Das Second-Hand-Geschäft hat für alle Schiffstypen zuletzt stark angezogen. Für Containerfrachter lagen die Transaktionen 2020 deutlich über Vorjahr.
Wochenlang herrschte[ds_preview] im zweiten Quartal 2020 absolute Ebbe am An- und Verkaufsmarkt. Nicht nur weil die Charteraussichten düster waren, sondern auch aus praktischen Gründen: Wegen Lockdowns und Beschränkungen im Flugverkehr konnten interessierte Reedereien gar keine Inspektoren zwecks Besichtigung in fremde Häfen schicken, an Besatzungswechsel war schon gar nicht zu denken.
Das änderte sich in der zweiten Jahreshälfte. Mit der Explosion der Charterraten in der Containerschifffahrt und mit wachsendem Optimismus auch in den Bulk- und MPP-Segmenten ging das Kaufinteresse durch die Decke.
300 Containerschiffe wechseln den Eigentümer
Für die Containerschifffahrt zählte die Reederei Peter Döhle in ihrem jüngsten Maritime-Overview-Report (TMO) knapp 300 Second-Hand-Transaktionen im vergangenen Jahr – fast 50% mehr als 2019. Die Aktivität habe damit alle Erwartungen übertroffen.
Mehr als die Hälfte aller gezählten Schiffsverkäufe im Containerbereich entfielen demnach auf die letzten vier Monate des Jahres, nachdem die Charterraten ab Sommer senkrecht in die Höhe schossen. Den größten Eifer legten dabei Linienreedereien an den Tag, wohl getrieben von der Ahnung, dass Charter-Tonnage allein den Kapazitätsbedarf nicht decken würde.
MSC hat den größten Appetit
Die Top-3-Käufer aus dem Liniengeschäft waren laut TMO der zweitgrößte Carrier MSC mit 30 Schiffen (zusammen 165.000 TEU), der Intra-Asien-Spezialist Wan Hai Lines aus Taiwan mit 13 Einheiten (82.000 TEU) sowie Maersk Line mit neun Schiffen (55.000 TEU).
Der Effekt dieses Ansturms auf die Preise war gewaltig: Für 15 Jahre alte 6.000-TEU-Schiffe haben sich die Preise demnach binnen sechs Monaten verdreifacht, heißt es aus dem Hause Döhle. Zehn Jahre alte klassische Panamaxe (4.200 TEU) seien zu Jahresende mit 19-20 Mio. $ bewertet worden – gegenüber nur 10-11 Mio. $ ein Jahr zuvor. Zehn Jahre alte Feederschiffe des Standard-Wenchong-Typs (1.700 TEU, geared) verbesserten sich den Angaben zufolge von 7-8 Mio. $ auf zuletzt 9-10 Mio. $.
Steigendes Interesse an Bulkern, Preise hinken hinterher
Am Bulkermarkt gab es zum Jahresende hin ebenfalls einen deutlichen Aufschwung im Second-Hand-Business. Im vierten Quartal wurden 225 Transaktionen für Bulker verzeichnet, heißt es im TMO – ein historischer Höchststand. Auf das Gesamtjahr 2020 bezogen lag die Zahl der Verkäufe wegen des starken Rückgangs im zweiten Quartal mit rund 600 An- und Verkäufen trotzdem nur im Durchschnitt der vergangenen Jahre.
Anders als im Containersegment hatte die Käufernachfrage noch nicht genug Schwung, um die Preise nach oben zu treiben. So rangierte der Marktwert eines fünf Jahre alten Capesize-Bulkers (180.000 tdw) laut Döhle zuletzt bei 27 Mio. $ und damit 8 Mio. $ unter dem Niveau des Vorjahres. Moderne, fünf Jahre alte Handysize-Frachter mit 38.000 tdw sackten den Angaben zufolge sogar leicht von 16,5 Mio. $ auf 15,5 Mio. $ Marktwert ab.
MPP-Tonnage kaum verfügbar
Einen Ansturm auf Second-Hand-Tonnage gab es dem Hamburger Makler Toepfer Transport zufolge auch im Segment der Mehrzweckfrachter. Die meisten in finanziellen Nöten befindlichen Schiffe hätten nach längerer Zeit »im Verkaufsregal« endlich einen Käufer gefunden. Ergebnis: In den Größen zwischen 8.000 tdw und 20.000 tdw gebe es kaum mehr Tonnage im Angebot.
Positiver Nebeneffekt: Die Marktpreise zeigen inzwischen eine klare Aufwärtstendenz. Laut Toepfer erholte sich der Preis für einen zehn Jahre alten Frachter der E/F-Klasse mit 12.500 tdw per Dezember auf 7 Mio. $ und damit auf das Preisniveau von Ende 2019. In der Folge der Coronakrise war es zwischenzeitlich bis auf 6,5 Mio. $ abgesackt. (mph)