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Grau- und Schwarzwasser in Polargebieten, Waschwasser und Ladungsrückstände – ein stetig bearbeitetes Feld, in dem es aber noch Regulierungslücken gibt. Derzeit laufen zwei Forschungsvorhaben in Deutschland. Auch bei der IMO steht die Thematik auf der Agenda

Die Arktis und Antarktis sind mit ihren empfindlichen Ökosystemen besonders schüt[ds_preview]zenswert. Dem gegenüber steht ein wachsendes wirtschaftliches und touristisches Interesse an diesen Regionen. So hat sich nach Angaben des internationalen Verbandes der Reiseveranstalter mit Zielgebiet Antarktis (IAATO) die Besucherzahl in der Südpolregion in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Die damit einhergehende Zunahme des touristischen Schiffsverkehrs – und in der Arktis auch des Frachtverkehres – geht mit höheren Belastungen und größeren Risiken für Verschmutzungen aus verschiedenen Quellen des Schiffsbetriebes einher. Dazu gehört auch die Einleitung von Grau- und Schwarzwasser durch Schiffe.

Das Umweltbundesamt (UBA) hat dazu das Prüf- und Entwicklungsinstitut für Abwassertechnik an der RWTH Aachen mit der Durchführung des Forschungsvorhabens »Einleitung von Grau- und Schwarzwasser durch Schiffe in den Polargebieten – Umfang, Auswirkungen und Regelungsoptionen« beauftragt. Das Vorhaben wird von einem Partnerverbund bearbeitet zu dem auch das Prüfinstitut für Abwassertechnik PIA, der Lehrstuhl für internationales Seerecht und Umweltrecht, Völkerrecht und Öffentliches Recht an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg, das Institut für nachhaltige Aktivitäten auf See (Inasea) sowie das Unternehmen Ankron Water Services gehört.

Ziel des Projektes ist es, Daten und Informationen über das Aufkommen von Schwarz- und Grauwasser an Bord von Schiffen in den Polargebieten zu sammeln, um entlang der arktischen und antarktischen Schifffahrtsrouten die Auswirkungen auf die Meeresumwelt, die mit den Einleitungen von jenem Schwarz- und Grauwasser verbunden sind, besser bewerten zu können. Hierzu werden in einem ersten Schritt Ergebnisse veröffentlichter Studien zu Abwassereinleitungen in die Meeresumwelt ausgewertet.

Diese Daten werden durch weitere Beprobungen an Bord von Schiffen in Arktis und Antarktis ergänzt. Das Augenmerk liegt auf Schadstoffen und Verunreinigungen, die typischerweise im Grauwasser vorkommen.

Deutsche Arktispolitik

Die international geltenden Anforderungen des »Polar Codes« an das Einleiten von Abwasser beziehen sich auf die IMO-Regulierung Marpol Annex IV und betreffen ebenfalls lediglich Schwarzwasser. Zwar existieren mit Blick auf die Arktis zum Teil nationale Regelungen, wie beispielsweise in Kanada und Alaska für den Umgang mit Grauwasser an Bord von Schiffen. International verbindliche Regelungen zu Grauwasser und dessen Einleitung in das Meer gibt es bislang allerdings nicht.

Anhand der Projektergebnisse sollen Rückschlüsse auf mögliche Auswirkungen der durch Schiffe verursachten Verschmutzungen auf die Meeresumwelt und die Flora und Fauna der Polargebiete gezogen werden. Diese sollen dazu beitragen, die Wirkungen von Abwassereinleitungen im Genehmigungsprozess nach dem Umweltschutzprotokoll-Ausführungsgesetz (AUG) besser bewerten zu können.

Das Forschungsprojekt soll eine fachliche Grundlage für die Umsetzung der 2019 von der Bundesregierung verabschiedeten »Leitlinien deutscher Arktispolitik« bieten, in welchen sich Deutschland zu einem konsequenten Klima- und Umweltschutz als wesentliches Element deutscher Arktispolitik bekennt.

Des Weiteren sollen mögliche Handlungsoptionen und rechtliche Regelungsvorschläge erarbeitet werden. Die gewonnenen Erkenntnisse können im Rahmen der IMO und der Antarktisvertragsstaatenkonferenzen (ATCM) eingebracht werden.

Ein weiteres Forschungsvorhaben beschäftigt sich mit der Verringerung des Eintrags von Ladungsrückständen fester Massengüter ins Meer.

Die Seeschifffahrt ist für Deutschland als hochindustrialisiertes Land von besonderer Bedeutung für den Außenhandel und für die Versorgung mit Rohstoffen. Die meistbeförderten Güter in der deutschen Seeschifffahrt sind Kohle, rohes Erdöl und Erdgas, gefolgt von Erzen, Steinen und Erden sowie chemischen Erzeugnissen.

