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Die Corona-Krise trifft natürlich auch die deutschen Häfen. Doch die Behörden reagieren mit Hilfsmaßnahmen. Unabhängig von der Pandemie gibt es ohnehin viel Bewegung an der Küste – mit Ausbau-Projekten, Ansiedlungen und neuen Märkten

Wie die Konkurrenz in Europa und weltweit werden auch die deutschen Seehäfen nicht unbeschadet aus der Corona-Krise herauskommen, so[ds_preview] viel dürfte für Jeden klar sein. In welchem Umfang aber Umschlag und Service durch die zum Teil drastischen Einschränkungen in der Wirtschaft und damit der Logistikkette wegbrechen, ist im Detail nicht vorhersehbar.

Nach Angaben des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) beklagten die Hafenunternehmen recht früh erhebliche Volumeneinbußen im zweistelligen Prozentbereich. Als Folge der Coronavirus-Krise sind zahlreiche Schiffsanläufe ausgefallen. Mit den verbleibenden Einheiten kommt zudem weniger Ladung. Gleichzeitig wird weniger abtransportiert, zum Teil stauen sich Container und Güter auf den Terminals.

Die Hafenwirtschaft begrüßt gleichzeitig die bereits beschlossenen Maßnahmen des Bundes zum Zugang zur Kurzarbeit, zu Krediten und Bürgschaften und zu konjunkturfördernden Investitionen. Zusätzlich sollten auch Stundungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen gerade für kleinere Unternehmen in Betracht gezogen werden, lautet eine weitere Forderung der Hafenbetriebe. Auch in den Bundesländern gibt es zum Teil umfangreiche Hilfsmaßnahmen. So werden etwa in Bremen und Hamburg Mieten, Pachten und Hafengebühren gestundet.

Ungeachtet der kurzfristigen Krisen-Intervention konnten die deutschen Häfen in den vergangenen Tagen und Wochen auf kleinere und größere Erfolge verweisen, die trotz Corona-Pandemie nach aktuellem Stand nicht zur Disposition stehen. Die HANSA wirft einige Schlaglichter von West nach Ost:

• Wilhelmshaven: Wegen der guten Auslastung vergrößert Rhenus Midgard im Güterverkehrszentrum JadeWeserPort (GVZ) das bestehende Containerlager deutlich. Das GVZ befindet sich direkt neben dem Containerterminal Wilhelmshaven. Aufgrund der sehr guten Auslastung wird die Lagerfläche nun um ein Drittel auf dann circa 4.000m² erweitert. Zudem bekommt der Hafen mit dem Online-Riesen Amazon einen prominenten Nachbarn. Der US-Konzern errichtet ein neues Verteilzentrum im Jade-Weser-Park. Für den JadeWeserPort ist es die zweite positive Nachricht in relativ kurzer Zeit. Erst kürzlich hatte der Konzern China Logistics angekündigt, 100Mio. € in Wilhelmshaven zu investieren.

• Brake: Für 2020 sind von der Hafengesellschaft Niedersachsen Ports rund 11,5Mio. € für Investitionen und Instandhaltungsmaßnahmen im Hafen Brake geplant. Damit bekommt der Standort mehr Geld als andere NPorts-Häfen. Zwei Maßnahmen bilden das Schwergewicht der Planungen in diesem Jahr. Nachdem vor rund zwei Jahren der zweite Großschiffliegeplatz an der Südpier geschaffen worden ist, wird nun der erste Großschiffliegeplatz instand gesetzt. Er wird für Verladungsprozesse optimiert. Den zweiten Schwerpunkt bildet der Leinensteg im Bereich des Schwefelumschlagplatzes. Er wurde durch die Havarie der »Mount Hope« im November 2017 vollständig zerstört. 80m der Anlegestelle werden wieder aufgebaut.

