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Im Rohöltransport sind die Spot-Einnahmen der Reeder diese Woche tief gefallen. Wegen des Coronavirus gibt die Nachfrage in China erstmals seit Jahren nach.

Während die Auswirkungen des Coronavirus auf die Realwirtschaft von Tag zu Tag gravierender werden, fallen auch die Frachtenmärkte[ds_preview] in der Schifffahrt immer weiter ins Bodenlose. Die schwersten Rückschläge am Spotmarkt kassierten diese Woche die Rohöltanker. Neben dem allgemeinen Rückgang der Befrachtungsaktivität wird der Druck auf die Frachtraten durch die grassierende Nervosität an den Märkten noch erheblich verstärkt. Bis gestern brachen die durchschnittlichen Spoteinnahmen der VLCC auf Wochensicht um 47% auf 21.900 $/Tag (bei Verwendung von Low Sulphur Fuel) ein. Am tiefsten stürzte das Niveau auf der Rennstrecke vom Persischen Golf nach Fernost: um 60% auf 12.700 $/Tag. »Auf jedes Ladungsangebot kommen mehr als zehn Tonnageofferten«, beklagte ein Makler.

BIMCO VLCC Earnings 07 02 2020graph for update
Quelle: BIMCO

Auch der volumenmäßig noch gut laufende US-Exportmarkt reiche nicht mehr aus, um das wachsende Tonnageangebot, das jetzt in den Atlantik drückt, aufzunehmen. Von Hoffnungszeichen für den Markt gebe bislang keine Spur, warnte der norwegische Makler Fearnleys. Die auf den Energiesektor spezialisierte Marktforschungsfirma Wood Mackenzie rechnet für das erste Quartal zum ersten Mal seit über zehn Jahren mit einem Rückgang der Importnachfrage für Rohöl in China. Vor allem aufgrund der massiven Einschnitte im Flugverkehr mit China bekämen auch Raffinerien in anderen Teilen der Welt die Marktabkühlung zu spüren. Wood Mackenzie hat seine Prognose für die weltweite Rohölnachfrage im ersten Quartal um 0,9 Mio. auf 98,8 Mio. Fass pro Tag abgesenkt.

Auch in den anderen Tanker-Größenklassen ging es mit den Raten rapide nach unten. Die teils in direkter Konkurrenz zu den VLCC fahrenden Suezmaxe verzeichneten ein Minus von 30% auf durchschnittlich 33.500 $/Tag. Die Spoteinnahmen der Aframaxe fielen bei hoher Tonnageverfügbarkeit und flauer Nachfrage in der Nordsee und dem Mittelmeer um 29% auf 19.500 $/Tag.

Bulk-Reeder greifen jeden Strohhalm

In der Dry-Bulk-Schifffahrt hat sich das Tempo des Ratenverfalls diese Woche etwas verlangsamt, was aber wohl nur daran liegt, dass die Erträge bereits weit unter Betriebskosten liegen und immer mehr Schiffe aufgelegt werden. Die Durchschnittsrate der Capesize-Bulker im Zeitcharter-Trip-Geschäft fiel gegenüber der Vorwoche laut Baltic Exchange um 26% auf 3.021 $/Tag. Mehrere Maklerhäuser bezeichneten die Index-Rate noch als überhöht.

Unterdessen soll die Perioden-Charteraktivität zugenommen haben, weil sich die Reeder an jeden Strohhalm klammerten, um übehaupt Beschäftigung nach vorne raus zu sichern. Die vereinbarten Raten seien aber zumeist an den Spotindex gekoppelt, so dass es kaum Risiken für die Befrachter gibt. Eine Ausnahme bildet der Abschluss einer Charter von 11 bsi 13 Monaten zu festen 13.500 $/Tag für die »Cape Stork« (175.611 tdw, Bj. 2011) mit prompter Anlieferung im nordchinesischen Bayuquan.

Im Panamax-Segment rutschte das Ratenniveau (5TC) um 11% auf 4.773 $/Tag. Sowohl im Atlantik als auch im Pazifik werden Rundreisen zu niedrigen 3.000 $/Tag gehandelt, was immer mehr Reeder dazu veranlasst, ihre Frachter vor Anker gehen zu lassen. Trotz dem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld kam zum Ende der Woche mehr Charteraktivität für Verladungen ex Ostküste Südamerikas ab Mitte/Ende Februar auf. Moderne Kamsarmaxe (81.000-82.500 tdw) konnten dabei teils Raten auf dem Niveau der Vorwoche (12.500 $/Tag + 250.000 $ Ballastbonus) erzielen.

Belebung im europäischen Kurzstreckenseeverkehr

Supramaxe und große Handies (38.000 tdw) verschlechterten sich um 4% bzw. 9% auf 5.570 und 5.558 $/Tag. In beiden Segmenten – vor allem für die Supras – soll die Charteraktivität im asiatisch-pazifischen Raum diese Woche aber angezogen haben. In den Raten schlug sich das aber noch nicht positiv nieder, weil der Überhang an Tonnage noch so hoch ist.

Eine leichte Belebung soll auch im europäischen Kurzstreckenseeverkehr zu beobachten gewesen sein. Vor allem in der Ostsee werde die Tonnage bei steigenden Getreideverladungen wieder knapper, berichtete der Branchendienst BMTI zur Wochenmitte. Die Index-Rate für Nordeuropa wurde leicht um 0,5% auf 25,29 €/t angehoben. Wegen streikbedingter Ausfälle und Verzögerungen in Frankreich dürfte noch mehr Getreide aus dem Ostseeraum geordert werden, »was die Raten wohl noch treiben wird«, notiert BMTI.

Coronavirus könnte Containerverkehre drücken

Für die weltweiten Containerverkehre zeichnen sich wie für Dry Bulk und Rohöl drastische Auswirkungen infolge des Coronavirus ab. Die Marktforscher von Alphaliner warnten zur Wochenmitte, dass das weltweite Verkehrswachstum dieses Jahr um 0,7 Prozentpunkte geringer ausfallen könnte. In Bezug auf die Frachtraten herrscht aktuell offenbar noch Stabilität, weil den Ladungsausfällen auch erhebliche Kapazitätsausfälle bei den Schiffsystemen (Terminalschließungen, Fahrplanänderungen tc.) gegenüberstehen. So zog der World Container Index für die Spot-Frachtraten diese Woche sogar leicht um 1% auf 1.744 $/FEU an.

Am Chartermarkt für Containerschiffe ist der Druck offenbar schon größer, auch weil die Carrier damit begonnen hätten, Tramp-Frachter zum frühest möglichen Zeitpunkt zurückzuliefern, wie die Döhle Group in ihrem Maritime-Overview-Report ausführt. Der New Contex sank im Wochenverlauf um 0,7%, der Howe Robinson Containership Index um 0,6%. (mph)