ZDS, HHLA, Titzrath
Angela Titzrath ist seit 2022 Präsident des ZDS © ZDS
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Die deutsche Hafenwirtschaft verzeichnet im ersten Halbjahr einen Umschlagrückgang bei Containern und eine deutliche Steigerung bei flüssigem Massengut. Von der Bundesregierung erwartet sie eine ambitioniertere Hafenpolitik insbesondere im Hinblick auf die Energiewende und den Ausbau der Infrastruktur.

Angela Titzrath, Präsidentin des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), hat heute – wie es traditionell üblich ist – anlässlich der Jahrespressekonferenz in Hamburg die Umschlagszahlen der deutschen Seehäfen im ersten Halbjahr vorgestellt.[ds_preview] In allen deutschen Seehäfen wurden in dieser Zeit rund 136,2 Mio. t. Güter umgeschlagen. Dies entspricht einem Rückgang um 4,1 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Beim stark konjunkturabhängigen Containerumschlag waren es etwa 6,3 Mio. TEU, also ein Minus von 13 %. 

Positiv entwickelte sich – aufgrund der zunehmenden Energieversorgung mit LNG über die Häfen nach dem russischen Stopp von Erdgaslieferungen per Pipeline – mit einer Steigerung von 28 % auf 22, 2 Mio. t hingegen der Umschlag von flüssigem Massengut. Die Passagierzahlen in der Kreuzfahrt legten mit 11,6 Mio. ein- und ausgestiegenen Menschen in den deutschen Seehäfen um 2,3 % wie bereits im Vorjahr ebenfalls zu.

Negative Zahlen im Güterumschlag bereiten ZDS Sorgen

Diese Halbjahrestatistik müsse Titzrath zufolge jedoch differenziert betrachtet werden. So sage die Angabe über die Menge in Tonnen beispielsweise wenig über die Anzahl und den Wert der umgeschlagenen Güter aus. »Aber insgesamt bereiten uns die negativen Zahlen im Güterumschlag Sorge und treiben die Seehafenbtriebe und ihre Beschäftigten um«, räumte sie ein. Diese Entwicklung resultiere jedoch vor allem aus externen Faktoren und sei vor allem Ausdruck der konjunkturell schwierigen Lage, die Privathaushalte wie Wirtschaft gleichermaßen treffe.

»Sinkende Konsumnachfrage und dadurch zurückgehende Produktion in der Industrie wird in den Seehäfen oft mit zuerst sichtbar«, so die ZDS-Präsidentin. »Der Blick auf die Seehäfen in unseren Nachbarländern zeigt, dass wir es hier primär mit globalen Problemen zu tun haben.« Nichtdestotrotz treffe diese Phase der konjunkturellen Schwäche die Branche zur Unzeit. »Wir müssen wichtige Transformationsprozesse stemmen, vor allem bei der Digitalisierung und Automatisierung sowie bei der Umstellung auf klimafreundliche Antriebe.«

Hohe Erwartungen an Nationale Hafenstrategie

Große Erwartungen hat die deutsche Hafenwirtschaft an die kommende Nationale Hafenstrategie der Bundesregierung, für die ein Beschluss des Bundeskabinetts bis zum Jahresende geplant ist. »Der Kanzler hat auf der Nationalen Maritimen Konferenz klar gemacht, wie wichtig gerade die Seehäfen sind und dass diese in den vergangenen Jahren politisch vernachlässigt wurden«, betonte Titzrath. »Der Vizekanzler hat die Bedeutung der Häfen beim Erreichen der Ziele im Klimaschutz und im Ausbau der erneuerbaren Energien betont.«

Daran müsse sich nun die nationale Hafenstrategie messen lassen. Die Debatte um die Finanzierung der Seehäfen sei dabei aber bezeichnend. »Der Bund muss zu seiner Verantwortung stehen – so, wie im Koalitionsvertrag und auf der Konferenz angekündigt«, unterstrich die ZDS-Präsidentin. »Dazu ist eine schnelle Einigung zum Hafenlastenausgleich unabdingbar. Sollte dieses Minimalziel nicht erreicht werden, ist kaum vorstellbar, wie eine Nationale Hafenstrategie den Erwartungen gerecht werden kann.«

ZDS: Energiewende und Verkehrsinfrastruktur zentrale Handlungsfelder

Großen Handlungsbedarf besteht nach Ansicht des ZDS auch bei der Rolle der Häfen in der Energiewende. »Für das Erreichen der Ausbauziele in der Windenergie fehlt es hierzulande in den Häfen an Umschlagkapazitäten«, so Titzrath. Die Turbinen und Bauteile seien größer und schwerer geworden, die Hafenflächen aber nicht mitgewachsen. So bedürfe es für das Erreichen der Ausbauziele einer Verdreifachung dieser Flächen. »Wir schlagen deshalb vor, hier auch die enormen Erlöse aus der Ausschreibung von Offshore-Windparks für den Ausbau geeigneter Flächen zu nutzen.«

Mehr Engagement erwarte die deutsche Hafenwirtschaft auch bei der Verkehrsinfrastruktur. »Die jahrzehntelange und teilweise auch weiter anhaltende Unterfinanzierung macht sich bei allen Verkehrsträgern bemerkbar«, kritisierte Titzrath. »Wir erwarten eine auskömmliche personelle und finanzielle Ausstattung, um die Verkehrswege in einem guten Zustand zu halten.« 

Es bedürfe aber auch eines Ausbaus, gerade bei der Bahn, die mehr Güter von der Straße aufnehmen soll. »Für uns als Seehafenbetriebe liegt hier der Fokus auf dem Flaschenhals zwischen Hamburg und Hannover. Alle Beteiligten sollten sich dringend auf einen Kompromiss zur Viergleisigkeit im Sinne der übergeordneten Ausbauziele verständigen«, forderte die ZDS-Präsidentin. »Eine weitere Verzögerung oder auch ein Beharren auf dem überholten Minimalkonsens der Dreigleisigkeit schadet der deutschen Hafenwirtschaft nachhaltig.«