Tim Kunstmann ist Geschäftsführer von fünf FRS-Töchtern und verantwortet bei FWOL den Bereich Chartering und Commercial © FRS
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In Belgien ist bereits eines im Einsatz, in Deutschland soll im ersten Quartal 2023 das erste Crew Transfer Vessel mit Wasserstoff-Antrieb seinen Dienst aufnehmen. Die HANSA sprach mit Tim Kunstmann über das Projekt sowie über die Nachhaltigkeitsaktivitäten von FRS [ds_preview]

Wie kam es zu dem Joint-Venture FRS Windcat Off­shore Logistics (FWOL) zwischen Ihnen und Ihrem niederländischen Partner Windcat Workboats?

Die FRS-Gruppe

Die Flensburger Reederei FRS ist ein familiengeführtes, international aktives Unternehmen mit mehreren Gesellschaften. Insgesamt rund 70 Schiffe – hauptsächlich Fähren – gehören zur Flotte. Sie sind derzeit in 14 Ländern im Einsatz. Ein Unternehmen der Gruppe ist FRS Windcat Off­shore Logistics (FWOL). Dabei handelt es sich um ein deutsch-niederländisches Joint-Venture mit Windcat Workboats.

Tim Kunstmann: Windcat Workboats ist ein großer CTV-Operator mit einer Flotte von rund 50 Schiffen. Vor über zehn Jahren suchten sie in Deutschland einen Partner. Wir wollten zur gleichen Zeit ins CTV-Business einsteigen und suchten ebenfalls nach einem passenden Unternehmen. So sind wir zusammengekommen und haben ein 50:50 Joint-Venture gegründet, das sich um den deutschen Markt kümmert. In Zukunft wollen wir aber auch in Polen CTVs betreiben. Wir haben 2018 FRS Windcat Polska gegründet, mit einem Büro in Danzig. Die Offshore-Aktivitäten in Polen nehmen zu.

Wann soll es losgehen?

Kunstmann: Ende 2023, Anfang 2024. Wenn die ersten Windparks in der polnischen Ostsee gebaut werden. Wir sehen in Polen großes Potenzial. Es ist ein dynamischer Offshore-Markt.

Wie viele Schiffe umfasst die Flotte des Joint-Ventures?

Kunstmann: Wir betreiben derzeit fünf Schiffe. Das sechste wird diesen Winter erwartet. Es wird grade auf der Kuipers Woudsend Shipyard in den Niederlanden gebaut. Diese Werft ist nach vielen Jahren auf unsere CTVs spezialisiert und baut zwei bis drei Neubauten für uns im Jahr.

Bei dem Motor des neuen CTV vom Typ »Hydrocat 48« handelt es sich um eine gemeinsame Entwicklung von CMB.Tech und MAN Engines. CMB.Tech ist ein Tochterunternehmen der belgischen Reedereigruppe CMB, die wiederum Share­holder von Windcat Workboats ist. Bei bis zu 80 % der Treibstoffeinspeisung wird der Dual-Fuel-Motor MAN D2862 LE448 mit Wasserstoff angetrieben. Dieser kommt in Gasflaschen mit einem Druck von 350 bar an Bord. Um den Wasserstoff nachzufüllen, wird entweder die gesamte Gasflaschenbatterie ausgetauscht oder einzelne Flaschen werden aufgefüllt. Zeitlich ist der Bunkervorgang mit einem Dieselbunkerprozess vergleichbar und dauert rund 20 Minuten. Die Wasserstoffkapazität beläuft sich auf 207 kg. Das 25 m lange, 7,30 m breite und 1,90 m tief gehende Schiff erreicht damit eine Dienstgeschwindigkeit von 25 kn. An Bord des CTVs finden rund 26 Personen Platz.

Auf einer deutschen Werft zu bauen wäre keine Option?

Kunstmann: Wir suchen gerade aufgrund von Kapazitätsengpässen einen weiteren Partner, um die Neubauaktivitäten zu vergrößern. Für den polnischen Markt überlegen wir ernsthaft, in Polen CTVs zu bauen. Hier sind wir aktiv auf der Suche. Derzeit war eine weitere Option, wie zum Beispiel in Deutschland, nicht notwendig, da die Kapazitäten bei unserem jetzigem Baupartner ausreichend waren.

