen durch die Hafenbetreiber durchgeführt wird.

»Auch in den letzten Monaten waren wieder Arbeitsschiffe im Einsatz, der Erfolg ist jedoch sehr überschaubar«, so Christ Tholund. Angestrebt war im Dagebüller Fahrwasser auf 30 m Breite eine Solltiefe von 2,10 m. Eine Peilung am 19. April hat allerdings gezeigt, dass dieses Ziel in weiter Ferne liegt: Gerade im Bereich der Tonne 43 liegen die tatsächlich erreichten Tiefen um 1,80 m, teilweise sogar bei nur 1,60 m. »Unsere Schiffe kommen dort auch bei normalem Niedrigwasser einfach nicht mehr durch«, so Kapitän Tholund.

Schäden durch Grundberührungen seien bereits entstanden. So entstand kürzlich an der »Norderaue« ein Schaden am Antrieb in Höhe von etwa 50.000 €. »In der Praxis können wir auf der Föhr-Amrum-Linie kaum noch einen tidefreien Fahrplan anbieten«, sagt Christ Tholund ein. Mit einer Verbesserung des Fahrwasserzustands sei zudem vor dem nächsten Winter kaum zu rechnen, da Fahrwasserarbeiten nur unterhalb von zwölf Grad Wassertemperatur durchgeführt werden dürfen.

»Für die zuverlässige Inselversorgung Föhrs und Amrums ist das keine gute Nachricht«, sagt W.D.R.-Geschäftsführer Axel Meynköhn. Wie die Fahrplanpraxis in den kommenden Monaten aussehen wird, hänge nach seinen Worten von der Wetterlage im Sommer 2022 ab: »Ein schöner Sommer mit viel Ostwind wird unweigerlich zu vielen weiteren Fahrplanänderungen führen«.

Lösung: Einsatz von Hopperbaggern

Für den kommenden Winter wünscht sich die Reederei vor allem eine intensivere Abstimmung zwischen der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt und den Hafenbetreibern. So würden Tholund zufolge aktuell noch Spülarbeiten in Dagebüll laufen. »Ich befürchte, dass sich die hier gelösten Sedimente draußen im Dagebüller Fahrwasser ablagern und die Wassertiefe dort noch weiter verringern könnten«, sagt er.

Kaum bewährt hat sich nach seiner Ansicht auch der seit einigen Jahren vermehrt praktizierte Einsatz des sogenannten Injektionsverfahrens. Hierbei wird nicht gebaggert, vielmehr »schwebt« ein Sprühbalken etwa einen halben Meter über dem Meeresboden. Unter hohem Druck wird Wasser aus den Düsen dieses Balkens gesprüht, um Schlick und Sand aufzuwirbeln. Die gelösten Sedimente sollen dann mit dem Ebbstrom abfließen. Als Vorteil dieses Verfahrens wird seine bessere Umweltverträglichkeit ins Feld geführt. »Die Idee ist grundsätzlich gut, bei unseren spezifischen Verhältnissen funktioniert sie aber nur sehr eingeschränkt. Gelöste Sedimente werden nicht weit genug weggetragen und lagern sich bald wieder ab«, sagt Tholund.

Wirklich effektiv sei hingegen der Einsatz von Hopperbaggern, der jedoch zugunsten des Injektionsverfahrens nur noch begrenzt erfolgt. Tholund hoffe hier auf ein Umdenken. Ansonsten würde sich der Zustand des Fahrwassers weiter verschlechtern, und man müsste sich von der Tidenunabhängigkeit der Föhr-Amrum-Linie schon bald »gänzlich verabschieden«. Die Folge wäre ein Tidefahrplan mit täglich wechselnden Fahrtzeiten. »Für die zuverlässige und ungestörte Versorgung der beiden Inseln sowie für den Tourismus wäre das ein schwerer Schlag«, ist Axel Meynköhn überzeugt, »es geht um nicht weniger als die öffentliche Daseinsvorsorge der Inseln.«