Die Containerflotte ist seit Juni 2019 um 11,6 % gewachsen und holt damit die Transportnachfrage ein. Nun stellt sich die Frage, wie lange die Reedereien das Ratenniveau durch Rückgabe von Chartertonnage und andere Maßnahmen hochhalten können.[ds_preview]
Zunächst führten die Covid-19-Pandemie und die weltweiten Mobilitätseinschränkungen zu einer deutlich geringeren Transportnachfrage im Containersektor. Im 3. Quartal 2020 stieg die Nachfrage jedoch sprunghaft an, da die Verbraucher ihre Ausgaben für Dienstleistungen in höhere Ausgaben für Waren umwandelten. Die Fracht- und Zeitcharterraten haben seitdem ein historisch hohes Niveau erreicht, da die Überlastung des Angebots zugenommen hat. Inzwischen hat die Größe der Containerflotte jedoch mit der Transportnachfrage gleichgezogen.
»Im Juni 2022 war das Containervolumen im Fern- und Regionalverkehr laut Containerverkehrsstatistik um 12,4 % höher als im Juni 2019. Die Beförderungsnachfrage war um 10,1 % höher, da eine Änderung des Handelsmixes die durchschnittliche Transportentfernung leicht verringert hat. Die Flotte ist um 11,6 % gewachsen«, sagt Niels Rasmussen, Chief Shipping Analyst bei BIMCO.
Um die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Flottengröße und Beförderungsnachfrage zu veranschaulichen, hat BIMCO einen Index für Beförderungsnachfrage und Flottengröße erstellt, wobei der Durchschnitt für 2019 als Basislinie dient. Da der Index die durch Staus verursachte Angebotsverknappung nicht berücksichtigt, ermöglicht er einen Vergleich zwischen der aktuellen Marktsituation und der Vergangenheit unter der Annahme, dass es keine Staus gegeben hat. Auf diese Weise lässt sich feststellen, ob die derzeitige Marktstärke durch die Verkehrsnachfrage, die Verkehrsüberlastung oder beides bedingt ist.
»Aus dem Index für Verkehrsnachfrage/Flottengröße wird deutlich, dass die Überlastung der Grund dafür ist, dass der aktuelle Markt stärker ist als 2019. In diesem Jahr war der Index bisher nur im Februar höher als 2019«, sagt Rasmussen.
Gemäß der normalen Saisonalität sollte die Beförderungsnachfrage im Juli und August um etwa 2,5 % höher sein als im Juni und bis zum Beginn des Ansturms vor Mondneujahr gegen Ende des Jahres um 4-5 % niedriger. In diesem Jahr könnte jedoch die Hochsaison ausbleiben und die Nebensaison aufgrund der derzeitigen globalen Wirtschaftslage schwächer ausfallen als üblich. Andererseits wird die Flotte bis zum Jahresende wahrscheinlich um weitere 2 % wachsen.
»Falls oder wenn die Überlastung nachlässt, dürften die ersten Auswirkungen eine weitere Senkung der Zeitcharterraten und der Fixture-Zeiten sein. Trotz niedrigeren Zeitcharterraten könnten sich die Spotfrachtraten halten, da die Linienreedereien die verfügbare Transportkapazität durch die Rückgabe von Zeitcharterschiffen und/oder das Auflegen von Schiffen verringern können. In der Vergangenheit waren die Linienreedereien damit jedoch nicht sehr lange erfolgreich«, so Rasmussen.
Mit Blick auf die aktuellen Raten- und Nachfrageentwicklungen war letzte Woche auch das Beratungsunternehmen Sea-Intelligence zu einem ähnlichen Schluss gekommen.