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Die Leeraner MPP- und Forschungsschiff-Reederei Briese hat erneut ihren Preis für Meeresforschung verliehen. In diesem Jahr ging es um die Biodiversität und Daten aus 20 Schiffsexpeditionen, unter anderem mit der »Sonne«.[ds_preview]

Der Briese-Preis für Meeresforschung 2021 geht an Kathrin Busch. Die Jury würdigt damit ihre »herausragende Forschung zu Tiefseeschwämmen samt der in ihnen lebenden Mikroorganismen«, heißt es in einer Mitteilung vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), das den mit 5.000 € dotierten Preis wissenschaftlich betreut.

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Der mit 5.000 € dotierte Briese-Preis für Meeresforschung 2021 wurde heute an die Meeresbiologin Kathrin Busch vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (Mitte) verliehen. Kapitän Klaus Küper (l.) von der Briese-Reederei, stv. IOW-Direktor Detlef Schulz-Bull (r.). (© IOW / K. Beck)

Busch untersuchte deren Biodiversität weltweit und analysierte zusätzlich die Einflussfaktoren der umgebenden Ökosysteme. Neben neuen Erkenntnissen zu diesen Lebensgemeinschaften liefert ihre Arbeit auch eine wissenschaftliche Basis, um Schutz und nachhaltige Nutzung der empfindlichen Tiefseeschwamm-Ökosysteme zu verbessern.

»Kalt, dunkel und ständig unter Druck.« So lebensfeindlich beschreibt Busch, Wissenschaftlerin am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, den Lebensraum, der im Zentrum ihrer ausgezeichneten Doktorarbeit stand. Es sei die Tiefsee, jener lichtlose Bereich des Ozeans ab 200 m Wassertiefe, der gut 90% des gesamten Raumes auf der Erde ausmacht, in dem Leben existieren kann. Was dort wie lebt, ist aber weitgehend unbekannt, denn bisher sind weniger als 5% der Tiefsee erforscht und weniger als 0.001% wurden quantitativ beprobt. »Dennoch sollten diese unzugänglichen Meeresregionen nicht ignoriert werden, denn in Zeiten von zunehmendem menschgemachten Umweltstress werden dringend Basisdaten benötigt, um auch dort einen nachhaltigen Umgang mit potenziell bedrohten Ökosystemen sicherzustellen. Und grade Tiefseeschwammgebiete gelten als wertvolle Hotspots der Artenvielfalt und Funktion in der Tiefsee«, sagt die Kieler Meeresbiologin über ihren Forschungsgegenstand.

»Größter existierender Datensatz seiner Art«

Trotz der großen logistischen und technischen Herausforderungen, die mit Tiefseeforschung immer verbunden sind, sei es Busch nun gelungen, »in einer wahren Pionierarbeit« die weltweit umfangreichste Beprobung des sogenannten Mikrobioms von Tiefseeschwämmen vornehmen. Darunter versteht man alle Mikroorganismen, die natürlicherweise Meeresschwämmen bewohnen, die wiederum in den unterschiedlichsten Ökosystemen der Tiefsee festsitzend leben. Dazu sammelte Busch an 52 Tiefsee-Schwammgründen, die vom Nordatlantik bis in den Südpazifik verteilt liegen, 1077 individuelle Schwämme samt ihrer mikrobiellen Begleitflora sowie 355 Mikrobiome aus Meerwasser- und 114 Mikrobiome aus Sedimentproben, um diese mit den Schwamm-assoziierten Organismen zu vergleichen.

Die Reederei aus Leer ist für die Bereederung der mittelgroßen deutschen Forschungsschiffe, wie die »Elisabeth Mann Borgese« und »Heincke« sowie die größeren Forschungsschiffe »Meteor«, »Merian« und »Sonne« zuständig. Das IOW betreut die Preisvergabe wissenschaftlich. Seit 2010 werden jährlich herausragende Promotionen in der Meeresforschung prämiert, deren Ergebnisse in engem Zusammenhang mit dem Einsatz von Forschungsschiffen und der Verwendung und Entwicklung von Technik und / oder Datenerhebung auf See stehen.

Ergänzt wurde dies jeweils von zahlreichen Referenzproben und Messungen, mit deren Hilfe sie insgesamt 24 unterschiedliche Umweltparameter analysieren konnte, um die Ökosysteme zu charakterisieren, aus denen die Proben jeweils stammten. Die Probennahmen und Messungen wurden auf 20 Schiffsexpeditionen durchgeführt; an vier davon nahm sie persönlich teil, für die anderen traf sie organisatorische Vorbereitungen, damit andere Forschende dies für sie übernehmen konnten. So entstand in internationaler Zusammenarbeit im Rahmen des EU-Projektes »SponGES«, in das ihre Doktorarbeit integriert war, der größte existierenden Datensatz seiner Art.

»Starker Bezug zur Forschungsschifffahrt«

Die Jury zeigte sich insgesamt höchst beeindruckt von der vorgelegten Promotionsarbeit. In der Begründung zur Preisvergabe heißt es unter anderem: »Basierend auf einer hohen Anzahl von Publikationen (6) hat Kathrin Busch eine extrem gelungene und grundlegende Arbeit zu Schwamm-Mikrobiomen der Tiefsee vorgelegt, was nicht zuletzt die Bestnote ‚summa cum laude‘ wiederspiegelt. Der starke Bezug zur Forschungsschifffahrt ist unverkennbar, wobei neben der eigenen Mitfahrt auf vier Fahrten auch die konzertierte Probennahme zahlreicher anderer Gruppen erfolgreich organisiert wurde.«

Klaus Küper, Leiter der Abteilung Forschungsschifffahrt der Reederei Briese, betonte: »Wir freuen uns, auch in diesem Jahr wieder ein besonderes wissenschaftliches Talent auszeichnen zu können. Für die Preisträgerin, die mit ihrer Arbeit Erkenntnisse über eine weitgehend unerforschte Welt ‚ans Tageslicht‘ brachte, scheint der Briese-Preis geradezu wie gemacht. Denn ihre Ergebnisse basieren auf 20 Schiffsexpeditionen – was verdeutlicht, wie unverzichtbar Schiffe als Forschungsplattformen sind, um den größten Lebensraum der Erde zu erforschen.«

Briese ROV Kiel 6000
Briese-Preisträgerin Kathrin Busch an Bord des Forschungsschiffes »Sonne«, mit dem sie an einer Expedition im Südpazifik teilnahm. Mit Hilfe des ROV Kiel 6000 vom Geomar beprobte sie dort sehr tiefe Schwammgründe bis knapp 5000 m Wassertiefe. (© Tanja Stratmann