Nach ein paar Tagen Streikpause steht der Betrieb in den Häfen an der Westküste Kanadas wieder still. Ein zuvor ausgehandelter Deal wurde von Gewerkschaftsseite abgelehnt, der Hafenstreik wieder aufgenommen.
Seit Anfang Juli hatten 7.400 kanadische Hafenarbeiter in British Columbia gestreikt und damit wichtige Containerhäfen wie Vancouver und Prince Rupert lahmgelegt, Schiffe mussten warten oder teils in die USA umgeleitet werden. Doch dann schien eine Einigung greifbar. [ds_preview]
Am 13. Juli hatten die Arbeitgeberorganisation BCMEA und die Gewerkschaft ILWU nach 13 Tagen Streik einen Deal ausgehandelt, und den Streik vorerst beendet. Doch nun scheiterte die Ratifizierung der Vereinbarung, die Gewerkschaft lehnt das durch einen Vermittler vorgeschlagene Angebot ab.
Während die BCMEA den Deal gleich am 13. Juli ratifiziert hatte, und die ILWU-Führung ihren Mitgliedern zunächst das gleiche empfohlen hatte, wird seit gestern Nachmittag wieder gestreikt.
Das von einem Bundesvermittler vorgeschlagene Vier-Jahres-Tarifvertragspaket enthielt Erhöhungen der Löhne und Sozialleistungen, die über die rund zehnprozentige Erhöhung der letzten drei Jahre hinausgingen und im Allgemeinen über den jüngsten Gewerkschaftsabschlüssen im privaten und öffentlichen Sektor in British Columbia und Kanada lagen.
Die vorläufige Einigung enthielt auch Bestimmungen, die auf die Bedenken der Gewerkschaft hinsichtlich der Fremdvergabe von Arbeiten und Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung, Einstellung und Bindung von ILWU-Arbeitern jetzt und in Zukunft eingingen. So erklärte sich der BCMEA beispielsweise bereit, allen Gelegenheitsarbeitern Sozialleistungen zu gewähren, eine Werkzeugzulage zu zahlen und sich zu verpflichten, die Zahl der Auszubildenden in der Branche um 15 % zu erhöhen.
Gewerkschaft ILWU hält Deal für »ungeeignet«, Hafenstreik geht weiter
»Der ILWU Canada Longshore Caucus ist nicht der Ansicht, dass die Empfehlungen geeignet sind, unsere Arbeitsplätze jetzt oder in Zukunft zu schützen«, heißt es nun von der Gewerkschaft. Die Position der ILWU sei »seit dem ersten Tag« der Schutz ihres Zuständigkeitsbereichs. Diese Position habe sich nicht geändert.
Angesichts der Rekordgewinne, die die BCMEA-Mitgliedsunternehmen in den letzten Jahren erwirtschaftet hätten, seien die Arbeitgeber nicht auf die Lebenshaltungskosten eingegangen, mit denen die Arbeitnehmer in den letzten Jahren konfrontiert gewesen seien. Die Laufzeit des vorgeschlagenen Tarifvertrags sei angesichts der heutigen unsicheren Zeiten »viel zu lang«. »Wir müssen in der Lage sein, die Unsicherheit auf den weltweiten Finanzmärkten für unsere Mitglieder neu zu regeln«, so die Gewerkshaft.
»Am 18. Juli 2023, ab 16:30 Uhr, wird die ILWU Canada Longshore Division wieder für einen fairen und ausgehandelten Tarifvertrag streiken«, hießt es daraufhin.
Mit dem Fortgang des Hafenstreiks werden sich nun wohl wieder Containerschiffe vor den kanadischen Westküstenhäfen stauen. Während der Rückstau vor Prince Rupert in den vergangenen, streikfreien Tagen abgearbeitet worden war, lagen vor Vancouver zuletzt noch einige Schiffe.
Das Beratungsunternehmen Drewry hatte angesichts des Anstiegs der Lebenshaltungskosten in den Industrieländern Ende 2022 Streikwellen auch in Häfen vorausgesagt. Im Letzten Jahr hatten Streiks in großen deutschen und britischen Häfen zu erheblichen Störungen in den Fahrplänen der Linienreedereien geführt.