Containerschiff, Schiffskäufe, Secondhand, S&P, Containerschifffahrt
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Der SMM Maritime Industry Report (MIR) zeigt ein Jahr vor dem Branchentreff in Hamburg die aktuelle Stimmung von Reedern, Werften und Zulieferern – und die ist überraschend gut.

Zum dritten Mal[ds_preview] hat die Hamburg Messe und Congress Aussteller und Besucher der Fachmesse der maritimen Wirtschaft, SMM, nach ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung gefragt.

Erste Ergebnisse der Studie, die am 16. September komplett veröffentlicht wird, zeichnen das Bild einer Branche im Aufbruch. Nach Jahren des Stillstands bestellen die Reeder wieder neue Schiffe. Besonders Containerriesen sind gefragt. So wurden laut Branchenverband BIMCO 2021 bereits 381 Schiffe mit einer Kapazität von 3,44 Mio. TEU geordert. Das spiegelt sich auch im aktuellen SMM Maritime Industry Report wider. In der internationalen Studie gaben 39 % der Reederei-Manager an, neue Schiffe kaufen zu wollen. Bei der letzten Befragung 2019 hatten das nur 28 % geplant.

»Die deutschen Reeder sind zurück am Markt: Das ist ein sehr wichtiges Signal für die anderen Player in der Branche, also die Werften und Zulieferer«, erklärt Hauke Schlegel, Geschäftsführer VDMA Marine Equipment and Systems. Wie wichtig, das unterstreicht der Maritime Industry Score, der die Geschäftserwartungen der maritimen Wirtschaft abbildet: Insgesamt bleibt er mit einem Branchenschnitt von 55,8 Punkten zwar knapp hinter dem Wert von 2019 zurück, doch von der Schifffahrt kommen positive Impulse. Der Score steigt hier um mehr als 20 auf 52,2 Punkte. Der Schiffbau pendelt sich bei 44,6 Zählern ein, die Zulieferer sind mit 59,2 Punkten etwas weniger optimistisch (2019: 65,6).

»Gutes Vorzeichen«

»Angesichts der Pandemie – inklusive Lieferstopps und Lockdown – ist das ein erstaunlich positives Stimmungsbild«, sagt Claus Ulrich Selbach, Geschäftsbereichsleiter Maritime und Technologiemessen bei der Hamburg Messe und Congress (HMC). Er sieht in der wachsenden Kaufbereitschaft der Reeder auch ein gutes Vorzeichen für die nächste Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft im September 2022.

Für Professor Max Johns von der Hamburg School of Business Administration (HSBA) ist es kein Wunder, dass das Orderbuch so stark steigt: »Die Transportnachfrage kann kaum befriedigt werden. Weltweit ist die Supply Chain überdehnt. Selbst für 2022 werden anhaltend hohe Frachtraten vorhergesagt«, so der Schifffahrtsexperte. Laut SMM MIR rechnen 62 % der Reeder sogar damit, dass die Frachtraten noch weiter steigen. Die Hochstimmung dürfte Johns zufolge allerdings nicht für die gesamte Schifffahrt gelten: Während Container- und Massengutmarkt aktuell boomen, schwächelt die Tankersparte.

Differenziertes Bild bei Werften

Das wirkt sich unmittelbar auf die Geschäftserwartungen der Werftmanager aus: So rechnen laut SMM MIR bei Tankern nur noch 29 % (2019: 36 %) mit mehr Aufträgen. Ganz anders im Containersegment: Hier erwarten 51 % der befragten Werftmanager Wachstum (2019: 18 %). Dass deutsche Reeder wieder als Kunden aktiv werden, zeigt eine weitere Zahl: 16 % der Studienteilnehmer auf Werftseite sehen Deutschland als Top-Nachfragestandort. Der Wert hat sich gegenüber 2019 verdoppelt.

Praktisch zum Erliegen gekommen ist dagegen die Kreuzfahrt – eine drastische Folge der Pandemie. So gaben 70 % der Teilnehmenden an, dass die Neubauaktivitäten für Hochseekreuzfahrtschiffe in naher Zukunft stagnieren oder zurückgehen. Vor Corona rechneten noch 57 % mit Wachstum. Das trifft vor allem europäische Player wie Meyer Werft und Fincantieri. Immerhin haben die beiden Kreuzfahrtspezialisten kürzlich Aufträge für sogenannte Residenzschiffe gewonnen.

Lichtblicke für die Werften sind hingegen der Marine-Schiffbau und der Retrofitmarkt im Allgemeinen: Hier kalkuliert die Mehrheit der Schiffbauer mit einem deutlichen Auftragsanstieg.

Strukturverschiebung bei Zulieferern

Ob Retrofit oder Neubau: Die Zulieferer-Branche sitzt immer mit im Boot. Wie in den Vorjahren sehen mehr als zwei Drittel der Befragten ein hohes Absatzpotenzial für ihre Produkte. Gerade europäische Unternehmen zählen hier in vielen Bereichen weltweit zu den Technologieführern.

Neben Motorentechnik und Schiffsbetriebssystemen ist auch der Innenausbau ein wichtiges Arbeitsfeld. Jeder vierte MIR-Teilnehmer aus dem Zuliefererbereich ist darauf spezialisiert. Allerdings hat die Kreuzfahrtkrise auch hier Spuren hinterlassen: »Die Corona-Pandemie hat sich deutlich negativ auf unser Unternehmen ausgewirkt, insbesondere in Europa«, sagt Thomas Töpfer, Geschäftsführer des Schiffsinnenausbauers R&M. »Aber wir sehen eine gewisse Strukturverschiebung, da unsere Kunden, die Werften, schrittweise andere, vornehmlich kleinere Schiffstypen wie Forschungsschiffe oder Megayachten in ihre Auftragsbücher nehmen.« Jürgen Trost, Geschäftsführer beim Wettbewerber Kaefer, sieht positiv in die Zukunft: »Ich bin mir sicher, dass dieser Sturm vorübergehend ist und die Kreuzfahrtindustrie anschließend wieder Fahrt aufnehmen wird.«

Dass der Sturm vorübergeht, daran haben auch die SMM-Macher keinen Zweifel. Sie geben dem Schiffsinnenausbau im kommenden Jahr mit der Marine Interiors @SMM 2022 eine Extra-Bühne. »Ob funktionales Innendesign, grüne Technologien bei Motoren und Kraftstoffen oder smarte Lösungen für Schiffsentwicklung und -betrieb: Die 30. SMM vom 6. bis 9. September 2022 bildet die gesamte Wertschöpfungskette der maritimen Wirtschaft ab«, erklärt HMC.