Zurück zu dem Neubau, der momentan auf der niederländischen Werft entsteht. Welchen Antrieb wird er erhalten?

Kunstmann: Windcat hat im Frühjahr dieses Jahres mit dem »Hydrocat 48« das erste Dual-Fuel-CTV, das mit Wasserstoff betrieben werden kann, auf den Markt gebracht. Es fährt derzeit in Belgien. Das Schiff, das wir gerade bauen, wird auch einen solchen Antrieb haben. Und es wird das erste CTV mit Wasserstoffantrieb im deutschen Markt sein. Wir erwarten es im ersten Quartal 2023. Insgesamt werden zurzeit sechs solcher Wasserstoff-CTVs gebaut. Eines davon ist eben für deutschen Markt.

Können Sie schon sagen, in welchem Offshore-Windpark dieses Wasserstoff-CTV zum Einsatz kommt?

Kunstmann: Das kann ich noch nicht konkret sagen, aber wir sind in guten Gesprächen mit Betreibern in der Ostsee.

Wer liefert den Antrieb für das Schiff?

Kunstmann: Unser Neubau erhält einen MAN-Dual-Fuel-Motor. Damit fahren wir mit bis zu zu 80 % mit Wasserstoffeinspeisung und sparen somit 80 % CO2 im Vergleich zum konventionellen Betrieb.

 

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Mit seinem Dual-Fuel-Antrieb fährt das Schiff 80 % der Zeit mit Wasserstoff © FRS

Wird es grüner Wasserstoff sein?

Kunstmann: Wir haben das Ziel, grünen Wasserstoff zu nutzen und sind bereits mit Lieferanten im Kontakt.

Wie läuft der Bunkerprozess an Bord ab?

Kunstmann: Es gibt normalerweise zwei Optionen. Entweder es ist eine Hafeninfrastruktur vorhanden, die die Schiffe mit Wasserstoff versorgt. Da ist ja in Deutschland derzeit nicht der Fall. Oder der Schiffsbetreiber kümmert sich selbst. Wir betreiben gemeinsam mit Windcat Workboats einen Lkw-Trailer, mit dem wir uns selbst im Hafen beliefern können. Eine Alternative wäre eben ein Lieferant im Hafen. Wir sind hier aber auch in ersten Gesprächen mit Lieferanten, die grünen Wasserstoff produzieren, unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern. Sie könnten unsere CTVs regelmäßig, zum Beispiel in Sassnitz oder Mukran beliefern.

Für die nötige Wasserstoffinfrastruktur zu sorgen, liegt also bei Ihnen als Betreiber und nicht bei den Häfen?

Kunstmann: Die reine Durchführung des Bunkerns liegt bei uns. Wir haben momentan die Arbeit. Wobei es wie gesagt in Mukran durchaus Pläne für eine hafenseitige Infrastruktur mit einer dauerhaften Wasserstoffanbindung gibt. Aber diese ist nicht bis zum ersten Quartal nächsten Jahres fertig, wenn wir mit unserem CTV in den Markt kommen. Generell kann man aber schon feststellen, dass sich Häfen mit dem Thema Wasserstoffinfrastruktur beschäftigen. Sodass ich optimistisch bin, dass es mittelfristig, also innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre, Wasserstoff um einiges einfacher in den Häfen verfügbar sein wird, als es heute noch der Fall ist.

Was halten Sie von Projekten, die sich mit der Wasserstoffherstellung und -Bunkerung direkt im Offshore-Windpark beschäftigen?

Kunstmann: Wir finden es total interessant und sinnvoll, dass sich ein CTV, wenn es im Offshore-Windpark auf die Techniker wartet, mit Wasserstoff versorgt. Hier sind wir auch im sehr guten Austausch mit Windpark-Entwicklern und gucken, wie es sich mit unseren CTVs realisieren ließe.

Wie viel Wasserstoff kann das neue Hydrocat-CTV bunkern?

