Foto: CSSC
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Der Auftragsbestand für Containerschiffsneubauten hat im Verhältnis zur fahrenden Flotte einen historischen Tiefpunkt erreicht. Auch absolut geht das Volumen zurück. Schuld ist aber nicht allein Corona.

[ds_preview]Damit setzt sich der rückläufige Trend der letzten Jahre fort. Nach den Juli-Daten von Alphaliner liegt das Verhältnis Auftragsbuch zu Flotte jetzt bei nur noch 9,4% oder 2,21 Mio. TEU. Zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren ist die weltweite Neubaupipeline damit unter die 10-%-Schwelle gefallen. Während ein Großteil des rückläufigen Verhältnisses der letzten zehn Jahre in erster Linie ein statistischer Nebeneffekt einer ständig wachsenden globalen Flotte war, hat sich dies in den letzten Jahren geändert.

In den ersten sechs Jahren nach den Rezessionen der Jahre 2008 bis 2009 und nach einer anfänglichen 20-monatigen Auftragsflaute gingen weiterhin Bestellungen für Containerschiffe ein, und die Neubau-Pipeline blieb in absoluten Zahlen stabil und bewegte sich um die 4-Mteu-Marke, zeigen die Alphaliner-Daten. Zu dieser Zeit glaubten viele Reedereien und Schiffseigner noch an eine relativ rasche Erholung der Weltwirtschaft und versuchten, antizyklisch zu investieren, um von den attraktiven Neubaupreisen zu profitieren. Seither ist das Auftragsbuch jedoch von 3,55 Mio. TEU im Juli 2016 auf 2,84 Mio. TEU im Juli 2018 zurückgegangen. 2020 sind es nur noch 2,21 Mteu.

»COVID-19-Angst nicht allein verantwortlich«

»Die Tatsache, dass der Rückgang bereits vor vier Jahren einsetzte, bedeutet, dass die anhaltende COVID-19-Angst und ihre Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die Linienschifffahrt nicht allein für die jüngste Trockenperiode verantwortlich sind«, so Alphaliner.

Vielmehr sei es der anhaltende Überhang an beschäftigungsloser Tonnage, der abschreckend auf neue Aufträge wirke, so Alphaliner. Mit Ausnahme einiger kurzer Hochsaison-Wochen habe es in den letzten zehn Jahren kaum einen Moment gegeben, in dem es nicht zumindest etwas inaktive Containertonnage gab. Die saisonbedingte Beschäftigungslosigkeit erreichte häufig Spitzenwerte zwischen 1,00 und 1,50 Mio. TEU Kapazität. In diesem Jahr kamen dann Spitzenwerte von 2,50 Mio. TEU. Diese seien ursprünglich durch IM0-2020-bedingte Scrubber-Retrofits verursacht worden, »bis COVID-19 den Schifffahrtsmarkt ins Chaos stürzte«, so die Analysten.

Selbst eine Reihe wegweisender Abschlüsse, darunter die Bestellungen von CMA CGM für neun 23.112-TEU-Schiffe mit LNG-Antrieb bei CSSC im September 2017 und die Bestellungen von HMM für zwölf 23.900 TEU-Schiffe bei SHI und DSME im September 2018 konnten den allgemeinen Trend nicht umkehren.

Kurze Vorlaufzeiten für Standard-Containerschiffe

Eine Reihe großer Reedereien habe Neubaupläne für Großschiffe offenbar vorerst auf Eis gelegt, so Alphaliner. Die Rede ist von Hapag-Lloyd und der japanischen Reederei Ocean Network Express (ONE), die im vergangenen Jahr dem Vernehmen nach Angebote für eine Serie von Schiffen mit über 23.000 TEU eingeholt haben.

Darüber hinaus könnte es nach Einschätzung der Analysten durchaus einen kleinen Überhang an »Zombie-Aufträgen« in der offiziellen Neubaupipeline geben. Gemeint sind Aufträge, die unterzeichnet und angekündigt wurden, um dann zu einem späteren Zeitpunkt stillschweigend fallen gelassen, neu verhandelt oder verschoben zu werden. Dann wäre das Auftragsbuch in Wirklichkeit immer noch etwas kleiner als das auf dem Papier.

»Da vielen Werften langsam und sicher die Arbeit ausgeht, sind die Vorlaufzeiten für Standard-Containerschiffe stark zurückgegangen, und viele relativ kurzfristige Baulose sind verfügbar. Eigner, die sich in den nächsten Wochen zu Neubauten verpflichten würden, könnten ihre Schiffe bereits Anfang 2022 erhalten. Es bleibt abzuwarten, ob und wann sich eine Reederei oder ein nicht operierender Eigner im derzeitigen Klima zu Aufträgen verpflichten wird«, sagt Alphaliner.