Die OPEC+ hat mit ihren geplanten Kürzungen in dieser Woche mächtige Wellen ausgelöst. Die Stimmung am Tankermarkt bleibt trotzdem positiv.[ds_preview]

Keine Frage – Reedereien und Charterer in der Tankschifffahrt hätten sich vom OPEC-Ministertreffen in Wien eine andere Entscheidung gewünscht. Doch von Unruhe oder gar Panik ist am Markt keine Spur, nachdem das Kartell und seine Alliierten eine Absenkung der Förderquoten um 2 Mio. Barrel/Tag beschlossen haben.

Stattdessen scheint es Konsens zu sein, dass der Aufschwung am Tankermarkt anhält. Nach wie vor herrscht Zuversicht, dass die Transportnachfrage mit dem bevorstehenden EU-Embargo auf russisches Öl einen kräftigen Schub erfährt. Nur noch bis zum 5. Dezember darf Russland in die EU liefern, dann endet die sechsmonatige Übergangsfrist, die sich die Gemeinschaft für das Embargo gesetzt hat.

Die Rohölströme müssen sich folglich neu ausrichten. Europa ist dann gezwungen, sein Öl aus viel weiter entfernten Regionen wie dem Nahen Osten zu beschaffen. Russland wiederum muss noch mehr Volumen über weite Distanzen nach Indien und China exportieren, um den Absatz zu halten.

Experten wie Clarksons Platou schätzen, dass die Tonnenmeilennachfrage im Rohöltransport durch diese Neuverteilung um 5% zunehmen wird. Dieser Effekt könnte durch die Förderkürzungen der OPEC+ zwar geschmälert, aber wohl keinesfalls aufgehoben werden. Die möglichen Einbußen beim Ladungsvolumens im Persischen Golf aufgrund der geplanten Drosselung taxiert Clarksons auf -2,5%. Die Transportnachfrage würde also trotzdem wachsen.

Diese Woche war der Chartermarkt für Rohöltanker allerdings ruhiger. Die Erträge im Spot-Geschäft standen unter Druck, was angesichts der Nationalfeiertage in China und der dadurch gebremsten Aktivität in Fernost nicht verwundert. So gaben die durchschnittlichen Spoteinnahmen der VLCC seit Montag von 62.000 $/Tag auf rund 56.000 $/Tag nach. Für Suezmaxe und Aframaxe, deren Fahrtgebiete nicht so stark auf China ausgerichtet sind, gab es vergleichsweise geringe Rückgänge – um je 2.000 $/Tag bis 2.500 $/Tag auf 46.500 $/Tag (Suezmax) und 47.800 $/Tag (Aframax).

Erstaunlich stabil präsentierte sich diese Woche der Trockenfrachtmarkt. Trotz der »Golden Week« zogen die Spot-Raten der Bulker weiter an. Der Baltic Dry Index lag gestern mit 1.992 Punkten im Wochenvergleich 235 Punkte höher. Denn anders als erwartet nahmen die großen Bergbaukonzerne in Australien deutlich mehr Tonnage für Erzlieferungen nach China aus dem Markt, was den großen Capesize-Frachtern im Pazifik Rückenwind bescherte.

Auf dem Atlantik gab es ebenfalls genug Spot-Anfragen für Großbulker von Stahlherstellern, Bergbaukonzernen und Energieversorgern, um die Raten hochzutreiben. Das Durchschnittsniveau der Capes im Zeitcharter-Trip-Business verbesserte sich dadurch auf knapp 20.800 $/Tag – ein Plus von 19% gegenüber der Vorwoche.

Die Panamaxe verzeichneten eine deutliche Steigerung um 10% auf knapp über 20.000 $/Tag. Supramaxe und Handies legten jeweils leicht zu auf 18.590 $/Tag und 18.500 $/Tag. Für die mittleren und kleineren Bulker kamen die positiven Impulse hauptsächlich aus dem Getreidegeschäft im Atlantik (Südamerika, schwarzes Meer).

Gleiches gilt für die Mini-Bulker in der europäischen Shortsea-Fahrt. Dank des steigenden Getreideumschlags sowohl in der Region Odessa als auch in den russischen Häfen im Asowschen Meer wird Tonnage in der Region immer knapper. Das hatte diese Woche große Wirkung auf die Frachtraten: Laut dem Branchendienst BMTI verteuerten sich Verladungen von 3.000 t auf der Strecke von Odessa zu den türkischen Häfen im Marmarameer um 36% auf über 48 $/t. (mph)