Lloyd's of London, P&I
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Für die Schiffshaftpflicht-Versicherer war 2021/22 ein tiefrotes Jahr. Nur zwei der großen Clubs konnten sich in den schwarzen Zahlen behaupten.[ds_preview]Von Michael Hollmann

Die Mehrzahl der P&I-Gegenseitigkeitsversicherer hat ihr Zahlenwerk für das zurückliegende Jahr (per 20.02.2022) vorgelegt. Die Zwischenbilanz fällt verheerend aus.

Unter den neun Clubs der International Group, deren Finanzkennzahlen vorliegen, haben nur zwei einen Gewinn gemacht und ihre Reserven ausgebaut: Marktführer Gard und der kleine, für Offshore- und Spezialtonnage bekannte Shipowners’ Mutual. Die übrigen sieben verbuchten allesamt Fehlbeträge im zweistelligen Millionenbereich, wobei die Ergebnisse zumeist viel schlechter als im Vorjahr ausfielen.

Hauptgrund für das schlechte Abschneiden waren stark dezimierte, zumeist sogar negative Kapitalerträge. Die Verbesserung bei den technischen Ergebnissen dank Zuwächsen bei den Prämieneinnahmen und eines leichten Rückgangs bei den Großschäden wurde dadurch aufgezehrt.

Branchenprimus Gard (260 Mio. BRZ, »owned« Tonnage) machte mit 34 Mio. $ immerhin halb so viel Gewinn wie im Vorjahr, obwohl das Ergebnis aus Kapitalanlagen brutal einbrach von +113 Mio. $ auf –5 Mio. $. Dafür gelang den Norwegern eine beachtliche Absenkung der kombinierten Schadenkostenquote: bei P&I von 109 % auf 100 %, bei der Seekasko- und Energieversicherung sogar von 93 % auf 87 %.

Der kleine Shipowners‘ Mutual (28,7 Mio. BRZ) präsentierte seinen Mitgliedern einen Überschuss von 17,4 Mio. $ gegenüber 39,1 Mio. $ im Vorjahr. Bemerkenswert dabei: Als bislang einziger weist der Club einen technischen Gewinn bei P&I in Höhe von 2,9 Mio. $ bei einer kombinierten Quote von 98,7 % aus. Im Jahr davor war ein technischer Verlust von 9 Mio. $ angefallen. Die Investments warfen zusätzlich 15,6 Mio. $ ab (Vorjahr: 49,8 Mio. $).

Der zweitgrößte P&I Club North schloss das Jahr mit einem Fehlbetrag von 16,6 Mio. $ ab, nach einem Gewinn von 6,5 Mio. $ im Vorjahr. Die freien Reserven schrumpften dadurch auf den niedrigsten Stand seit Jahren (433,7 Mio. $). Zwar verbesserte sich die kombinierte Schaden-Kosten-Quote von 113,7 % auf 107,4 %, doch dafür sackte das Ergebnis aus Kapitalanlagen tief in die roten Zahlen (-19,8 Mio. $). In den nächsten Jahren hofft North auf Synergien durch den Zusammenschluss mit dem Standard Club, der Ende Mai von den Mitgliedern beider Partner durchgewunken wurde. Dadurch entsteht der nach versicherter Tonnage größte P&I Club vor Gard.

Für den Standard Club lief es noch schlechter als für North: Der Verlust kletterte dort im vergangenen Jahr auf 50 Mio. $ (Vorjahr: –34 Mio. $) und ließ die freien Reserven auf 310 Mio. $ zusammenschmelzen. Binnen drei Jahren ist das Kapitalpolster somit um mehr als ein Viertel geschrumpft – 2019 betrug es noch 435 Mio. $. Die deutliche Verbesserung der Schadenkostenquote auf 105 % wurde auch beim Standard Club durch Investmentverluste konterkariert. Hinzu kommen noch Wertberich­tigungen von mehr als 15 Mio. $ auf Firmen, die vom ehemaligen Manager Charles Taylor übernommen wurden.

Der Club, der sich vor zwei Jahren dazu entschied, das Management selbst zu übernehmen, spricht von »einmaligen Projektkosten«. Angesichts dieses überraschend hohen Verlustes raunen einige in der Branche, dass der Standard Club viel stärker unter Konsolidierungsdruck steht als der Partner North.

Eine Verbesserung zum Vorjahr können zumindest der UK P&I Club und West of England vorweisen. Ersterer verringerte seinen Fehlbetrag auf 19 Mio. $ von 52 Mio. $ im Vorjahr. Die Schadenkostenquote verbesserte sich von 150 % auf 115 %. Außerdem sticht der UK Club durch ein positiven Kapitalergebnis von 19,6 Mio. $ hervor, trotz der hohen Volatilität an den Kapitalmärkten.

Beim West of England Club sank die kombinierte Quote ähnlich stark – von 140 % auf 114 %. Aufgrund der Einbußen bei den Investments blieb das Gesamtergebnis aber mit –40 Mio. $ weit unter »break even«.

Erhebliche Ergebnisrückgänge melden der norwegische Club Skuld, der Steamship Mutual und der Swedish Club. Skuld verzeichnete einen Einbruch von 25 Mio. $ auf –15 Mio. $, der Steamship Mutual von –4 Mio. $ auf –38 Mio. $. Beide konnten sich technisch nicht genug verbessern, um die wegbrechenden Investments annähernd auszugleichen.

Für den Swedish Club gab es einen doppelten Rückschlag. Die schon hohe Schadenquote wuchs gegen den Trend noch einmal an, von 123 % auf 129 %, gleichzeitig fiel der Kapitalertrag von 33,9 Mio. $ auf nur noch 9,9 Mio. $. Das Gesamtergebnis verschlechterte sich von +3 Mio. $ auf -34,3 Mio. $.

Ein bedeutender Schadentreiber für fast alle Clubs war auch im vergangenen Jahr die Corona-Pandemie. Auf 10 % und mehr belief sich der Anteil der »Covid-Claims« an den Gesamtschadenkosten. Der Vorstand des West of England erklärte, ohne den Einfluss der Pandemie hätte die kombinierte Schadenkostenquote bei 101 % statt 114,4 % gelegen.

Vier Mitglieder der International Group müssen ihre Finanzkennzahlen noch vorlegen: Britannia, Japan, London P&I und der American Club. ?

Abstract: A year to forget for P&I

Financial losses are piling up in the current reporting season for P&I mutual insurers. Only Gard and the Shipowners’ Mutual have so far presented reduced but positive results. Seven other clubs recorded losses between 16.6 mill. and 50.0 mill. $.