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Die Reederei Havila Kystruten, ab 2021 mit eigenen Passagierschiffen neben Hurtigruten an der norwegischen Küste aktiv, hat mit Kongsberg einen zehnjährigen »Power-by-the-Hour«-Vertrag für vier Neubauten unterzeichnet. Bezahlt wird pro Betriebsstunde für Monitoring und Wartung.

Die nun getroffene Vereinbarung bedeutet, dass die [ds_preview]Schiffseigner »die Verantwortung für die Serviceplanung und -durchführung an den Lieferanten der Ausrüstung, Kongsberg Maritime, zurückgeben«. Der Kunde zahlt eine feste Gebühr pro Betriebsstunde und pro Schiff. Kongsberg Maritime überwacht die Ausrüstung an Bord jedes Schiffes von Land aus und sammelt Daten von Onboard-Sensoren. Die Ingenieure von Kongsberg können sich mit dem Schiff verbinden und Servicearbeiten aus der Ferne durchführen oder bei Bedarf einen Servicetechniker entsenden. Die Vereinbarung umfasst auch die planmäßige Wartung, während die tägliche Wartung an Bord durch die Reederei selbst durchgeführt wird. Der Vertrag hat einen Wert von 15,56 Mio. €.

»Es ist für Havila Kystruten äußerst wichtig, unsere neue Flotte mit so wenig Ausfallzeiten wie möglich aufgrund von Wartungsanforderungen oder Geräteausfällen zu betreiben. Power-by-the-Hour ist ein Werkzeug, das im Zeitalter der Digitalisierung ermöglicht wird, und wir freuen uns darauf, den Nutzen für unsere Kunden zu erfahren«, sagt Per Sævik, Chairman von Havila Kystruten.

Weniger Ausfallzeiten, besser kalkulierbare Kosten

Das im Flugzeugmarkt schon seit Jahrzehnten etablierte Konzept von Power-by-the-Hour hält nach und nach in der Schifffahrt Einzug. 2017 führte es auch Rolls-Royce für das maritime Segment ein. Im selben Jahr konnte mit der Reederei NorLines der erste Kunde gewonnen werden. Auch der Motorenhersteller Wärtsilä hat ähnliche Verträge. Kongsberg ist seit April 2019 neuer Besitzer der Commercial Marine-Sparte von Rolls-Royce.

Rolls-Royce ist mit dem Konzept im Geschäft mit Flugzeugtriebwerken seit den 1980ern erfolgreich. Anders als derzeit noch im maritimen Bereich, umfasst der hier »Total Care« genannte Service die Bereitstellung des Triebwerkes in Verbindung mit Monitoring und Wartung während des gesamten Lebenszyklus. Der Flugzeugbetreiber bezahlt nicht für das Triebwerk selbst – dieses verbleibt im Besitz des Herstellers – sondern für die Leistung, die das Produkt erbringt. Die Gebühr fällt nur pro Betriebsstunde an.

Antriebssystem noch aus Rolls-Royce-Entwicklung, Batterien an Bord

Havila Kystruten wird ab Januar 2021 vier Passagierschiffe auf der Küstenstrecke zwischen den Städten Bergen im Südwesten und Kirkenes im Norden Norwegens einsetzen. Zwei der neuen Fähren werden von der spanischen Werft Astillero Hijos de J. Barreras , die anderen beiden Schiffe von der türkischen Werft Tersan geliefert.

Havila Kystruten - vessel Havila Capella
Quelle: Havila Kystruten

Die Schiffe werden mit einem großen Ausrüstungspaket von Kongsberg Maritime ausgestattet, darunter Hauptantriebe vom Typ Azipull mit Permanentmagnet-(PM-)Antriebsmotor, PM-Tunnelantriebe und Stabilisatoren. Kongsberg liefert auch die LNG-Anlagen für Schiffe, zu denen vier Rolls-Royce Bergen-Gasmotoren gehören. Das Gesamtpaket hatte im Herbst 2018 noch Rolls-Royce unter eigener Marke an Havila Kystruten verkauft. Mittlerweile haben die Briten zwar die Sparte Commercial Marine an Kongsberg verkauft, der Motorenhersteller Bergen Engines bleibt aber – genau wie MTU – als Rolls-Royce Power Systems beim Konzern.

Zusätzlich zu dem Gasmotoren erhalten die Schiffe ein Batteriesystem, um komplett emissionsfrei in den Fjorden fahren zu können. Den Auftrag konnten sich Norwegian Electric Systems und Norwegian Control Systems sichern. Die neuen Küstenschiffe sollen ab 2021 im Einsatz sein. Der Auftragswert beläuft sich auf rund 32 Mio. €. 125 Jahre lang hatte die Reederei Hurtigruten bzw. ihre verschiedenen Vorgängerfirmen das Geschäft mit den Postschiffen allein beherrscht, mit Havila Kystruten gibt es nach einer Neuvergabe der Konzessionen durch die Regierung einen neuen, zweiten Anbieter auf der Route Bergen-Kirkenes.