In Europas größtem Seehafen Rotterdam ist man trotz einer Delle in 2022 zuversichtlich und will den Umschlag auch mittels Ausbau-Vorhaben wieder steigern. Auf die deutsche Konkurrenz und die Hafen-Politik blickt man manchmal neidisch, manchmal mit einem gewissen Kopfschütteln.
Michiel Messchaert, höchster Repräsentant des niederländischen Hubs Rotterdam in Nordwestdeutschland und damit erfahrener Ansprechpartner für hiesige Reedereien, Verlader, Speditionen, die Industrie sowie Organisationen und Behörden, spricht exklusiv in der neuen Episode des HANSA PODCASTs.
Ungeachtet des leichten Umschlag-Rückgangs im Jahr 2022 – trotz mehr LNG- und Kohle-Verschiffungen auch für Deutschland – ist man in Rotterdam zuversichtlich. Das liegt unter anderem an eigenen Investitionen und den Terminal-Ausbau-Plänen von Maersk, MSC und Hutchison aus Hongkong.
In diesem Zusammenhang spricht Messchaert über das zumindest in Deutschland stark umstrittene Thema der (auch chinesischen) Reederei-Beteiligungen an Terminals und über Erwartungen zum künftigen Container-Umschlag (»Mehrere Millionen zusätzlich«). Die Globalisierung werde noch für die kommenden Jahre und Jahrzehnte ein Wachstum aufweisen. »Wir werden unseren Teil davon abbekommen, auch weil die Kapazitäten in ganz Nordwesteuropa ziemlich beschränkt sind. Wir sind mit einem vorausschauenden Blick, der vor Jahren zum Bau der Maasvlakte 2 geführt hatte, und den Terminals und Betreibern gut aufgestellt«, sagt der Manager.
Rotterdam: Neid auf Hamburg
Ein wichtiges Standbein sollen auch in Zukunft »Dedicated Terminals« bleiben. Anders als Hamburg (»die Strategie hat sich vielleicht nicht als ganz richtig erwiesen«) fährt Rotterdam diese Policy schon sehr lange. Nochmal einen großen Anteil an chinesische Akteure zu vergeben, sei angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen aber fraglich, so Messchaert.
Der größte Konkurrent sei zwar Antwerpen. Hamburg hat in seinen Augen aber nach wie vor einen Vorteil in einem bestimmten Segment, wie Messchaert »mit ein bisschen Eifersucht« anmerkt: das große Volumen beim Hinterlandtransport per Bahn. Der Repräsentant geht im Podcast auf die Anteile der einzelnen Verkehrsträger im Modal Split ein und erklärt, wo die Reise für Rotterdam hingehen soll. Er betont aber zugleich, dass es nicht an Rotterdam alleine liege, sondern der Hafen auch von externen Einflüssen abhängig sei – vor allem der deutschen Bahn-Infrastruktur, die bisweilen zu wünschen übrig lasse. Das ohnehin schon stark vertretene Binnenschiff soll ebenfalls eine wichtige Position im Modal Split haben.
Trotz verschiedener Kooperationsinitiativen, etwa von Antwerpen und Zeebrugge, will Rotterdam »allein« bleiben. Man könne sich aus »eigener Kraft« entwickeln und wachsen. Angst oder Sorge vor den Kooperationen der Konkurrenz habe man nicht nicht.
Wichtig sind dafür Investitionen. Nach 257 Mio. $ in 2022 soll es diesem Jahr »mindestens genau so viel« werden, vor allem für die Digitalisierung und »grüne« Aspekte. Dabei zählt der Hafen auf die starke Unterstützung des Staates, in dessen Politik die große Bedeutung des Hafens für die Gesamtwirtschaft erkennbar sei. Messchaert erkennt in dieser Hinsicht durchaus einen Unterschied zu Deutschland, wo es »sehr kompliziert und komplex« sei.
Hören Sie hier die komplette Episode. Der im deutschen Hafengeschäft erfahrene Michiel Messchaert spricht darin unter anderem über:
- Pläne für die Energiewende im Hafen und eine Wasserstoff-Infrastruktur
- Modal Split, Binnenschiffe und die Bahn im Hinterland
- eine gewisse »Eifersucht« auf die Hamburger Bahn-Aktivitäten
Mit Blick auf den nordeuropäischen Hafen-Wettbewerb erläutert Messchaert außerdem die Ansichten der Rotterdamer Verantwortlichen
- zur Versorgung der deutschen Industrie und der Konsumentenmärkte
- zu Kooperationen europäischer und deutscher Konkurrenzhäfen
- zu Hafengebühren
- zu den aufkommenden Hubs in Südeuropa (»glücklicherweise gibt es die Alpen«)
- zur deutschen Hafen- und Infrastrukturpolitik (»sehr kompliziert«)
- zu »Kopfschütteln«, Mitleid oder Schadenfreude
- zu Hamburgs Strategie bei Reederei-Beteiligungen (»hat sich als nicht ganz richtig erwiesen«)
- eine potenzielle »Maasvlakte 3«