Die deutschen Reeder sind vor den entscheidenden Tagen bei der NordLB alarmiert: Sie fordern vom Land Niedersachsen und der Bank Auffanglösungen statt eines Ausverkaufs an US-Investoren.

Die niedersächsischen Reedereiverbände an Ems, Dollart und Unterelbe haben sich in einem gemeinsamen Positionspapier* an die Landesregierung in Hannover und die Fraktionen im niedersächsischen Landtag gewandt. [ds_preview] Sie warnen bei einem drohenden Ausverkauf von Schiffskrediten vor einem Niedergang der maritimen Wirtschaft in Niedersachsen mit 30.000 Beschäftigten und einer Wertschöpfung von rund 10 Mrd. €.

Hintergrund der eskalierenden Sorgen ist die laufenden Restrukturierung der NordLB. Wie berichtet will die Landesbank ihr Schifffahrtsportfolio drastisch reduzieren. Bei der Vorlage der Bilanzzahlen für 2018 am morgigen Donnerstag soll dem Vernehmen nach die Grundsatzentscheidung verkündet werden, wie es mit der Landesbank weitergehen soll.

Kleiner und regionaler

Faule Schiffskredite haben der NordLB 2018 einen Rekordverlust eingebrockt. Insidern zufolge liegt das Minus deutlich über 2 Mrd. €. Heute muss die NordLB der Bankenaufsicht in Brüssel einen Kapitalplan und ein Geschäftsmodell vorlegen. Nach langen Verhandlungen soll eine Einigung erzielt worden sein, heißt es. Demnach wird die NordLB kleiner und regionaler. Die Bilanzsumme sollte auf rund 80 Mrd. € halbiert werden, als Kompromiss sind jetzt etwa 90 Mrd. € im Gespräch.

Bekannt ist bislang, dass das Abbau-Portfolio im Wert von 7,2 Mrd. € bis Ende des Jahres komplett abgestoßen werden soll. Dazu wird ein Komplett-Ausstieg aus der Schiffsfinanzierung diskutiert. Dies beträfe weitere rund 3,6 Mrd. € an »gesunden« Krediten. Parallel dazu wollen die Träger der NordLB – allen voran das Bundesland Niedersachsen als Hauptgesellschafter (60%), aber auch die Sparkassen – bis zu 3,7 Mrd. € an frischem Kapital zur Verfügung stellen.

NordLB, Portfolio
© NordLB / HANSA

Ein Teil-Portfolio im Wert von 2,7 Mrd. € wurde bereits an den US-Investor Cerberus verkauft. Ein mit rund 4 Mrd. € noch höher bewertetes Forderungspaket namens »Tower Bridge« will das finanziell angeschlagene Geldinstitut ebenfalls schnellstmöglich abstoßen, um die Bilanz zu bereinigen. Im Gespräch waren bis zuletzt sowohl ein Verkauf an Privat-Investoren als auch eine Verwertung über eine Abbau-Gesellschaft. Morgen könnten bei der  Veröffentlichung der Bilanzzahlen für 2018 bereits vollendete Tatsachen verkündet werden.

Die niedersächsischen Reeder warnen jetzt eindringlich vor zusätzlichen Verlusten durch weitere Großverkäufe von notleidenden Schiffskrediten. Sie befürchten, dass die NordLB bei einem Verkauf an einen Finanzinvestor höhere Abschläge akzeptieren müsste, als nach Marktlage nötig wäre – zu Lasten der heimischen Schifffahrtsunternehmen.

Es drohen Schiffsverkäufe unter Marktwert

Denn externe Investoren fordern in der Regel einen Ausgleich für Risiken, die sich durch die Markt-Volatilität, einen Wechsel in der Bereederung und mögliche Beschäftigungsausfälle ergeben könnten. Somit besteht die Gefahr, dass Schiffsdarlehen unter Marktwert verkauft und danach von den Käufern schnellstmöglich verwertet werden könnten.

Deutlich bessere Ergebnisse seien hingegen bei einvernehmlichen Restrukturierungen mit den bestehenden Kunden zu erwarten, schreiben die Verbände. Denn dadurch könnten sich beide Seiten Zeit lassen, bis sich Märkte und Schiffswerte erholen. Die Verluste für die Bank könnten auf diese Weise begrenzt werden. »Es müssen keine kurzfristigen Transaktionen ›um jeden Preis‹ umgesetzt werden«, argumentieren die Reedereivertreter.

Reeder fordern wertschonenden Abbau

Sie plädieren für einen »wertschonenden« Abbau. Über eine gewisse Zeit könnte die NordLB ihre leistungsgestörten Schiffskredite einer öffentlich-rechtlichen Abbaubank wie zum Beispiel der PM Portfoliomanagament AöR übertragen. Diese war von den Bundesländern Schleswig-Holstein und Hamburg 2016 gegründet worden, um die mit seinerzeit 4,1 Mrd. € bewerteten Altlasten der ehemaligen HSH Nordbank zu verwalten.

Zusätzlich wünschen sich die Reeder allerdings auch Hilfe des Landes Niedersachsen in Form von Landesbürgschaften für Anschlussfinanzierungen, um eine Ablösung ihrer gestörten Kredite zu marktüblichen Konditionen auf die Beine stellen zu können.

Abschied aus der Schiffsfinanzierung?

Für zusätzliche Unruhe sorgen Meldungen, wonach sich die NordLB vollständig aus der Schiffsfinanzierung verabschieden könnte. Niedersachens Reeder fordern einen »unbedingten Verbleib der NordLB im Markt für die Kreditfinanzierung von Handelsschiffen inklusive des marktüblichen Neugeschäfts …, insbesondere für kleine und mittelgroße Reedereikunden«.

In den rund 40 Jahren vor der Schifffahrtskrise ab 2009 dürfte die Schiffsfinanzierung in Deutschland »fast ununterbrochen zu den besten und stabilsten Ertragsbringern der Bank gehört haben«, wird argumentiert. Zahlungsausfälle seitens der deutschen Reeder dürften, wenn überhaupt, deutlich unterhalb des Durchschnitts gelegen haben. Erst mit der Ausweitung des Kreditgeschäfts auf große internationale Kunden, unter anderem vom Standort Singapur aus, seien die Risiken aus dem Ruder gelaufen. (mph/KF)

Die Forderungen der niedersächsischen Reederverbände:

  • Fortsetzung der Schiffsfinanzierungsaktivitäten, insbesondere für kleine und mittlere Kunden
  • Abbau des NPL-Schiffskreditportfolios – sofern notwendig – durch Übertragung auf eine öffentlich-rechtliche Abbaubank
  • Gemeinsame Abbaulösungen mit bestehenden Kunden – dazu auch Landesbürgschaften für neue Finanzierungen
  • Landesbürgschaften zur Finanzierung von energetischen Verbesserungen und regulatorisch notwendigen Nachrüstungen von Schiffen

* Quelle: »Positionspapier zur NordLB« des Reedervereins Ems-Dollart, Interessengemeinschaft Harener Reeder, Reederverein Unterelbe