Kunstmann: Wir können rund 207 kg Wasserstoff aufnehmen. Das reicht für zwei Tage Einsatz auf See, dann muss man neuen Wasserstoff bunkern. Aber ein CTV ist normalweise häufig jeden Abend im Hafen. Es fährt morgens raus und abends wieder zurück.

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, die CTVs mit Wasserstoff anzutreiben?

Kunstmann: Der Markt hat es einfach angefragt. Wir haben gemerkt, dass die großen Windpark-Betreiber ihren CO2-Ausstoß senken wollen. Es gibt da natürlich verschiedene Möglichkeiten, wie zum Beispiel CTVs mit Elektro-Antrieb. Die ganze große Herausforderung ist aber hier das Gewicht der Batterie. Es gibt wie gesagt unterschiedliche Ideen, aber wir haben für uns beschlossen, in Richtung Wasserstoff zu gehen, unter anderem, weil er gut zu »handeln« ist an Bord. Der Hauptgrund ist aber die Nachfrage aus dem Markt. Unsere CTVs zählen sowieso schon zu den emissionsärmsten, aber die Wasserstoff-Schiffe bringen das Thema CO2-Einsparung auf ein ganz anderes Level.

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Bis eine Wasserstoffinfrastruktur in Häfen vorhanden ist, werden die CTVs per Trailer versorgt © FRS

Ist aus Ihrer Sicht Wasserstoff der Schiffskraftstoff der Zukunft?

Kunstmann: Ich glaube, es wird in Zukunft nicht den »einen« Brennstoff geben. Es wird je nach je nach Art des Betriebsprofils, Schiffstyp etc. unterschiedliche Kraftstoffe und Antriebsarten geben. Man sieht es an vielen Reedereien, die verschiedene Konzepte verfolgen. Auch wir als FRS machen es. Wir betreiben reine Elektrofähren. In Berlin haben wir beispielsweise ÖPNV-Fähren für die Berliner Verkehrsbetriebe. Sie fahren rein elektrisch, da ist kein einziger Dieselgenerator an Bord. Wir betreiben diese Fähren auf der Spree seit bereits sechs Jahren, das Konzept funktioniert. Auf anderen Linien wiederum, wie auf unserer Sylt-Verbindung, haben wir LNG im Einsatz. Es ist nicht die Zukunft, aber eine Brückentechnologie. Es wird unserer Einschätzung nach zukünftig unterschiedliche Energieträger geben.

Gibt es innerhalb der FRS Pläne, auch andere Schiffstypen mit Wasserstoff-Antrieben auszustatten?

Kunstmann: Ja, die gibt es. Und wir schauen uns wirklich in vielen Bereichen um, mit dem Ziel, unsere Flotte grüner zu machen. Über die einzelnen Projekte kann ich leider im Detail nicht sprechen – außer über unser Fähren-Projekt auf der Linie Glückstadt-Wischhafen, das in der Öffentlichkeit kommuniziert worden ist. Da reden wir allerdings nicht über eine Wasserstoff-, sondern Elektrolösung. Für diese Fährlinie haben wir ein grünes Mobilitätskonzept entwickelt und wollen unsere Flotte von vier Fähren neu bauen und mit Elektroantrieben auszurüsten. Der Plan ist also, diese Verbindung komplett elektrisch zu betreiben und damit 100 % CO2 einzusparen. Was uns aber hier leider fehlt, ist die Planungssicherheit, weil es von der politischen Seite immer wieder heißt, dass die A20-Elbquerung kommen soll. Was für unsere Fährlinie bedeuten würde, dass sie keine Zukunft mehr hätte. Wir schauen uns das Thema Green Shipping und CO2-Einsparung aber auf jeden Fall sehr genau an. Und wir haben mehrere Projekte, in denen wir uns damit intensiv beschäftigen.

Interview: Anna Wroblewski

 

Abstract: First H2-CTV for the German market

There is already one unit in operation in Belgium, and the first hydrogen-powered Crew Transfer Vessel is due to enter service in Germany in the first quarter of 2023. HANSA spoke to Tim Kunstmann about this project and about FRS‘s sustainability activities.