Es ist ein Rückfall in ein Dilemma: Unterschiedliche Sanktionen der EU und der USA gegen den Iran bringen europäische Unternehmen in eine Zwickmühle!
Mit der Begründung[ds_preview], der Iran habe den sogenannten »Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan« (JCPOA) verletzt, beendeten die USA am 8. Mai 2018 einseitig ihre Mitwirkung an der Vereinbarung zum iranischen Atomprogramm und setzten ihre ursprünglichen Sanktionen am 7. August und 5. November 2018 mit gewissen Ergänzungen wieder in Kraft. Die Sanktionen der VN blieben suspendiert.
Rückblick
Am 15. Juli 2015 verständigten sich die fünf Vetomächte des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (VN), Deutschland und die Europäische Union (EU) nach langen Verhandlungen mit dem Iran auf eine Nutzung seines Nuklearprogramms zu ausschließlich friedlichen Zwecken unter Kontrolle der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA). Als Gegenleistung sah der sogenannte Gemeinsame Umfassende Aktionsplan (JCPOA) die Aufhebung aller Sanktionen vor, die der Sicherheitsrat der VN, die USA und die EU gegen den Iran als Reaktion auf die Entwicklung des Nuklearprogramms für militärische Zwecke verhängt hatten. Sie bestanden hauptsächlich aus Im- und Exportverboten für Waffen und Materialien zur Anreicherung von Uran und der Entwicklung von Nuklearwaffen sowie umfassenden Einschränkungen der iranischen Erdöl- und Gasindustrie, insbesondere einem Verbot der Ausfuhr von Öl aus dem Iran. Sie untersagten ausdrücklich die Seebeförderung der gebannten Güter und die Erbringung damit zusammenhängender Dienstleistungen wie Vercharterungen, Versicherungen, Maklertätigkeiten und Finanzdienstleistungen. Nachdem der Sicherheitsrat das JCPOA gebilligt und die Internationale Atomenergiebehörde bestätigt hatte, dass Iran alle vereinbarten Schritte zum Rückbau seines Nuklearprogramms unternommen hatte, trat die Vereinbarung am 16.01.2016 in Kraft. Die Suspendierung der darauf bezogenen Wirtschafts- und Finanzsanktionen der USA und der EU ermöglichte die Wiederaufnahme eines normalen Handels und Wirtschaftsverkehrs mit dem Iran.
Wie die IAEA sah die EU keine Verstöße Irans gegen das JCPOA. Sie bekräftigte ihre weitere Teilnahme an der Vereinbarung und hielt an der Suspendierung ihrer auf das iranische Nuklearprogramm bezogenen Sanktionen fest.
Rückfall in alte Zeiten
Das lässt ein Dilemma wieder aufleben, welches schon für eine gewisse Zeit vor Abschluss des JCPOA bestanden hatte: Die USA beanspruchten unter Missachtung des Völkerrechts die Einhaltung ihrer über die EU-Sanktionen hinausgehenden nationalen Sanktionen auch von ausländischen Unternehmen und stellten Verstöße unter Strafe. Nach der EU Verordnung 2271/96 ist es jedoch den in der EU ansässigen Unternehmen verboten, über das EU-Recht hinausgehende Sanktionen anderer Staaten mit sogenanntem extraterritorialem Geltungsanspruch zu befolgen. Verstöße können Schadenersatzansprüche begründen.
Nach Aufkündigung des JCPOA durch die USA aktualisierte die EU die Liste der in den Geltungsbereich der Verordnung 2271/91 fallenden Rechtsakte der USA mit extraterritorialem Geltungsanspruch umgehend und nahm den Iran in die Liste der förderfähigen Regionen und Länder auf, die Finanzierungen von der Europäischen Investitionsbank erhalten können. Handel und Schifffahrt sind jetzt in einer Zwickmühle.
Die USA sind entschlossen
Dass die USA entschlossen sind, ihre wiederbelebten Sanktionen auch extraterritorial durchzusetzen, macht ihr Versuch deutlich, den von Großbritannien am 4. Juli 2019 in Gibraltar unter dem Verdacht eines Missachtung der EU-Sanktionen gegen Syrien festgehaltenen iranischen Tanker »Grace 1« wegen Verstoßes gegen das Ölexportverbot der USA beschlagnahmen zu lassen. Das zuständige britische Gericht in Gibraltar lehnte das jedoch ab, weil der Transport des Öls nicht für Syrien bestimmt und deshalb nach EU-Recht zulässig war.
Kein Ausweg in Sicht
Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist nicht in Sicht. Auch wenn die Verordnung 2271/96 europäische Unternehmen vor dem Geltungsanspruch nicht kompatibler US-Sanktionen bewahren soll, müssen sie vor Geschäften mit dem Iran bedenken, für eine Missachtung der US-Sanktionen von den USA belangt oder sogar vom US-Geschäft ausgeschlossen zu werden. Das gilt besonders für die Schifffahrt, in der es kaum Linien- oder Trampverkehre, Versicherungen, Finanzierungen, etc. ohne Bezüge zu den USA gibt, die den dortigen Behörden und Gerichten einen Zugriff zur Durchsetzung der US-Sanktionen ermöglichen.
Offensichtlich haben sich schon viele Unternehmen entschieden, welchen Geschäften sie den Vorzug geben. Die Verordnung 2271/96 hilft ihnen leider nicht aus dem Dilemma sondern allein die Rückkehr der USA und der EU zu einer gemeinsamen Iran-Politik.