• Cuxhaven: In Cuxhaven sollen drei neue Liegeplätze entstehen. Die Genehmigung für den Ausbau des Hafens an der Elbmündung wurde kürzlich vorgelegt. Durch einen Lückenschluss zwischen dem Europakai und der Offshore-Basis soll der Hafen Cuxhaven künftig mehr als 3,5km Kailänge an der Elbe bieten. Gebaut werden dafür die neuen Liegeplätze 5 bis 7. Mit dem Ausbau sollen die Umschlagkapazitäten im Hafen insgesamt und vor allem der Wachstumsbereich »high and heavy« verstärkt werden. Zu den Liegeplätzen kommen rund 28ha an zusätzlicher Terminalfläche.

• Hamburg: Die Hafenwirtschaft spricht sich seit geraumer Zeit für die Autobahn A26 als Verbindunggstück zwischen der A1 und A7 aus, Stichwort »Hafenquerspange« oder »Hafenpassage«. Jetzt endete die Einwendungsfrist im Planfeststellungsverfahren für den Neubau des Abschnitts 6b von der Anschlussstelle (AS) HH-Moorburg bis zur AS HH-Hohe Schaar. Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH), unterstützt den Bau. Dieses Bauprojekt sei längst überfällig. Seit vielen Jahren quäle sich der Verkehr fast täglich durch das südliche Stadtgebiet und den Hafen.

• Rostock: Der März 2020 war der bisher umschlagstärkste Monat auf dem Rostocker KV-Terminal – trotz Corona­virus. 8.806 Ladungseinheiten wurden umgeschlagen. Das Geschäft erfolgt über RTM, ein Gemeinschaftsunternehmen der Euroports Germany, Kombiverkehr und Rostock Port. Es habe seit Jahren einen »nahezu steten Aufwärtstrend« gegeben, heißt es seitens des Hafens. Diese Entwicklung setze sich in Rostock auch im aktuellen Jahr, selbst nach Einsetzen der Corona-Krise fort. Mit Corona-bedingten Rückgängen wird etwas zeitverzögert ab April gerechnet. Zudem ist Rostock jetzt Teil von Chinas milliardenschwerer Infrastruktur-Initiative »One Belt One Road«. Den Anfang machten kürzlich 49 Container, die mit Industrie- und Medizingütern aus Xi’an in der zentralchinesischen Provinz Shaanxi über den Schienen- und Seeweg der Neuen Seidenstraße den Überseehafen erreichten. Das von der DB Cargo organisierte Bahnprodukt nutzte dabei den Weg von China über Kasachstan, Russland, Weißrussland und Litauen bis in den russischen Hafen Kaliningrad. Dort übernahm das Containerschiff »Dornbusch« der Reederei Mann Lines die Ladung. Bei Euroports Germany auf Pier II in Rostock wurden die Boxen größtenteils direkt auf einen Ganzzug mit Ziel Duisburg verladen. Weitere Container werden über das KV-Terminal von Rostock Trimodal nach Verona in Italien sowie mit der Fähre über Trelleborg nach Schweden verteilt. Der »entscheidende Unterschied zu den herkömmlichen ausschließlich landbasierten Transportrouten« auf der Seidenstraße liege in der Nutzung eines Short-Sea-Container-Liniendienstes zwischen Kaliningrad und Rostock, heißt es aus dem Hafen. Im Vergleich zu den Bahnverkehren über die polnisch-weißrussische Infrastruktur mit Engpässen durch Streckenbauarbeiten und Grenzkontrollen biete die »Short-Sea-Alternative« eine kürzere Transitzeit sowie eine hohe Verlässlichkeit.«

• Sassnitz-Mukran: Die Unternehmen Mukran Port Terminals und Bahn Operator als Baltic Sea Bridge bieten jetzt gemeinsam eine feste Seeroute als Teil der Neuen Seidenstraße zwischen Asien und Europa an. Das Containerschiff »SVS Vega« wird im regelmäßigen Liniendienst zwischen Sassnitz und Baltijsk eingesetzt. Die erste Ladung war ein Zug in Richtung China. Geplant ist auch eine Anbindung der Häfen Malmö (CMP) und Karlshamm in Schweden.


Michael Meyer