Der Druck der USA hat es für nicht-iranische Tanker nahezu unmöglich gemacht, iranisches Rohöl zu transportieren, ohne Sanktionen zu riskieren. Der Iran muss sich zunehmend auf seine heimische Flotte von eigenen Tankern verlassen – und auch das wird schwieriger.
Der Fall des iranischen Tankers »Adrian Darya 1« (ehemals »Grace 1«[ds_preview]) zeigt, wie schwer es für den Sanktionsgeplagten Iran ist, noch Öl zu exportieren. Der Tanker, der zunächst wegen des Verdachts einer Öllieferung nach Syrien (Verstoß gegen EU-Sanktionen) auf Gibraltar festgehalten wurde, durfte nach schriftlicher Versicherung der Iraner an die Briten, dass die 2 Mio. Barrel Öl nicht in Syrien landen würden, weiterfahren. Zuvor sollen die USA sogar dem Kapitän Millionen von Dollar geboten haben, um das Schiff in einen von ihnen bestimmten Hafen zu steuern, um es beschlagnahmen zu können.
Derzeit fährt das Schiff mit ausgeschaltetem AIS an der syrischen Küste entlang. Experten vermuten, dass nun irgendwie versucht wird, die Ladung in einem sysrischen Hafen zu Löschen oder das Öl per Schiff-zu-Schiff-Transfer an einen anderen Tanker zu übergeben. Die Analysten des Brokers Poten gehen aber nicht davon aus, dass das unbemerkt geschehen kann. Die »Adrian Darya 1« sei zu dem am genauesten verfolgten Schiff der Welt geworden.
USA wollen iranische Exporte auf Null drosseln
»Der unerbittliche Druck der US-Behörden, die die Reichweite ihrer Sanktionen kontinuierlich ausweiten, hat es für nicht-iranische Tanker nahezu unmöglich gemacht, iranisches Rohöl zu transportieren, ohne Sanktionen zu riskieren. Der Iran muss sich zunehmend auf seine heimische Flotte von eigenen Tankern verlassen, um sein Rohöl zu liefern«, so Poten. Um die Auswirkungen auf die Ölförderung zu begrenzen, habe der Iran auch den Einsatz schwimmender Lagerr verstärkt. »Die iranischen Behörden unternehmen große Anstrengungen, um die Bewegungen ihrer Schiffe zu verbergen, und sie suchen weiterhin nach neuen kreativen Wegen, um die Sanktionen zu umgehen und ihr Rohöl zu exportieren«, so der Broker.
Im vorangegangenen Sanktionszeitraum, der im Januar 2016 endete, konnte der Iran die Rohölexporte über 1 Mio. Barrel pro Tag (mb/d) halten. Als die USA im Mai 2018 beschlossen, sich aus dem JCPOA (Iran Nuclear Deal) zurückzuziehen und wieder Sanktionen zu verhängen, sanken die Exporte des Iran innerhalb eines halben Jahres um 66%, von 2,5 mb/d im Mai auf 850.000 b/d im November. Nachdem die USA angekündigt hatten, dass es für einige Länder (unter anderem China, Indien, Südkorea und die Türkei) teilweise Ausnahmen geben solle, erholten sich die Exporte bis März 2019 auf 1,5 mb/d. Diese Ausnahmeregelungen endeten im April und die Trump-Administration strebt seitdem eine hundertprozentige Einhaltung der Vorschriften an, um die iranischen Exporte auf Null zu reduzieren.
Iran-Sanktionen stabilisieren Ölpreis
Poten zufolge haben die Rohölexporte aus dem Iran im Zeitraum Mai-August 2019 durchschnittlich weniger als 300.000 b/d betragen haben. Frühere Kunden wie Indien und Korea haben den Import ganz eingestellt. Von den Stammkunden kaufen nur China und die Türkei weiter, aber auch sie haben ihr Volumen deutlich reduziert. »Es ist zu beachten, dass die tatsächlichen Exporte aus dem Iran wahrscheinlich etwas höher sind, als die Daten vermuten lassen, da der Iran bemüht ist, Lieferungen zu verstecken und die Verfolgung seiner Schiffe zu vermeiden«, so Poten.
»Ironischerweise« habe dies der OPEC geholfen. »Ohne diese Einschränkungen für den Iran wären die globalen Ölmärkte, die aufgrund der raschen Zunahme der US-Schieferölproduktion und -Exporte bereits mit Rohöl überflutet sind, noch stärker überversorgt, und die OPEC müsste ihre Produktion weiter kürzen, um einen Verfall der Ölpreise zu vermeiden«, heißt es.
Abkommen gut für Tonnage-Nachfrage
Während die USA weiterhin maximalen Druck auf die Regierung in Teheran ausüben, haben US-Präsident Trump und sein iranischer Amtskollege Rouhani eine gewisse Gesprächsbereitschaft signalisiert. »Ein Abkommen würde den iranischen Exporten helfen, und obwohl es für die Ölmärkte schlecht ist, könnte dies für die Tankernachfrage von Vorteil sein. Wenn sich die beiden Seiten nicht darauf einigen können, auf ein Abkommen hinzuarbeiten, kann China in die Lücke treten«, so die Analysten.
China ist bereits der größte Kunde des Iran, 2016 hatten die beiden Länder eine langfristige strategische Partnerschaft vereinbart. Diese 25-jährige Vereinbarung (Teil von Chinas One Belt, One Road Initiative) wird China einen bevorzugten Zugang zum iranischen Energiesektor verschaffen und dafür chinesische Investitionen in Höhe von 280 Mrd. $ in den Öl-, Gas- und Petrochemiebereich des Iran ermöglichen.
»Ein Abkommen zwischen dem Iran und China könnte den Ölhandel zwischen ihnen verstärken, aber es würde auch die Spannungen mit den USA verschärfen, was die Weltwirtschaft weiter unter Druck setzen könnte«, meint Poten.