EU, Europäische Union, Schifffahrt und Politik in der EU
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Morgen endet die Sonderstellung für Containerlinien im EU-Kartellrecht im Rahmen der sogenannten Gruppenfreistellung. Hafen- und Speditionsunternehmen jubeln, denn sie sahen sich gegenüber Seeschifffahrtsallianzen im Wettbewerb benachteiligt.

Unter der Gruppenfreistellungsverordnung (Consortia Block Exemption Regulation, CBER) für Seeschifffahrtskonsortien durften an sich miteinander konkurrierende Linien bislang Absprachen treffen, welche Schiffe wie häufig welche Häfen und Umschlagbetriebe anlaufen. Am 25. April läuft die viel kritisierte Ausnahmeregelung im EU-Kartellrecht aus. [ds_preview]

Eigentlich verbietet das EU-Recht Absprachen zwischen Unternehmen, die den freien Wettbewerb einschränken könnten. Die Europäische Kommission erlaubte allerdings seit 1995, dass Linienschifffahrtsdienste, also regelmäßige, fahrplangebundene Seeverkehrsdienste zur Beförderung von Gütern, von mehreren konkurrierenden Schifffahrtsunternehmen gemeinsam erbracht werden. Die in Konsortien oder Allianzen zusammengeschlossenen Seeschifffahrtsunternehmen – sie dürfen einen gemeinsamen Marktanteil von 30 % nicht überschreiten – nutzen gemeinsam Schiffe und stimmen Fahrpläne untereinander ab. Das sollte Effizienzsteigerungen durch eine optimale Auslastung von Containerschiffen und Kostenreduktionen für die Linienschifffahrt bewirken.

Häfen sahen sich durch Gruppenfreistellung im Nachteil

Durch die Sonderregelung benachteiligt sahen sich auf der anderen Seite Logistikunternehmen wie Hafenbetriebe und Speditionen. Die Regelung trug ihrer Einschätzung nach zu einer erheblichen Marktmacht der Containerlinien bei. Ein besonderer Kritikpunkt galt dem Umstand, dass durch die Gruppenfreistellungsverordnung nicht explizit ausgeschlossen war, dass Absprachen auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden konnten, etwa den Betrieb von Hafenterminals und die Organisation des Hinterlandverkehrs.

Daher waren diverse europäische Hafen-, Verlader- und Speditionsverbände und Reedereien in den vergangenen Jahren gegen die Verordnung beziehungsweise ihre Verlängerung Sturm gelaufen. 2014 und 2020 war die Ausnahmeregelung noch entgegen den Forderungen der verladenden Wirtschaft und des Transportgewerbes verlängert worden. Doch jetzt haben die EU-Kommission und auch Großbritannien das Auslaufen der Sonderregelung beschlossen. Vorangegangen war eine Befragung von betroffenen Unternehmen und Interessengruppen.

ZDS: »EU-Kommission hat die richtige Entscheidung getroffen«

So begrüßt auch der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) jetzt die Entscheidung der Europäischen Kommission: »Die EU-Kommission hat die richtige Entscheidung getroffen. Die Gruppenfreistellungsverordnung für Seeschifffahrtskonsortien auslaufen zu lassen, korrigiert eine Benachteiligung von Hafen- und Speditionsunternehmen gegenüber Seeschifffahrtsallianzen im Wettbewerbsrecht. Nun muss die Europäische Kommission das geltende Wettbewerbsrecht in diesem Bereich auch konsequent durchsetzen und zudem das seit 2004 unveränderte, großzügige Beihilferecht für die Linienschifffahrt überprüfen«, sagt Angela Titzrath, Präsidentin des ZDS.

Der ZDS hatte in der Vergangenheit immer wieder gegen die Regelung argumentiert. Ein großes Problem aus Sicht der Häfen ist es, dass Reedereien, die beispielsweise während  der Coronapandemie Milliardengewinne eingefahren hatten, auch eigene Terminals betreiben. Die »quasi steuerfreien Gewinne« würden die Linienreedereien nutzen, um weltweit ins Geschäft des Hafenumschlags und der Hinterlandlogistik zu drängen.