Nächster Schicksalsschlag für die Meyer Werft: Auch die Ablieferung des Neubaus »Odyssey of the Seas« verzögert sich. Royal Caribbean hat alle Abfahrten bis April 2021 abgesagt.
Eigentlich sollte die »Odyssey of the Seas« [ds_preview]erstmals am 5. November von Port Everglades aus mit den ersten Gästen an Bord ablegen. So war es mit der Meyer Werft vertraglich vereinbart. Doch dann kamen die Coronakrise mit ihren Folgen für die Reederei Royal Caribbean und die Papenburger Werft und zwei Brände auf dem noch unfertigen Neubau.
Jetzt hat das US-Kreuzfahrtunternehmen alle geplanten Abfahrten bis April 2021 abgesagt. Die Übernahme des Neubaus verschiebt sich damit offiziell um gut ein halbes Jahr. Als Begründung werden die Folgen sowohl für den eigenen operativen Betrieb bei Royal Caribbean als auch die Verzögerungen bei der Meyer Werft genannt. Mit welchen finanziellen Konsequenzen dies für die Beteiligten verbunden sein könnte, bleibt offen.
»Iona«, »Spirit of Adventure«, »Odyssey of the Seas« – alle verspätet
Schon der fertige Neubau »Iona« für P&O Cruises hat sich verzögert. Geplant war, dass das Schiff im Mai übergeben werden sollte, der Termin verschob sich auf Juli, jetzt hofft die Werft auf Ende August. Und auch die »Spirit of Adventure«, das neue Schiff für Saga Cruises, wird verspätet, vermutlich erst Ende September abgeliefert. Aber nur, wenn es keine Beanstandungen gibt.
Während der Arbeiten im Dock der Meyer Werft war zweimal an Bord der »Odyssey of the Seas« ein Feuer ausgebrochen. Am 28. Mai war auf Deck 8 in einer der Kabinen ein Feuer ausgebrochen. Vier Wochen später gerieten Isoliermaterialien auf Deck 2 des unfertigen Schiffes in Brand. Zur Schadenshöhe in diesem Fall ist bislang nichts bekannt. Es handle sich um »einen hohen Sachschaden, der zu weiteren teuren Verzögerungen führt«, sagt Werft-Geschäftsführer und Junior-Chef Tim Meyer.
Die Meyer Werft selbst hatte angekündigt, mit den Auftraggebern über eine Streckung der Aufträge verhandeln zu wollen. Die beiden Brände spielen jetzt eher dem Auftraggeber in die Hände, der angesichts der weltweit stillgelegten Flotte derzeit vermutlich kaum Bedarf an einem Neubau haben dürfte.
Situation bei Meyer mit jedem Monat »prekärer«
Die »sehr komplexen« Verhandlungen mit den Kunden kommen vorerst nicht voran. Das erklärten die Geschäftsführer Bernard und Tim Meyer jetzt in einer Videobotschaft an ihre Mitarbeiter. Angesichts der Unsicherheit, wann Kreuzfahrten weltweit wieder möglich werden, seien die Aussichten für die Werft ebenso wie für die Reedereien völlig ungewiss.
Vor allem aber kostet die Krise immens Geld – für das eigene Personal sowie für die Hafengebühren und die laufenden Kosten der wartenden Schiffe. Vor allem aber bekommt Meyer die Neubauten nicht bezahlt – 80% des Auftragswertes werden erst bei Ablieferung fällig. »Für uns wird die Situation dadurch noch prekärer«, sagt Werftchef Bernard Meyer.
Deshalb bemühe sich die Werft um kurzfristige Kredite zur Überbrückung. Bei der KfW wurden nach HANSA-Informationen 200 Mio. € beantragt. Mit dem Betriebsrat seien eine Verlängerung der Kurzarbeit für die 3.500 Beschäftigten bis Ende des Jahres und zwei Produktionspausen vereinbart worden. Die erste beginnt ab dem 20. Juli, Ende Dezember folgt eine weitere dreiwöchige Pause. Außerdem wird die Auszahlung des Urlaubsgeldes in Höhe von insgesamt 14 Mio. € auf einen Zeitpunkt nach der Ablieferung der »Iona« verschoben. »Wir arbeiten mit allen Kräften daran, die Werft aus dieser Krise zu führen«, so Tim Meyer.