Der Abschwung am Chartermarkt hat sich zuletzt beschleunigt. Reedereien, die zu Hochzeiten Schiffe zu Rekordraten eingechartert haben, stehen nun vor Problemen.[ds_preview]
Über Wochen sanken die Charterraten kontinuierlich, in den letzten Tagen aber hat sichdie Situation am Containerchartermarkt schlagartig verschlechtert. Wie der branchendienst Alphaliner meldet, sind die Charterraten für mehrere Schiffsgrößen stark gesunken. So werde derzeit »klassische Panamax«-Tonnage zu Raten von 40.000 und 50.000 $ für Zeiträume von sechs Monaten gechartert – etwa die Hälfte dessen, was man für diese Schiffsgröße noch vor wenigen Wochen für dieselbe Dauer hätte bekommen können.
1.700-TEU-Schiffe fanden Beschäftigung für zwölf Monate zu rund 35.000 $ pro Tag. Noch Anfang August wurde solche Tonnage für einen ähnlichen Zeitraum für rund 50.000 $ pro Tag gehandelt. »Diese Fixtures werden sich unweigerlich auf andere Größensegmente auswirken, in denen in den nächsten Wochen mit deutlich schwächeren Charterabschlüssen zu rechnen ist«, meinen die Alphaliner-Analysten. Die Raten für die meisten Schiffstypen seien historisch betrachtet nach wie vor hoch. Ein Rückgang war angesichts des »künstlichen Handelsumfelds«, das Corona geschaffen hatte – außergewöhnlich hohe Frachtnachfrage und globales Logistikchaos –, zu erwarten. Die Geschwindigkeit in der die Charterraten fallen, überrascht jedoch.
Im Frachtbereich zeigt sich der Abwärtstrend bereits seit Anfang des Jahres, als die Spotraten zu fallen begannen, in den letzten Wochen hat sich der Rückgang der Frachtpreise erheblich beschleunigt.Mit einem Stand von 2.312 Punkten am 16. September hat der Shanghai Container Freight Index (SCFI) allein im letzten Monat 33 % verloren und liegt nun 55 % unter seinem Höchststand vom Januar.
»Dieser Trend wirkt sich vor allem auf die Reedereien aus, die einen hohen Anteil an Spotladungen haben. Einige von ihnen haben bereits Schwierigkeiten, teure Charterverpflichtungen zu erfüllen, und weitere könnten in Zukunft in Schwierigkeiten geraten«, schreibt Alphaliner in einem aktuellen Report. »Die meisten Reedereien sind jedoch in unterschiedlichem Maße von der aktuellen Entwicklung der Frachtraten betroffen, da selbst die zu hohen Preisen vertraglich gebundenen Frachten nicht vor möglichen Neuverhandlungen gefeit sind.«
Die Charterraten blieben dank dem knappen Tonnageangebot und Lieferkettenengpässen lange bemerkenswert widerstandsfähig gegenüber dem sich verschlechternden Marktumfeld. »Da das Frachtaufkommen und die Frachtraten auf breiter Front weiter sinken, das Angebot zunimmt, die Überlastung langsam nachlässt und weltweit weiterhin hohe Rezessionsrisiken bestehen, ist der derzeitige Rückgang der Charterraten wahrscheinlich mehr als eine einfache Marktkorrektur und wird sich zumindest kurzfristig wahrscheinlich noch verstärken«, meint Alphaliner.
Zudem steht noch die Golden Week in China mit ihrem üblichen Nachfragerückgang bevor, die nicht gerade dazu beitragen dürfte, den Markt aus seiner Abwärtsspirale zu befreien.
Längerfristig sieht es für NOOs nach Einschätzung der Marktbeobachter jedoch etwas besser aus, da die Reedereien weiterhin Interesse an qualitativ hochwertiger Tonnage zeigen, aber ab der zweiten Hälfte des Jahres 2023 sieht man eine Überkapazität drohen.