Das internationale Meeresschutz-Abkommen Marpol adressiert bekanntlich den Schutz der Meeresumwelt vor negativen Einflüssen durch die Seeschifffahrt. Dies beinhaltet auch die Entsorgung von Ladungsresten fester Massengutladungen in Anlage V »Verhütung der Verschmutzung durch Müll« des Übereinkommens.

Ladungsreste fester Massengutladungen fallen als Feststoffe sowie als Bestandteil von Waschwasser an. Prinzipiell dürfen von Schiffen keine Ladungsreste von Stoffen ins Meer gelangen, die als schädigend für die marine Umwelt eingestuft sind. Darüber hinaus sind Einleitungen von Ladungsrückständen, die als nicht-schädigend eingestuft sind, in Sondergebieten nur in Ausnahmefällen erlaubt. Sowohl die Nord- als auch die Ostsee sind Sondergebiete. Dementsprechend sind in deutschen Häfen Auffangeinrichtungen für diese Abfälle vorzuhalten.

Auffangeinrichtungen in Häfen

Das Erreichen eines guten Umweltzustands der europäischen Meere ist auch das Ziel der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL). Im Rahmen der MSRL-Maßnahmen des zweiten Zyklus 2022–2027 wurde PIA vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) mit der Durchführung eines Projektes zur »Evaluierung von Auffangeinrichtungen und Entsorgungsbedingungen von Ladungsrückständen fester Massengüter« beauftragt. Das Projekt ist eine zusätzliche Maßnahme zur Erreichung oder Erhaltung des guten Umweltzustands, die auf bestehendes EU-Recht oder bestehende internationale Vereinbarungen aufbaut, aber über die dort festgelegten Anforderungen hinausgeht. Ziel des Projektes ist es, anhand der Forschungsergebnisse Strategien zur Vermeidung des Eintrags von Ladungsrückständen fester Massengüter in das Meer durch ihre Entsorgung in den Häfen zu entwickeln.

Das Projekt beinhaltet:

  • die Erfassung der bestehenden Auffangeinrichtungen in deutschen Häfen für Ladungsreste fester Massengüter einschließlich derer für Waschwasser, das diese Ladungsreste enthält,
  • die Ermittlung gegebenenfalls bestehender Hindernisse bei der Entsorgung der Ladungsreste sowohl auf Seiten der Häfen als auch auf Seiten der Schiffe und
  • die Erarbeitung entsprechender Maßnahmen und Handlungsoptionen hieraus.

Das Forschungsvorhaben wird durch ein interdisziplinär aufgestelltes Projektteam bearbeitet. Die Mitglieder rekrutieren sich aus Experten in den Bereichen Entsorgungsmanagement (land- und schiffseitig), für internationales, europäisches und deutsches Seerecht und Umweltrecht (einschließlich umweltbezogenen Schifffahrtsrechts) und für Seeverkehr, Nautik und Logistik.

Neben dem PIA-Institut gehören zum Projekt wiederum das Prüf- und Entwicklungsinstitut für Abwassertechnik an der RWTH Aachen und der Lehrstuhl für internationales Seerecht und Umweltrecht, Völkerrecht und Öffentliches Recht an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg. Zudem wird das Projekt durch ein Experten-Panel begleitet.

Das Forschungsvorhaben soll dabei den Konkretisierungs- und Änderungsbedarf von Marpol Annex V ermitteln und der IMO bei Vorliegen der notwendigen Erkenntnisse einen Vorschlag für einen neuen Arbeitsauftrag für den Ausschuss zum Schutz der Meeresumwelt (MEPC) unterbreiten,. So soll der identifizierter Konkretisierungs- und Änderungsbedarf zur Diskussion gestellt werden. Das Projekt kann damit auch für diese Maßnahme auf Ebene der zwischenstaatlichen Helsinki-Kommission (Helcom), die sich den Schutz der Meeresumwelt in der Ostsee auf die Fahne geschirben hat, wertvolle Erkenntnisse liefern beziehungsweise die deutsche Beteiligung an der Umsetzung des neuen Baltic Sea Action Plan (BSAP) effektiv unterstützen.

Autor: Markus Joswig
PIA – Pru?finstitut fu?r Abwassertechnik GmbH

Abstract: Sewage regulation gaps in focus

Grey and black water in polar regions, wash water and cargo residues – a field that is constantly being worked on, but where there are still regulatory gaps. Two research projects are currently underway in Germany. The topic is also on the agenda of the International Maritime Organization (IMO).