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Der Ölmarkt ist zuletzt vor allem durch geopolitische Ereignisse erschüttert worden. Die Volatilität der Preisdifferenz zwischen schwefelarmen und schwefelreichen Kraftstoffen lässt sich aber nicht allein dadurch erklären. »Die Unsicherheit ist der Chaosfaktor«, sagt BIMCO.

Die Unsicherheit der bevorstehenden Schwefelverordnung »IMO 2020« hat einen großen Einfluss auf [ds_preview]den Bunkermarkt. Während der Preis für Marine Gas Oil Low Sulphur (MGO LS) weitgehend stabil geblieben ist, ist der Preis für High Sulphur Fuel Oil (HSFO) in den letzten Monaten immer volatiler geworden. Der HSFO-MGO LS-Preisspread hat sich in einigen Häfen auf ein Niveau ausgeweitet, das über dem tatsächlichen Preis für HSFO liegt.

Normalerweise korreliert der Bunkermarkt direkt mit den Entwicklungen auf dem Rohölmarkt, aber ist offenbar ein bedeutender Störfaktor dazu gekommen. Die erhöhte Volatilität der Bunkerpreise ist in der zweiten Jahreshälfte 2019 zur neuen Normalität geworden, wobei der HSFO-Preis in Singapur in weniger als einem Monat um 45% gefallen ist.

»Der Bunkerpreis-Spread veranschaulicht die turbulente Fahrt, die der Bunkermarkt in den letzten Monaten durchgemacht hat, und ebenso beleuchtet der Spread, warum der Markt mit Unsicherheit über die Zukunft gefüllt ist. Vom 1. Oktober bis 1. November stieg der Spread für HSFO-MGO LS in Rotterdam um 21% von 229 $ auf 277 $ pro Tonne«, sagt BIMCO-Chefanalyst Peter Sand.

MGO LS weniger volatil als HSFO

MGO LS ist, wie alle anderen Bunkerkraftstoffe, den zugrunde liegenden Schocks des Ölmarktes ausgesetzt, zeigte aber eine geringere Volatilität und schwankte 2019 in etwa in der gleichen Spanne. Umgekehrt hat sich die Preisvolatilität von HSFO in den letzten Monaten mit deutlich stärkeren Preisschwankungen erhöht.

BIMCO hatte kürzlich ein »Bunker-Pricing-Tool« auf seiner Website für Mitglieder veröffentlicht. Es zeigt die Kraftstoffpreise in 32 Häfen auf der ganzen Welt, basierend auf täglichen Informationen von MABUX.

Bemerkenswert ist die Entwicklung Ende Juni: Innerhalb von 14 Tagen stieg der Preis für HSFO in Singapur um 132 $/t von 370 $ auf 502 $. Eine massive Preisänderung, wenn man die Stabilität des Marktes in den letzten secs Monaten berücksichtigt. In den folgenden Wochen kühlten sich die Preise ab und fielen auf nur noch 330 $/t, den tiefsten Stand seit 2017.

Einige Häfen konzentrieren sich auf MGO

Der HSFO-Kurs erholte sich und lag im August und Anfang September wieder über seinen bisherigen Niveaus. Am 14. September 2019 kam es dann wieder zu starken Ausschlägen auf den Markt, diesmal jedoch in Form eines Drohnenangriffs auf die saudi-arabischen Ölanlagen von Abqaiq. Die Rohölsorte Brent verzeichnete zunächst einen Anstieg um 20%, dem der Bunkermarkt folgte. Der HSFO-Preis in Singapur stieg am 17. September 2019 auf satte 590 $/t. Der Höchststand war jedoch nur von kurzer Dauer. Am 10. Oktober 2019 war der Preis schon wieder auf einen neuen Jahrestiefststand von 323 $/t gefallen.

»Geopolitische Ereignisse wie der Angriff in Saudi-Arabien führen zwar zu Schocks auf dem Bunkermarkt, aber die jüngsten Bewegungen in der HSFO-MGO LS-Spreizung können nicht nur der Geopolitik angelastet werden«, sagt Peter Sand. »Anscheinend stört die Unsicherheit der IMO2020-Verordnung die normalen Marktbedingungen bis zu einem gewissen Grad. Anekdoten deuten darauf hin, dass in einigen Häfen größere Anstrengungen unternommen wurden, um MGO LS auf Bunkerschiffen zu lagern, wodurch der HSFO-Markt knapper wird.«

Unterschiedliche Verfügbarkeiten

Die Verfügbarkeit von Kraftstoffen werde in den einzelnen Häfen stark variieren und die Bunkerpreise stark beeinflussen, ist sich der Analyst sicher. Einige Häfen, wie beispielsweise Singapur, konzentrierten sich zunehmend auf die Lagerung von MGO LS. Die Folge sei ein sinkendes Angebot an HSFO, was möglicherweise zu Preisschwankungen beitrage.

Dieser Effekt könnte demnach dazu geführt haben, dass die Preisdifferenz für HSFO zwischen Singapur und Rotterdam in der zweiten Jahreshälfte 2019 auf Achterbahnfahrt ging. Die Preisdifferenz zwischen den beiden Häfen erreichte am 17. September 2019 mit 162 $/t ihren Höhepunkt. Kurz darauf brach die Preisdifferenz ein und erreichte am 10. Oktober 2019 eine Talsohle von 13 $/t.

Am Panamakanal, einem der wichtigsten Bunkerzentren Mittelamerikas, hat eine ähnliche Entwicklung stattgefunden. Die Preise von MGO LS blieben bis 2019 relativ stabil, während der Preis für HSFO in der zweiten Jahreshälfte 2019 im Bereich von 300-500 $/t stark schwankte, wobei sich der Spread auf dem Niveau des HSFO-Preises ausweitete.

Die massive Unsicherheit im Markt störe eindeutig die üblichen Preismechanismen, meint Sand. BIMCO gehe davon aus, dass es nicht mehr die Fundamentaldaten, sondern Unsicherheit, Spekulation und allgemeine Angst den Kurs des Bunkermarktes bestimmen.

Reeder bereit – Bunkerlieferanten auch?

»Auf dem Markt zirkulieren widersprüchliche Narrative, während IMO2020 näher rückt. BIMCO berichtete kürzlich, dass die Reeder zwar für die bevorstehende Schwefelregelung bereit sind, der Bunkermarkt aber nicht. Die Verfügbarkeit wird zwischen den Häfen erheblich variieren und eine ausreichende Versorgung mit Hauptbunkerkraftstoffen reicht möglicherweise nicht aus, um die Auswirkungen von IMO 2020 abzufedern«, sagt Sand. Umgekehrt erwarteten andere von der neuen Verordnung weniger Störungen und gingen davon aus, dass sie die Geschäfte ungehindert weiterführen könnten.

»Für viele Eigner, die versuchen, ihre zusätzlichen Treibstoffkosten weiterzugeben, könnte es ein böses Erwachen geben, wenn die Märkte nicht im bestmöglichen Gleichgewicht sind. BIMCO hat betont, dass die Eigner ihre Mehrkosten nur dann weitergeben können, wenn die Marktbedingungen entsprechend ausgeglichen sind«, sagt der Analyst.