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25 Jahre nach der »Pallas«-Havarie mahnt die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordsee (SDN) vor den stärker werdenden Unsicherheiten für den Schiffsverkehr.

»Der letzte Unfall des Frachtschiffes ›Pallas‹ wurde zu einem Symbol für einen besseren und koordinierteren Schutz der Küste bei Schiffskatastrophen und führte zu einer Zäsur für das Unfallmanagement an unseren Küsten«, erklärt Gerd-Christian Wagner, Vorsitzender der SDN anlässlich des 25-jährigen Gedenktages an die bis dahin größte Ölverschmutzung im Nationalpark Wattenmeer.[ds_preview]

»Noch heute erinnert das gut sichtbare Wrack als stilles Mahnmal an die Katastrophe
vom Herbst 1998 mit einem toten und fünf verletzten Seemännern sowie zehntausenden getöteten Seetieren.« Nur, beklagt der SDN-Vorsitzende weiter, wäre die Bedrohung durch katastrophale Schiffsunfälle, trotz aller Erkenntnisse und organisatorischen Verbesserungen, bei weitem nicht geringer geworden

Havariekommando
Südwestlich der Insel Amrum liegen die Überreste der »Pallas«. Bei Niedrigwasser sind sie immer noch gut zu erkennen (hier aus einem Ölüberwachungsflugzeug des Havariekommandos heraus fotografiert). Die Havarie der »Pallas« im Oktober 1998 führte zur Gründung des Havariekommandos (© Havariekommando)

Laut SDN steigt die Havarie-Gefahr

Vielmehr hätten sich seit der »Pallas«-Havarie die Risiken für einen Ernstfall deutlich zum schlechteren hin geändert. Jetzt wachse die Havarie-Wahrscheinlichkeit massiv durch immer mehr und größer werdende Schiffe, LNG-Terminals und ganz besonders die kontinuierlich steigende Zahl von Offshore-Windparks, sowie andere industrielle Anlagen, durch die Schifffahrtswege in der deutschen AWZ und bei allen anderenNordseeanrainern extrem eingeengt würden. »Die Nordsee wird in unseren Tagen dermaßen industrialisiert, wie man sich das vor 25 Jahren noch gar nicht vorstellen konnte.« Und damit erhöhe sich gleichermaßen auch die Gefahr von Schiffsunfällen auf See mit unübersehbaren Auswirkungen.

»Egal was Havariegutachten an Wahrscheinlichkeiten vorgeben, die nächste Havarie kann immer schon morgen sein«, sagt SDN-Stellvertreter Ulrich Birstein tragischerweise an dem Tag der Kollision zwischen der »Verity« und »Polesie«.

»Und gerade bei den Mega-Schiffen könnte eines von ihnen schon für eine nicht zu bewältigende Katastrophe reichen. Dabei sei zu bedenken: Havarien ließen sich nicht vollends verhindern. Wichtig ist es von daher, dass man ein klar strukturiertes und präventiv wirkendes Havariesystem hat, welches möglichst frühzeitig Risiken erkennt und unmittelbar qualifizierte technische wie personale Hilfen einsetzen kann«, so Birstein.

Die Forderungen des SDN

Um die Wahrscheinlichkeiten von Havarien und deren Folgen wenigstens zu verringern, erwartet die SDN von den verantwortlichen Entscheidern:

  • Prävention zur Unfallvermeidung und -bekämpfung statt erzwungene
    Reaktion im Falle eines Unfalls.
  • Umweltschonendes Überdenken der Ausbauziele; insbesondere im
    Zusammenhang mit Offshore-Wind und fossilen Energieträgern.
  • Best mögliche Technik und personale Qualifikation für Unfallvermeidung
    und -bekämpfung.
  • Mehr ortsnahe Produktion und damit geringeren Transportbedarf.
  • Verringern des Fahrplandrucks durch zu eng getaktete Hafenzeiten für
    die Schiffe und ihre Kapitäne.
  • Möglichst ortsnahe und dauerhafte Stationierung von mehreren
    Notschleppern und Schadstoff-Unfall-Bekämpfungsschiffen passender
    Größe/Leistungsfähigkeit an mögliche Einsatzorte.
  • Kostenübernahme für ortsnahe Notschlepper und
    Schadstoff-Unfall-Bekämpfungsschiffe; auch durch Windpark-Betreiber.
  • Dem Stand der Technik entsprechende Fähigkeiten zur Branderkennung und
    -bekämpfung an Bord.
  • Frühzeitige Einbeziehung der Küstenlandkreise als regional zuständige
    Katastrophenschutz-Behörden.