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Sollte es in der Straße von Hormuz zu weiteren Vorfällen wie der Festsetzung der »Stena Impero« kommen, erhalten Seeleute künftig höhere Entschädigungen – zumindest für eine gewisse Zeit.

Die Verhandlungsgruppe »International Bargaining Forum« (IBF) hat jetzt einen Kompromiss ausgehandelt.[ds_preview] Die Übergriffe vor allem iranischer Revolutionsgarden im Golf von Oman hatten in den vergangenen Wochen für große Unruhe in der Schifffahrt gesorgt und die Belange der vielen in der Regel unschuldigen Seeleute auf die Agenda der Verhandlungsführer gesetzt.

Stena Bulk, Iran, Stena Impero
© Stena Bulk

Heute morgen haben sich die internationale Transportarbeitergewerkschaft ITF und die Joint Negotiation Group (JNG) der Arbeitgeber auf eine vorübergehende Risikozone in der Region geeinigt. Die Einigung sieht vor, dass Seeleute im Falle von Angriffen Anspruch auf einen Bonus haben beziehungsweise dass es doppelte Entschädigungen für Todesfälle und Invalidität gibt, wie die ITF mitteilte. Der Kompromiss gilt allerdings nur für den Fall eines Angriffs, es wurden keine weiteren Prämien für die generelle Durchfahrt in dem Gebiet vereinbart. Rund 200.000 Seefahrer werden aktuell unter dem IBF-Dach repräsentiert.

Die Einigung ist das Ergebnis einer Diskussion innerhalb des Warlike Operations Areas Committee des IBF, das in den vergangenen Wochen die Situation beobachtet hat. Ausgangspunkt war das Festsetzen der »Stena Impero« durch den Iran, als Revanche für das Festsetzen der »Grace 1« in Gibraltar – offiziell jedoch wird auf einen Bruch internationaler Schifffahrtsregeln verwiesen. In Großbritannien hatte es für britisch-geflaggte Schiffe eine ähnliche Vereinbarung bereits vor einigen Tagen gegeben.

Die Einrichtung der »Extended Risk Zone« gilt für zunächst 30 Tage, danach wollen sich die Parteien erneut an einen Tisch setzen.

Hormuz Iran Golf IBF Agrees Temporary Extended Risk Zone 01 1

Reedereivertreter und JNG-Chef Koichi Akamine verteidigte die verstrichene Zeit: »Diese Diskussionen werden nie einfach werden. Nach den ersten Angriffen im Golf von Oman im Mai und Juni könnte man die Notwendigkeit verspüren, schnell zu handeln, um ein Risikogebiet zu bestimmen. In solchen Fällen ist es jedoch wichtig, zurückzutreten und die tatsächliche Bedrohung für die Schifffahrt und die am besten geeigneten Maßnahmen zu bewerten. Die JNG ist zuversichtlich, dass sie nun ein Ergebnis erzielt hat, das den Bedenken von Seeleuten, die die Meerenge durchqueren, angemessen Rechnung trägt.«

Der Vorsitzende der ITF-Seefahrergruppe, David Heindel, kommentierte: »Dies sind schwierige Zeiten für die Industrie und insbesondere für Seeleute, die einfach versuchen, ihren Familien ein Einkommen zu sichern. Dies ist zwar ein heikles politisches Thema und betrifft heute nur Tanker und potenziell britische Schiffe, aber es war unser Wunsch, dass die IBF die Führung übernimmt und sich schnell bewegt, um den Anliegen der Seeleute, die diese Region durchqueren, Rechnung zu tragen.«

Er zeigte sich erfreut, dass die Verhandlungspartner positiv auf die ITF-Aufforderung reagiert haben, die potenziellen Risiken zu berücksichtigen. Alle Beteiligten forderten die Verantwortlichen auf, für die Freilassung der festgesetzten Crews zu sorgen.

Die Risikozone

Die neue erweiterte Risikozone wird durch die folgenden Koordinaten definiert, schließt aber drei Seemeilen vor den Hauptküsten der Vereinigten Arabischen Emirate, Oman und Iran aus:

  • Im Westen: Von Ra’s-e Dastakan (26°33’N – 55°17’E) im Iran, südlich zum Leuchtturm Jaztal Hamra (25°44’N – 55°48’E), in den Vereinigten Arabischen Emiraten (die gemeinsame Grenze zum Persischen Golf)
  • Auf der Ostseite: Von Ra’s Līmah (25°57’N – 56°28’E) im Oman, östlich zu Ra’s al Kūh (25°48’N – 57°18’E), im Iran (die gemeinsame Grenze mit dem Arabischen Meer

Marine-Mission?

Unterdessen gibt es noch immer keine offizielle Einigkeit bezüglich der Einrichtung einer internationalen Marine-Mission. In Europa – vor allem Deutschland – gibt es große Bedenken gegen eine US-geführte Militärallianz, Berlin hat Washington eine Absage erteilt. Vielmehr wird eine europäische Schutz- oder zumindest Beobachtermission favorisiert. Diese würde allerdings große Kräfte binden, wie eine aktuelle Untersuchung belegt – bis zu 30% der europäischen Marine-Kapazitäten.

Auch in Asien ist die Situation ein wichtiges Thema. Die südkoreanische Regierung sah sich jetzt dazu veranlasst, die Aktivitäten einiger Marine-Einheiten zu erklären. So wurde nach verschiedenen Spekulationen bestätigt, dass der Zerstörer »Kang Gam Chan« zwar auslaufen werde, allerdings für Anti-Piraterie-Aktivitäten vor Ostafrika vorgesehen sei und nicht Kurs auf die Straße von Hormuz nimmt.

Seoul betonte, dass man noch keine offizielle Anfrage der USA bezüglich einer Militärmission erhalten habe. Man beobachte die Situation aber, heißt es laut der Nachrichtenagentur Yonhap aus der Regierung, zumal man auf Ölimporte zwingend angewiesen ist. Die Straße von Hormuz gilt als Route für mehr als ein Sechstel der weltweiten Ölproduktion und 70% der südkoreanischen Importe.