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Foto: WAB
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Trotz einer »Ausbaulücke« zeigt sich die Offshore-Windenergiebranche in Deutschland positiv, was die Zukunftsaussichten angeht, und fordert ein Anreizsystem, um einen Markthochlauf für »grünen Wasserstoff« anzustoßen. 

»Besonders vor dem Hintergrund des geringen[ds_preview] Zubaus begrüßen wir, dass durch die Verankerung der 20 GW Offshore-Windenergie bis 2030 und 40 GW bis 2040 nun langfristige Planungssicherheit geschaffen wird. Mit den erhöhten Ausbauzielen stärkt die Offshore-Windenergie den Klimaschutz und schafft wirtschaftliche Entwicklung«, kommentieren die Branchenorganisationen BWE, BWO, VDMA, WAB und die Stiftung Offshore-Windenergie die heute von der Deutschen WindGuard veröffentlichten Offshore-Ausbauzahlen.

Wie bereits Anfang des Jahres prognostiziert, wurden im ersten Halbjahr 2020 lediglich 32 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von 219 MW an das deutsche Netz angeschlossen. Dieser Wert entspricht rund 11 % der installierten Leistung von 2 GW, welche die heimische Wertschöpfungskette im Jahr 2015 realisieren konnte. Damit liefern in Deutschland nach aktuellem Stand 1.501 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 7.760 MW Offshore-Windstrom. Das Ausbauziel der Bundesregierung für 2020 wurde bereits im 1. Halbjahr erreicht.

»Nicht zuletzt aufgrund der langen Vorlaufzeit von Offshore-Windparks haben wir lange davor gewarnt, dass uns eine Ausbaulücke bevorsteht. Nun stecken wir mitten drin. Die Herausforderung besteht jetzt darin, diese Ausbaulücke so klein wie möglich zu halten und den Heimatmarkt für Offshore-Windenergie wieder nachhaltig und dauerhaft zu stärken. Neben der gesetzlichen Verankerung der Langfristziele gehört dazu auch die schnellstmögliche Ausschreibung der verfügbaren Flächen sowie die Wahl eines volkswirtschaftlich effizienten Vergütungssystems für zukünftige Offshore-Windprojekte«, so die Branchenorganisationen.

Branche will Differenzverträge

Wie auch der Bundesrat, spricht sich die Branche dafür aus, die Einführung von Differenzverträgen zu prüfen. Dieses Modell gibt es bereits in anderen europäischen Ländern – beispielsweise in Großbritannien, Frankreich, Italien und Dänemark. Es würde nach Einschätzung der Industrie somit auch grenzübergreifende Ausschreibungen vereinfachen.

»Die in der Änderung des WindSeeG vorgesehene zweite Gebotskomponente erhöht hingegen die Investitionskosten und somit auch die Stromgestehungskosten«, so die Verbände. Für den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach der Corona-Krise seien international wettbewerbsfähige Strompreise jedoch von großer Bedeutung. Ansonsten drohe ein weiterer Verlust von Arbeitsplätze sowie »Carbon Leakage« durch Abwanderung deutscher Industrieunternehmen ins Ausland.

Anders als die zweite Gebotskomponente könnten Differenzverträge die Realisierung von Offshore-Windprojekten sichern und so zur Erreichung der nationalen sowie europäischen CO2-Minderungsziele beitragen, lautet die Branchenposition.

»Dabei gilt es zu prüfen, ob eine Verbindung mit Power Purchase Agreements (PPA) oder sonstigen Vermarktungsformen und damit eine Weitergabe der grünen Eigenschaft möglich ist. Derart ausgestaltete Differenzverträge sorgen für einen kosteneffizienteren Ausbau der Offshore-Windenergie, verhindern in Verbindung mit wettbewerblichen Ausschreibungen eine Überförderung und gewährleisten langfristig niedrige und stabile Stromkosten«, argumentieren die Branchenorganisationen.

Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung gehen davon aus, dass die Stromgestehungskosten durch Differenzverträge um etwa 30 % gegenüber den aktuell vorgelegten Vorschlägen des BMWi gesenkt werden können.

Man setzt auf die Nationale Wasserstoffstrategie

Die Verbände begrüßen den in der nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) angelegten Hochlauf im Heimatmarkt und unterstreichen, dass der Offshore-Windenergie hierbei eine Schlüsselrolle zukomme. »Mit ihren hohen Volllaststunden ist Offshore-Windenergie hervorragend zur Produktion von grünem Wasserstoff geeignet«, erklären sie. »Mit der NWS eröffnet sich die Chance, etwa 3 GW Offshore-Windenergie zur Produktion von grünem Wasserstoff zu nutzen. Hierfür müssen möglichst zügig zusätzliche Flächen voruntersucht und ausgeschrieben werden«, heißt es.

Das Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH) hat im Vorentwurf des Flächenentwicklungsplans die ersten beiden Flächen für Power-to-X in Nord- und Ostsee benannt. Der Beginn des Vergabeverfahrens für diese Flächen sollte 2021 sein. »Auch hier muss ein Anreizsystem mit effizienten Abgabe- und Umlagemechanismen entwickelt werden, um einen schnellen Markthochlauf von grünem Wasserstoff in Deutschland herbeizuführen«, so die Forderung aus der Industrie.

»In der Nord- und Ostsee sind die Potenziale noch nicht ausgereizt«

Die Industrie setzt auch auf das Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, in welchem Offshore-Windenergie als wichtige Säule der »Green Recovery« und der Energiewende anerkannt wird. Da Deutschland seit Jahresbeginn zusätzlich den Vorsitz der Nordseekooperation innehabe, biete das kommende halbe Jahr gute Voraussetzungen, um den Grundstein für grenzüberschreitende Offshore-Windprojekte zu legen, zeigt man sich optimistisch.

»Die internationale Vernetzung von Offshore-Windparks ist eine strategische Aufgabe, die immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Initiative zur maritimen Raumplanung ist hier aus unserer Sicht ein entscheidender erster Schritt«, erklären die Branchenorganisationen. Es bedürfe jetzt einer zügigen Festlegung, welche Flächen für grenzüberschreitende Projekte geeignet sind, um darauf aufbauend den Investitionsrahmen zu klären.

»In der Nord- und Ostsee sind die Potenziale noch nicht ausgereizt. Dazu zählen auch verfügbare Flächen und freie Netzkapazitäten in Höhe von 1.860 MW, die kurzfristig vergeben werden könnten. Wenn die Weichen jetzt richtig gestellt werden, werden diese nicht nur einen signifikanten Beitrag zur nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise leisten, sondern darüber hinaus auch in hohem Maße zur Erreichung der Klimaziele und zur Versorgungssicherheit während der Energiewende beitragen«, so die Ankündigung.