Emissionen, Abgas, Schiffsemissionen
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Entscheidung vertagt: In Brüssel wird weiter um die Einbeziehung der Schifffahrt in der europäische Emissionshandelssystem (ETS) gerungen.[ds_preview]

In einem sogenannten Trilog-Verfahren suchen Europaparlament, Europarat und EU-Kommission nach einem Kompromiss, wie die Schifffahrt künftig für die von ihr verursachten Emissionen zur Kasse gebeten werden kann. Nach Angaben des Berichterstatters Peter Liese von der Fraktion der Christdemokraten, hätten sich alle Beteiligten deutlich aufeinander zubewegt. Eine mögliche Einigung ist vorerst mindestens bis zum 29. November vertagt worden.

Die Klimawirkung einer Einbeziehung des Seeverkehrs in das ETS wäre in etwa doppelt so groß als zum Beispiel die im Straßenverkehr mögliche Einsparung von Schadstoffen, so Liese. Denn neben CO2 sollen auch andere Gase wie Methan aufgenommen werden und zwar zunächst in die Berichtspflichten (MRV) und dann zeitnah in das ETS. Dies sei besonders wichtig, weil die Alternativen zu dem Schweröl, das bisher von Schiffen verwendet wird, zu einem großen Teil aus Methan und Ammoniak bestehen, die bei unsachgemäßem Umgang Treibhausgaseffekte verursachen können, heißt es.

Der EU-Rat als Gremium der 27 Mitgliedsländer plädiert dafür, erst ab 2029 alle Emissionen vollständig einzubeziehen. Das Parlament votiert bislang für einen Start ab 2024. Seitens der Komission liegt ein Kompromissvorschlag vor, der eine schrittweise Einführung vorsieht.

Danach müssten Reedereien ab 2023 Verschmutzungsrechte (Zertifikate) für 20% aller Emissionen aus Reisen innerhalb der EU sowie für 50% der Emissionen aus Reisen zwischen Häfen der EU und von Drittstaaten kaufen. Dieser Anteil würde 2024 auf 45%, 2025 auf 70% und ab 2026 auf 100% erhöht. Berücksichtigt werden Schiffe ab einer Größe von 5.000 BRZ.

Die Einbindung der Schifffahrt in das EU-ETS wird auch Thema auf dem diesjährigen HANSA-FORUM am 1. Dezember in Hamburg sein. Hochrangige Experten diskutieren über zahlreiche weitere Themen und Strategien, mit denen den Herausforderungen durch regulatorische Vorgaben, sich verändernde Märkte, das steigende Kostenrisiko und nicht zuletzt durch geopolitische Spannungen begegnet werden kann.

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Das Parlament fordert zudem eine gezielte Verwendung der Einnahmen aus dem ETS – das Geld soll nicht in den allgemeinen Haushalt fließen, sondern unter anderem für Forschung und Entwicklung »grüner« Kraftstoffe und den Aufbau der benötigten Infrastruktur verwendet werden. Rat und Kommission lehnen das bislang kategorisch ab. Es könnte stattdessen einen maritimen Innovationsfonds geben, der sich aus einem Teil der Zertifikatserlöse speisen könnte. Kommt es zu keiner Einigung, dürfte sich das Vorhaben erheblich verzögern.

»Ich bin mir sicher, dass wir mit ein bisschen guten Willen in der nächsten Woche eine Einigung erzielen können«, so der Europaabgeordnete Liese. Nach dem unbefriedigenden Ergebnis der COP27 in Sharm-el-Sheikh wäre es ein sehr wichtiges Signal, dass Europa seine ehrgeizige Klima-Agenda trotz allem fortsetzt”, so Liese.

Auch wenn zunächst die Reederei bzw. der Schiffsmanager in die Pflicht genommen wird, die nötigen Emissionszertifikate einzureichen, wird am Ende der Befrachter die Kosten tragen, egal ob unter einer Zeit- oder Voyage-Charter. Handelt es sich dabei um einen reinen Operator – etwa eine Linienreederei – werden die CO2-Kosten über Zuschläge auf die Ladungseigner verteilt.

MSC, die Nr. 1 in der globalen Container-Linienfahrt, will je nach Trade Zuschläge von 30 $ bis 500 $ pro Container erheben, wenn 100% der relevanten Emissionen durch Zertifikate (geschätzter Preis: 90 € pro t CO2) abgedeckt werden müssten. Für Verladungen von Fernost nach Europa würden 69 €/TEU fällig, für Reefer-Transporte von Brasilien nach Nordeuropa hingegen 478 €/FEU.