In den ersten sieben Monaten des Jahres 2021 wurden nur drei aktive Very Large Crude Carriers (VLCC) zum Abwracken verkauft. Dabei ist der derzeitige Markt für die Verschiffung von Rohöl schwach, die Frachtraten sind auf ein Mehrjahrestief gefallen.
Trotzdem ergreifen die Reeder [ds_preview]von Rohöltankern nicht die Gelegenheit, ihre Kapazitäten zu reduzieren und weniger effiziente Einheiten zu den Abwrackwerften zu schicken.
Die gedämpfte Abwrackaktivität fällt in eine Zeit, in der die Stahlpreise in Bangladesch, Indien und Pakistan – den weltweit wichtigsten Standorten für die Abwrackung von Schiffen – ein Allzeithoch erreicht haben. Der Preis für Stahl aus Schiffsabwrackungen wird durch die hohen Stahlpreise im Allgemeinen und die begrenzte Zahl der zum Abwracken bestimmten Schiffe gestützt, schreibt die Schifffahrtsorganisation Bimco.
Zusätzlich zu den drei in den ersten sieben Monaten des Jahres abgewrackten aktiven VLCCs wurden fünf ausgemusterte VLCCs, die in den letzten Jahren als schwimmende Lager- und Verladeeinheiten (FSOs) gedient haben, abgewrackt. Deren Abwrackung wirkt sich aber nicht auf das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage, d. h. auf die Frachtraten, aus. Das Durchschnittsalter der abgewrackten VLCC, die als FSO genutzt werden, beträgt nach Zahlen von Bimco 24 Jahre, während das Durchschnittsalter der drei aktiv gehandelten VLCC 22 Jahre beträgt.
Eigner profitieren vom attraktiven Gebrauchtmarkt
Die Trägheit bei der Abwrackung von VLCCs ist nach Einschätzung von Bimco auch auf die attraktiven Preise für ältere Schiffe auf dem Gebrauchtmarkt zurückzuführen. Nach Angaben von VesselsValue haben im Zeitraum Januar bis Juli 2021 69 VLCCs den Besitzer gewechselt, gegenüber 91 im gesamten Jahr 2020.
»In gewisser Weise ähnelt das, was wir jetzt sehen, dem Zeitraum, der auf die sechs Quartale mit hohen Erträgen bei Öltankern von Q4 2014 bis Q1 2016 folgte. Erst im dritten Quartal 2017 begann die Abwrackung von VLCCs wieder zuzunehmen«, heißt es.
»Das niedrige Abwrackungsniveau, das in den ersten sieben Monaten des Jahres bei Rohöltankern zu verzeichnen war, hat sicherlich einige überrascht. Einige fragen sich, warum die Reeder die überschüssige Flotte nicht abwracken, wenn die Frachtraten im vergangenen Jahr nur schleppend liefen«, sagt Peter Sand, Chief Shipping Analyst bei Bimco.
»Der Grund dafür ist ein doppelter. Erstens haben die hohen Gewinne, die im vergangenen Jahr in der Rohöltankschifffahrt erzielt wurden, dazu geführt, dass es keinem Eigner an Geld mangelt. Zweitens sind die Schiffseigner angesichts der Tatsache, dass die Preise für gebrauchte Schiffe selbst die Rekordpreise für Abwrackstahl übersteigen, eher geneigt, ihre Tanker über Wasser zu halten und den Besitzer zu wechseln, als sie in die Abwrackwerften zu schicken«, sagt Sand. Ölproduktentanker steuern dagegen im Jahr 2021 auf ein rekordverdächtiges Abwrackungsniveau zu.