Kaum eine Frage beschäftigt die Schifffahrt derzeit so wie die nach dem Kraftstoff der Zukunft. Eine große Hausaufgabe, aber vor allem an Land.[ds_preview]

Das war eines der zentralen Ergebnisse des HANSA-FORUM »Schifffahrt | Finanzierung«, dass heute in Hamburg stattfindet.

Andrew Wilson, Head of Research beim Schiffsmakler BRS, machte es deutlich: »Es sind kolossale Investitionen nötig, Schiffseigner sind aber nur für einen Bruchteil davon verantwortlich.« Denn welcher Kraftstoff auch immer verwendet wird, um die ehrgeizigen Klimaschutz-Ziele zu erreichen, die von der Politik aufgestellt wurden, sie müssen vorhanden und verfügbar sein.

Wilson betonte die Bedeutung der globalen Raffinerie-Kapazität, von der die Schifffahrt abhängig ist: »Vor allem muss das weltweite Raffinerie-System erneuert werden, weil es an Kapazität für grüne Produkte mangelt.« Aktuell gebe es schlicht zu wenig Null-Emissions-Kraftstoffe. Auch die Mehrheit der heutigen Ammoniak-, Wasserstoff- oder Methanol-Möglichkeiten ist nicht wirklich »zero carbon«, weil sie nicht »grün« hergestellt werden. Zudem sind die Preise sehr hoch.

Das Motto des Traditionsevents, dass nach Corona-bedingter Pause in diesem Jahr wieder stattfindet, ist »Geopolitik und Dekarbonisierung: Strategien & Lösungen für ein neues Zeitalter«.

Der BRS-Experte meint, fossile Kraftstoffe werden einen signifikanten Anteil am Energiemix vorerst behalten. Einen Peak in der Nachfrage nach Öl erwartet er erst in einigen Jahren. Auch wird China unter Umständen seine Kohle-Im- und Exporte wieder hochfahren, wenn es wirtschaftlich erholt. Je nachdem, wie sich der Ukraine-Krieg entwickelt und wie lange die Energiekrise anhält, werden verschiedene Energieträger weiter nötig sein.

Ein »positiver Nebeneffekt«: Diese wie auch kommende Kraftstoffe und Energieprodukte müssen in der Regel über den Seeweg transportiert werden, sorgen also für eine gewisse Auslastung der Tanker-Flotte.

Die Schifffahrt steuert im Ergebnis nicht auf »einen« Kraftstoff zu, vielmehr werde es einen »fuel mix«, eine Patchwork-Landschaft geben. »Es wird nicht den einen Gewinner geben«, so Wilson weiter.

Auch bei der weltgrößten Containerlinienreederei MSC gibt es keine Festlegung auf eine Kraftstofflösung für die Zukunft. Einige Schiffe und Neubauten sind auf die Nutzung von LNG ausgelegt. Bei Wasserstoff gebe es noch die Herausforderung der Energiedichte, der sicheren Handhabung. Ein großer Fokus wird bei MSC auf Biofuels gelegt, wie Bud Dar, Executive Vice President Maritime Policy bei der Reederei, auf dem HANSA-Forum erläuterte. Allgemein beschäftige man sich aber mit verschiedenen Technologien: »Wir beschäftigen uns mit einer breiten Palette anderer vielversprechender Technologien für saubere Energie, darunter grünes Ammoniak oder grünes Methanol.« Auch Wind- oder Solarenergie seien denkbar und werden in die Überlegungen einbezogen.

Aber auch Darr machte deutlich, dass ein entscheidender Faktor die umfassende Verfügbarkeit grüner Kraftstoffe für die Zukunft ist. Ebenso sei wichtig, dass die Kosten für die maritime Energiewende nicht allein den Reedern aufgebürdet werden sollte. »Die Kosten der Dekarbonisierung müssen von der gesamten Wertschöpfungskette geteilt werden«, so der MSC-Vertreter. Es seien sehr große Investitionen nötig.