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Nach dem jüngsten Vorstoß der US-Regierung im Streit um die »Grace 1« fordert die internationale Transportarbeitergewerkschaft ITF mehr politisches Verständnis für die Rolle der Seeleute.

Man sei »ernsthaft besorgt« über das mangelnde Verständnis vieler Regierungen[ds_preview] in Bezug auf die internationale Schifffahrt und die Rolle der Seeleute, heißt es in einem jetzt veröffentlichten Statement der ITF.

Die Gewerkschaft bezieht sich dabei auf den Streit um den mit iranischem Öl beladenen Tanker »Grace 1«, der wegen Verstößen gegen internationale Sanktionen gegen das syrische Assad-Regime lange vor Gibraltar festgehalten, mittlerweile als »Adrian Darya« allerdings wieder freigelassen wurde. Der Iran hatte als Revanche den unter britischer Flagge fahrenden schwedischen Tanker »Stena Impero« festgesetzt – das Schiff mitsamt seiner Crew ist nach wie vor nicht frei.

»Seeleute haben keinen Einfluss auf das Ziel eines Schiffes oder seine Ladung.«

Die US-Regierung hatte die Freilassung der »Grace 1« mit allen Mitteln zu verhindern versucht, allerdings vergeblich. Danach gab es eine vieldiskutierte Mitteilung des US-Außenministeriums an die Schifffahrtsindustrie. Darin beruft man sich auf geltende Anti-Terror-Gesetze und kündigt an, Seeleuten ein US-Visum zu verweigern, wenn sie an Bord eines Schiffes arbeiten, das iranisches Öl transportiert.

Die ITF ist darüber erbost. Das sei ein Beispiel dafür, wie wenig Regierungen die Realität der Seeleute verstehen.  Dave Heindel, Vorsitzender der ITF-Sektion für Seeleute, äußerte seinen Ärger: »Als globale Gewerkschaftsföderation sind wir uns bewusst, dass geopolitische Fragen und offizielle Sanktionen außerhalb unserer Zuständigkeit liegen. Es liegt jedoch auch außerhalb des Aufgabenbereichs eines Seefahrers, von ihm zu erwarten, dass er Einfluss auf das Ziel eines Schiffes oder seiner Ladung hat.«

Seeleute wüssten selten, wohin ihr Schiff unterwegs ist. »Wenn ein Schiff zu einem iranischen Hafen geleitet wird, ist es üblich, dass der Kapitän der einzige ist, der das Ziel ein oder zwei Tage vorher kennt. Die Besatzung, insbesondere auf unteren Hierarchiestufen wissen es nicht und haben keine Möglichkeit, das Schiff während der Reise abzulehnen oder zu verlassen.«

Der Streit wird zum Anlass genommen, erneut auf das Thema der Flaggenwahl hinzuweisen. »Darüber hinaus haben Seeleute in der Regel keine Ahnung, wer das Schiff, auf dem sie arbeiten, tatsächlich besitzt, geschweige denn, wer die Ladung besitzt. Deshalb kämpft die ITF seit 1948 gegen das Billigflaggensystem, das es den Schiffseignern, die zur Verantwortung gezogen werden sollten, ermöglicht, sich hinter einem Schleier der Geheimhaltung zu verstecken«, so die drastische Kritik.

Aus Sicht von Heindel ist es »ungerecht«, Seeleuten, die an Bord eines als sanktionsbrechend eingestuften Schiffes beschäftigt waren, das Visum pauschal zu verweigern. »Regierungen, einschließlich der USA, sollten sich eher auf das Flaggen-System konzentrieren.«