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Der Schutzverein Deutscher Rheder, der Rechtsschutzversicherer der deutschen Trampreeder, baut sein Kapitalpolster per Ende 2021 leicht aus, muss die Beiträge jetzt aber anheben. Die Mitgliedschaft wird auf Third-Party-Manager ausgeweitet.[ds_preview]

Trotz vermehrten Spannungen und Streitigkeiten im internationalen Geschäft konnte der Schutzverein Deutscher Rheder die Kosten im Zaum halten und auch 2021 einen Überschuss erzielen. Das Ergebnis fiel mit 37.800 € zwar deutlich geringer als in den Vorjahren (2020: 140.000 €) aus, liege aber über den Erwartungen, so Geschäftsführer Michael Wester. »Wir hatten uns auf einen moderaten Verlust eingestellt, insofern ist das eine tolle Überraschung.« Die Rücklagen des Vereins wachsen den Angaben zufolge damit weiter auf 6,15 Mio. € an.

Steigende Beiträge erstmals seit 17 Jahren

In den diversen Krisen dieses Jahrtausends erwies sich der Schutzverein stets als ein Anker der Stabilität – die Beiträge konnten 17 Jahre lang konstant gehalten werden. Damit ist angesichts der Inflation nun aber Schluss. Die Mitgliederversammlung in Hamburg billigte gestern eine Anhebung der Prämien um 15% für 2023, damit die zu erwartenden Ausgabensteigerungen aufgefangen werden können. Das Niveau – bislang zwischen 440 und 1.800 € pro Schiff – liege trotz Anpassung noch weit unter den Prämien der P&I Clubs für vergleichbare Rechtsschutzdeckungen, unterstrich Schutzvereins-Vorsitzender Kurt Klemme, Geschäftsführer der Reederei Nord. »Die Beiträge sind und bleiben sehr konkurrenzfähig.«

Zudem beschloss die Mitgliederversammlung im Empire Riverside Hotel in Hamburg eine Satzungserneuerung. Wichtigste Änderung: Künftig sollen nicht mehr nur Schiffseigner, sondern auch Schiffsmanager ohne Eigenbesitz an den Schiffen (Third Party) in den 1901 gegründeten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit aufgenommen werden. Die Deckung wird dementsprechend auf Streitigkeiten aus Managementverträgen erweitert. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, müsse jedoch sichergestellt werden, dass nicht Manager und Eigner der gleichen Schiffe versichert werden, erläuterte Geschäftsführer Wester.
Zudem gab es einen Wechsel im Vorstand. Reedereichef Jochen Döhle schied nach 20 Jahren auf eigenen Wunsch aus dem Führungsgremium aus, als Nachfolger wurde sein Sohn Jan Döhle gewählt.

Im vergangenen Jahr konnte der Schutzverein für seine Mitglieder Ansprüche in Höhe von zusammen 17,8 Mio. € durchsetzen beziehungsweise abwehren – ein deutliches Plus gegenüber dem Vorjahr mit nur 9,9 Mio. €. Geschäftsführer Wester zufolge ist dies allerdings innerhalb der normalen Schwankungsbreite und noch kein Effekt der stark gestiegenen Charterraten und Schiffswerte, die auch höhere Streitwerte nach sich ziehen. »Die gestiegenen Streitwerte aufgrund der Marktentwicklung wirken sich erst in den Folgejahren aus, wenn es zu Abschlüssen kommt.« So würden nicht selten einige Jahre ins Land ziehen, bis Streitigkeiten in der Schifffahrt durch Einigungen beziehungsweise Schieds- oder Gerichtsurteile beigelegt werden.

Weniger Schiffe

Unterdessen setzt sich der seit Jahren währende Rückgang der versicherten Flotte beim Schutzverein auch in diesem Jahr weiter fort. Per Ende Oktober beläuft sich der Bestand auf 823 Schiffe mit zusammen rund 15 Mio. BRZ – vor einem Jahr waren es noch 882 Einheiten (ca. 16 Mio. BRZ). »Das Tempo der Reduzierung verringert sich zumindest«, stellte Wester fest. Waren es in den Vorjahren häufig Notverkäufe, die am Bestand nagten, seien es zuletzt eher gute Gelegenheiten gewesen. »Viele haben die starken Märkte noch mal genutzt, um Schiffe zu verkaufen und um Geld in die Kasse zu spülen. Damit haben die Firmen wieder Möglichkeiten, um in Ankäufe zu investieren. Das gibt uns Hoffnung.«

Mehr Streitigkeiten

Trotz der kleineren Anzahl von Schiffen ist die Anzahl der Streitigkeiten aufgrund des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen gegen Russland im bisherigen Jahresverlauf stark gestiegen, auf 246 von 175 im Vorjahr. Die russische Invasion und die Reaktionen darauf hätten die Durchführung vieler Transporte erschwert. Welche Häfen dürfen noch angefahren, welche Ladungen verschifft werden? In welchen Fällen können entsprechende Anordnungen von Befrachtern unter einer Zeitcharter verweigert werden? Ein anderes »Riesenthema« seien die geplanten strengeren Emissions-Grenzwerte für die Schifffahrt (EEXI/CII und ETS) und die daraus resultierenden Pflichten für Reeder und Charterer. Der CII (Carbon Intensity Indicator) dürfte in vielen Fällen operative Einschränkungen nach sich ziehen, vor allem bei der Fahrtgeschwindigkeit der Schiffe. »Das sind Dinge, die die Grundfesten einer Zeitcharter berühren«, so Wester.       (mph)