VSM Reinhard Lüken
VSM-Hauptgeschäftsführer Reinhard Lüken (Foto: VSM)
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Mit Sorge blickt der Chef des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik nach Fernost. Unternehmen könnten zwischen die Fronten des »Systemwettbewerbs« geraten.

98% der zivilen Seeschiffe in Deutschland werden dem VSM zufolge für ausländische Reeder gebaut. Maritime Maschinen und Anlagen »Made in Germany« würden zu 75% exportiert und auch in der Meerestechnik sei internationale Kooperation Tagesgeschäft. »Für eine derart vom globalen Handel geprägte Branche stellen die gegenwärtigen handelspolitischen Unwetterfronten ein kaum kalkulierbares Risiko dar. Beim Stichwort Handelskrieg denken viele zuerst an den amerikanischen Präsidenten, der den deutschen Handelsbilanzüberschuss auf dem Kieker hat und gerne über Zölle für ausländische Autos fabuliert«, so VSM-Chef Reinhard Lüken. Die maritime Wirtschaft würde zwar schrumpfende Handelsvolumen spüren, direkte Folgen wären aber kaum zu befürchten, »denn der amerikanische Schiffbaumarkt ist ohnehin von Importen per Gesetz seit einem Jahrhundert abgeschottet – mehr Wettbewerbsverzerrung kann auch Präsident Trump nicht erfinden«, meint er in einer aktuellen Aussendung.

Eine ganz andere Form von »Unwetter« braue sich dagegen in China zusammen. »Vor allem die Entwicklungen in Hongkong führen aktuell sehr deutlich vor Augen, dass Unternehmen urplötzlich zwischen die Fronten des Systemwettbewerbs geraten können. China lässt keinen Zweifel daran, dass für das Land in Sachen Marktwirtschaft und Wettbewerb, genauso wie für Demokratie und Meinungsfreiheit, andere Maßstäbe gelten als in der westlichen Welt. Unternehmen sollen Menschen und Märkte bedienen«, so Lüken. Gesellschaftspolitische Systemkritik gehöre »normalerweise nicht zu ihren Aufgaben«. »Auch wenn es nicht jedem passt, aber es ist Aufgabe der Unternehmen sich auf die jeweiligen Anforderungen einzustellen und sich ihnen anzupassen.«

Vorgänge kann man nicht ignorieren

Das heiße aber nicht, dass man die »irritierenden Vorgänge« ignorieren könne. Sie müssen in die Risikobewertung einfließen. Was bedeuten Rechtsunsicherheit und ein zunehmendes Maß an staatlicher Willkür für den mittel- und langfristigen Unternehmenserfolg, aber auch für die unmittelbare Sicherheit der Mitarbeiter? Welche Abhängigkeiten entstehen und welche Exit-Konsequenzen sind zu berücksichtigen?

»Die Berichte über Mitarbeiter der Hongkonger Airline Cathay Pacific erreichen inzwischen eine neue Qualität. Das Ausmaß des Angriffs auf die Meinungsfreiheit erinnert an die dunkelsten Kapitel der jüngeren deutschen Vergangenheit«, schreibt Lüken.

Das Geschäft in und mit China werde nicht mehr nur durch Wettbewerbsverzerrungen, Rechtsunsicherheit und große Defizite beim Schutz geistigen Eigentums erschwert. Inzwischen nähmen die Risiken für die Mitarbeiter vor Ort, Opfer von Bespitzelung, Denunziantentum und Willkür zu werden, erheblich zu. »Diese Gemengelage wird dazu führen, dass Unternehmen über Alternativen zum chinesischen Markt nachdenken. Dazu brauchte es kein Regierungsdiktat, auch nicht vom amerikanischen Präsidenten«, so der VSM-Chef.